Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
annähernd vorbei«, warf Happy ein. »Kopf hoch, Leute, wir sind hier nicht allein. Ich empfange immer noch keine Gedanken, aber etwas ist hier bei uns. So gesehen nicht menschlich. Ich kann seine Gegenwart spüren, aber ich will verdammt sein, wenn ich in meinem Kopf klarkriege, was das ist.«
Sie standen alle dicht aneinandergedrängt und sahen sich hektisch um. Grimmig grelles Licht entblößte jedes Detail in scharfer Klarheit, es gab nirgendwo nennenswerten Schatten. Kein Geräusch, nichts rührte sich, und es gab keinerlei Lebenszeichen. Die Atmosphäre war kalt und angespannt, aber die Geisterjäger hatten sich daran gewöhnt. Dennoch zuckten alle zusammen, als Melody plötzlich aus der Gruppe ausbrach, einen Stapel Papier von einem nahen Schreibtisch aufhob und zu lesen begann.
»Nun?«, fragte JC nach einer Weile höflich. »Irgendetwas Interessantes oder tatsächlich – wie soll man sagen – Nützliches?«
»Oh, ihr würdet nicht glauben, was die hier vorhatten«, sagte Melody und blätterte die letzten Seiten durch. »Was auf diesem Stockwerk passiert ist, ist in jedem zivilisierten Land geächtet und selbst von ein paar derjenigen, die Schwierigkeiten mit dem grundsätzlichen Prinzip ›Kultur‹ haben. Die Wissenschaftler hier haben mit Stammzellen gearbeitet, weil man sie zu Zellen aller Art werden lassen kann. Und sie haben Wagenladungen davon verbraucht. Erinnert ihr euch an die Rechnungen, die wir unten gefunden haben? Legal kommt man an eine solche Menge nicht heran. Ihr wisst, dass Stammzellen aus menschlichen Embryonen hergestellt werden, oder?«
»Ich glaube, ich habe gelesen, dass Wissenschaftler heutzutage Stammzellen auch aus der menschlichen Plazenta generieren können«, warf JC ein.
Melody schnaubte. »Es gibt Forscher, die gewöhnen sich ungern an neue Methoden. Solange etwas funktioniert, bleiben sie in der Regel dabei. Aber das wirklich Widerliche ist, wozu sie diese Zellen benutzt haben. Sie hatten ihren eigenen Bio-Reaktor. Das ist, einfach gesagt, eine Maschine, die aus einigen Basis-Materialien lebendes Gewebe bilden kann. Und der wurde gefüttert mit Stammzellen, die durch genetische Modifikation künstlich gestärkt wurden und aus denen dann vollständige menschliche Organe gezüchtet werden konnten. Für den Organhandel. Doch das war noch nicht alles. Sie haben nicht nur Herzen, Nieren und Lungen auf Bestellung gezüchtet. Sie haben daran gearbeitet, diese Organe zu verstärken und zu verbessern, um sie noch geeigneter für die Transplantation zu machen. Superorgane. Sehr teuer und für den ganz illegalen Transplantations-Schwarzmarkt gefertigt.«
»JC«, unterbrach Happy. »Wir müssen unsere Leute wirklich irgendwie wissen lassen, was hier vorgeht. Ich möchte drauf wetten, dass die VU all diese Beweise verschwinden lässt, lange, bevor die offiziellen Behörden sich einmischen können. Diese Bastarde dürfen nicht damit davonkommen!«
»Tut mir leid, aber das kapiere ich nicht«, sagte Kim. »Mehr Organe für Transplantationen? Bessere Organe? Das ist doch gut, oder?«
»Kommt drauf an, wie viel man berechnet«, sagte JC. »Ob jemand ein Organ bekommt oder nicht, sollte allein davon abhängen, wie nötig er es braucht. Anders ist es eine teure Art und Weise, sich vorzudrängeln. Dieses ganze Stockwerk ist ein Tatort.«
»Wir müssen uns mit der Außenwelt in Verbindung setzen!«, drängte Happy. »Die Leute müssen die Wahrheit erfahren, bevor die VU sie vertuschen kann!«
»Da hörst du von mir keinen Widerspruch«, antwortete JC. »Ich weiß nur nicht, wie das gehen soll. Kein Telefon, keine E-Mail, keine Telepathie. Alles ist unterbrochen.«
»Dann muss einer von uns hier raus und die schlechten Nachrichten persönlich überbringen«, sagte Happy entschlossen.
»Na klar«, sagte JC. »Wir brauchen einen Freiwilligen. Hab ich recht, wenn ich denke, du hast da schon jemanden im Kopf?«
»Ich werde gehen!«, verkündete Happy. »Ich bin wirklich froh, wenn ich diesen Ort nur von außen sehen muss, echt!«
JC sah ihn nachdenklich an. »Du bist wirklich bereit, all diese Treppen wieder herunterzugehen? Ganz allein? An all diesen überaus gefährlichen Stockwerken vorbei? Durch eine Lobby, in der es wahrscheinlich noch vor Fallen mit Gespenstern nur so wimmelt, die noch schlimmer sind als diese Hüllenzombies? In der Hoffnung, dass du, wenn du wirklich gegen alle Erwartungen den Ausgang erreichst, das Gebäude lebend verlassen darfst?«
»Naja«, meinte Happy.
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