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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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ganze Unternehmung sinnlos gewesen.
    All diese Probleme waren jedoch überwindbar. Wenn man über genügend Zeit und Geld verfügte, gab es im Universum nur sehr wenige unlösbare Probleme.
    Da fiel mir eine Frage ein, die auf eine Unterhaltung mit dem kleinen Jungen zurückging.
    »Weshalb das Ganze nicht beschleunigen?«
    »Ich glaube, ich kann Ihnen nicht folgen, Abigail«, sagte Ludmilla Marcellin freundlich, denn wir waren einander bereits vorgestellt worden.
    »Ich meine, weshalb sollte man sich mit acht Zehnteln einer Geschwindigkeit begnügen, die von sich aus schon ziemlich langsam ist?«
    »Bei jedem Treffen werden unsere Raumschiffe nach dem neuesten Stand der Technik verbessert. Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir nach ein paar Umläufen die Bussardkollektoren durch Raumfahrzeuge ersetzt haben werden, die der Lichtgeschwindigkeit erheblich näher kommen. Das wird natürlich einige Vorteile mit sich bringen. Wenn sich das subjektive Zeitintervall verkürzen lässt, brauchen wir nicht mehr so viel Zeit im tiefgefrorenen Zustand zu verbringen. Allerdings werden wir die Lebensprozesse auch dann noch verlangsamen müssen – wenn keine Gefahr mehr besteht, dass wir durch die Beschleunigungskräfte zerquetscht werden, gibt es keine Beschränkung mehr für die Beschleunigung, was bedeutet, dass die Raumfahrzeuge in der Lage sein werden, beliebig hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, bevor sie wieder verzögern müssen. Es geht dabei darum, dass wir bestimmte Ziele erreichen wollen – wir wollen nicht einfach nur den Bug auf den Rand des Universums hin ausrichten und die ganze Zeit über beschleunigen.«
    »Das habe ich nicht gemeint – Sie gehen immer noch davon aus, dass die Lichtgeschwindigkeit die äußerste Grenze darstellt.«
    »Man bezeichnet sie nicht umsonst als Naturkonstante, Abigail. Aber vielleicht haben Sie ja Recht – vielleicht wird eine neu entstandene Zivilisation, ein ferner Ableger der Goldenen Stunde, eines Tages eine Möglichkeit finden, schneller als das Licht zu reisen. Sollte das geschehen, wird es große Bedeutung für uns haben. Keine Angst, wir werden uns die Entwicklung rückhaltlos zu eigen machen. Das aber wird nichts an unserem Wesen und auch nichts am Sinn unserer Existenz ändern. Auch dann wäre die Galaxis immer noch zu groß und zu komplex, als dass eine Person allein sie begreifen könnte. Dass man sich in mehrere Personen aufsplittert und verschiedene Standpunkte einnimmt, ist die einzige Möglichkeit, wenn man sich nicht nur mit einem Stück des Kuchens begnügen will. Allerdings glaube ich nicht, dass in naher Zukunft mit der Entwicklung eines überlichtschnellen Antriebs zu rechnen ist. An diesem Problem arbeiten sich wohlmeinende Leute schon seit tausend Jahren ab, Abigail. Bislang ist es nicht gelungen, auch nur den kleinsten sinnvollen Informationsschnipsel schneller als das Licht zu übermitteln – von einem großen, schwerfälligen Raumschiff ganz zu schweigen. Diese Grenze stellt eine der grundlegenden Konstanten des Universums dar – sie zu überwinden hieße, auf einem Schachbrett Go spielen zu wollen. Und das geht nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Wirf auf dem Heimweg einen Blick in deinen Infowürfel und bitte ihn um Informationen zur Verletzung des Kausalitätsprinzips. Ich habe das auch einmal getan, weil ich mir die gleiche Frage gestellt habe wie du. Weshalb sollte ich mich mit einer Einschränkung abfinden? Welches Recht hat das Universum, mir vorzuschreiben, was ich tun und lassen soll? Doch in diesem Fall hat das Universum das letzte Wort. Schau in den Würfel. Ich glaube, das wird dir weiterhelfen.«
    Es gab noch mehr zu sehen und zu lernen, doch der Rest des Besuchs verging wie im Flug. Ich gab Ludmilla Marcellin die Hand und erklärte mich bereit, ihr die Klon-Technologie zur Verfügung zu stellen, mit der sie ihre Vision würde wahrmachen können. Währenddessen lächelten meine Begleiter – Madame Kleinfelter und die Angehörigen des Gouverneursausschusses – nachsichtig, als hätte ich auf der Bühne ein Liedchen vorgetragen.
    Seltsam dabei war, dass niemand zu ahnen schien, was ich wirklich dachte.
    In meinem Kopf hatte eine Idee Gestalt angenommen. Sie hätte eine kleine, flackernde Flamme sein können, die gleich nach dem Entzünden wieder erlosch. Stattdessen aber brannte die Flamme immer heller und kräftiger.
    Ludmilla Marcellin beabsichtigte, ihren Namen an den Himmel zu schreiben. Sie wollte nicht nur die Menschheitsgeschichte, sondern

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