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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zu sehen, der wir folgen können, und wir kennen uns in der Gegend überhaupt nicht aus.«
    »Dann wird das ja ein üppiges Weihnachtsfest«, sagte Barbara niedergeschlagen, »paß auf, nach dem Frühstück machen wir eine Bestandsaufnahme, was wir alles haben, okay?«
    Die Bestandsaufnahme fiel deprimierend. aus. Sie besaßen noch vier Eier und sechs Scheiben Brot. Ein angebrochenes Viertelpfund Butter, ein knapp faustgroßes Stück Wensleydale-Käse. Dazu ein kleines Glas Orangenmarmelade, ein Paket gemahlenen Kaffee, eine Dose Kondensmilch, ein Päckchen mit Salz und eines mit Zucker. Am Abend zuvor hatte es Spaghetti gegeben, davon war noch die Hälfte übrig, ebenso ein Rest Soße. Beides konnten sie aufwärmen, aber sie würden davon kaum satt werden.
    » Hätten wir nur auf Cynthia Moore gehört! « sagte Barbara. » Sie hat uns ja gleich geraten, mehr Vorräte mitzunehmen.«
    »Jetzt sehen wir noch in der Speisekammer nach«, meinte Ralph. »Laura Selley hat vielleicht ein paar Konservendosen gelagert. Wir können sie ihr ja später ersetzen.«
    Laura Selley schien jedoch von Vorratswirtschaft nichts zu halten, und besonders Konserven, so vermutete Barbara, waren in ihren Augen sicherlich eine neumodische Erfindung, der sie mit Mißtrauen begegnete. In der Speisekammer, die gleich an die Küche anschloß, fand sich jedenfalls außer vier kleinen Kartoffeln und ein paar wurmstichigen Äpfeln nichts Eßbares. Das einzige, was es in rauhen Mengen gab, war Tee. In Gläsern, Dosen, Beuteln. Schwarzer Tee, Grüner Tee, Früchtetee, Gesundheitstee. Jede exotische Sorte, die man sich denken konnte. Eine ziemliche Summe Geld mußte in dieser unglaublichen Auswahl stecken. Wahrscheinlich war Tee der einzige Luxus, den sich Laura Selley erlaubte.
    »Verdursten müssen wir jedenfalls nicht«, sagte Ralph, »wir können Tee trinken bis zum Umfallen. Ansonsten sieht es allerdings düster aus.«
    »Sogar in ihrem Kühlschrank herrscht gähnende Leere!« rief Barbara aufgebracht. »Weißt du, ich glaube, sie gehört zu diesen geizigen alten Leuten, die in den letzten Tagen oder Wochen vor einer Reise nur noch uralte Reste essen, um nichts Neues kaufen zu müssen, wovon dann am Ende etwas zurückbleiben würde! Und wenn dann wirklich noch etwas da ist, packen sie es ein und essen es im Zug, weil sie sich dort nicht mal ein kleines Stück Kuchen im Restaurant gönnen!« Sie hatte den Nagel ziemlich genau auf den Kopf getroffen, mutmaßte Ralph; allerdings schien ihm Laura Selley tatsächlich wenig Geld zu haben und mit der Instandhaltung von Westhill etwas überfordert zu sein.
    »Schau mal, was sich als einziges in ihrem langsam abtauenden Kühlschrank befindet«, fuhr Barbara wütend fort. Sie zog eine gläserne Ein-Liter-Flasche heraus, die zu einem Viertel mit Milch gefüllt war. »Ist das nicht toll? So haben wir außer unserem bißchen Kondensmilch für unseren Kaffee und für ihren ganzen gottverdammten Tee wenigstens noch etwas frische Milch!«
    »Barbara! « mahnte Ralph. Er sah plötzlich sehr abgespannt aus. »Die Dummen sind wir, nicht sie. Wir hätten gestern ordentlich einkaufen müssen. Außerdem hat es keinen Sinn, jetzt herumzuschimpfen.«
    »Wie lange wird das reichen, was wir haben?«
    Ralph zuckte mit den Schultern. »Das wird sich zeigen. Ich muß jetzt erst einmal Holz beschaffen. Du ziehst dich an, und dann suchst du alle Kerzen zusammen, die du im Haus findest. Denk daran, ab halb fünf ist es dunkel.«
    Kerzen, das stellte Barbara rasch fest, gab es im Haus mehr als genug. Sie steckten in zahllosen Leuchtern, die über alle Räume verteilt standen. Barbara trug einige von ihnen ins Eßzimmer und plazierte sie auf dem Tisch und dem Kaminsims. Das Eßzimmer war kleiner als das Wohnzimmer und würde schneller warm werden; daher erschien es ihr ratsam, es für die nächsten Tage neben der Küche zu ihrem Aufenthaltsraum zu machen. Durch die Glastür zum Garten konnte sie Ralph sehen, der eine Art Korridor zum Schuppen hin schaufelte. Sie warf einen kurzen Blick auf sein Gesicht, dieses schmale, immer etwas zu blasse Intellektuellengesicht, und bemerkte, daß es verzerrt war vor Anstrengung. Er mühte sich entsetzlich ab und war dabei körperliche Arbeit überhaupt nicht gewöhnt. Barbara beschloß, nach draußen zu gehen und ihm zu helfen; er würde sich sonst noch einen Infarkt holen.
    Am Mittag erreichten sie den Schuppen. Beide waren völlig ausgepumpt und am Ende ihrer Kräfte. Barbara spürte, daß

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