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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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ihr der Schweiß in Strömen über den Rücken lief. Da es ständig weiterschneite, waren ihre Haare tropfnaß, zudem war der Schnee in schönster Gleichmütigkeit dabei, ihre mühevolle Arbeit nach und nach wieder zunichte zu machen.
    »Siehst du jetzt ein«, fragte Ralph schwer atmend, »daß wir es unmöglich zu Fuß nach Leigh’s Dale schaffen könnten?«
    Barbara stützte sich keuchend auf ihre Schaufel. »Hab’ ich etwa noch irgend etwas in der Richtung gesagt?« Sie taumelte gegen die Schuppentür und stieß sie auf. Dankbar nahm sie zur Kenntnis, daß sie nicht verschlossen war. Keinesfalls hätte sie mehr über die Kraft verfügt, auf eine langwierige Suche nach dem Schlüssel zu gehen.
    »Komm«, sagte sie, »wir bringen jetzt das Holz rüber. Und dann rühre ich für den Rest des Tages keinen Finger mehr!«
    Im Innern des Schuppens erwartete sie jedoch eine böse Überraschung. Zwar gab es dort Holz — aber offensichtlich hatte sich noch niemand gefunden, der die halben Baumstämme, die dort lagerten, in kamingerechte Scheite gehackt hätte. Mit einem leisen Stöhnen betrachtete Ralph den bereitstehenden Hackklotz, in dem eine riesige Axt steckte. »Das habe ich noch nie gemacht. Ich weiß wirklich nicht, wie ...«
    »Du wirst das nicht tun«, sagte Barbara rasch, »du hast keine Ahnung, wie das geht, und wenn du dich dabei verletzt, können wir nicht einmal einen Arzt holen. Ich habe mal von einem Mann gehört, der hatte nachher die Axt im Bein stecken.«
    Gereizt sah er sie an. » Kannst du mir verraten, wie es dann gehen soll? Willst du das Holz hacken?«
    »Nein. Ich kann das genausowenig. Aber ich will auch nicht, daß du es tust. Das Haus war wochenlang geheizt. Besonders die Räume im Erdgeschoß sind zwar kühl, aber noch nicht eiskalt. Wenn wir uns warm anziehen und in Decken wickeln, werden wir keineswegs erfrieren.«
    »Barbara, das alles hier kann durchaus eine Woche dauern, und das wird dann schnell sehr ungemütlich. Abgesehen davon können wir ohne Feuer nicht mal Kaffee oder Tee kochen, und etwas anderes haben wir nicht zum Trinken. Wir können nicht mal die Eier verwerten oder die Kartoffeln. Mir bleibt gar nichts übrig, als es zu versuchen.«
    Er zog den kleinsten der Holzstämme heran, zerrte die Axt aus dem Hackklotz, legte den Stamm darüber. Barbara trat ein paar Schritte zurück. Sie konnte kaum hinsehen. Ralph war ein hervorragender Jurist, aber ein ausgesprochen unpraktischer Mensch; er brachte es kaum fertig, einen Nagel in die Wand zu schlagen. Ihn hier in diesem düsteren Schuppen stehen zu sehen, mit einem Beil in der Hand und einem krampfhaft entschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht, war ein so absurder Anblick, daß man nur die Augen schließen konnte.
    Er holte aus — zu zaghaft, dachte Barbara, zu schwach —, und sie hielt den Atem an. Es folgte ein lautes Krachen, und als sie wieder hinsah, war der Holzstamm durch den ganzen Schuppen gerutscht und lag unversehrt in einer Ecke, während das Beil wieder im Hackklotz steckte. Mit verbissener Miene versuchte Ralph gerade, es wieder herauszuziehen.
    »Schau, wir sollten vielleicht...«, begann Barbara, aber Ralph fuhr herum, und in seinen Augen blitzte ein Zorn, der sie verstummen ließ.
    »Wärst du so freundlich, mich allein zu lassen? Glaubst du, ich brauche einen Zuschauer bei dieser erbärmlichen Vorstellung, die ich hier gebe? Ich muß sehr lächerlich auf dich wirken, nicht wahr? Du hättest dir vielleicht besser einen Mann ausgesucht zum Heiraten, nicht einen Schreibtischtrottel! «
    »Weißt du, das einzige, was ich im Augenblick an dir lächerlich finde, sind die Reden, die du schwingst! Glaubst du im Ernst, ein Mann wird für mich dadurch männlich, daß er sich hinstellen und ein blödes Stück Holz kleinhacken kann?«
    Sein Gesicht, vorhin noch von der Kälte draußen gerötet, war jetzt leichenblaß. »Bei Gelegenheit«, sagte er mit leiser, scharfer Stimme, »könntest du mir vielleicht verraten, was du bei einem Mann männlich findest. Unter Umständen hätte ich dann die Chance, daß du irgendwann ...« Er brach ab.
    »Was?« fragte Barbara.
    »Daß du irgendwann wieder den Weg in mein Bett findest. Und jetzt verschwinde, laß mich allein!«
    Sie hatte einmal gelesen, daß Männer in jeder Lebenslage an Sex dächten, aber sie konnte es nicht fassen. »Findest du wirklich, daß dies der richtige Zeitpunkt ist, um ...«
    »Es ist der richtige Zeitpunkt für dich, mich in Ruhe zu lassen und dir irgendeine

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