Das Haus der Sonnen
entführen und nicht die Robots.«
»Das glaube ich nicht.« Kaum hatte ich es gesagt, wusste ich auch schon, dass er Recht hatte. »Ich hätte Campion Bescheid gegen sollen.«
»Sie würden annehmen, Sie hätten einen Vorwand erfunden und würden nur behaupten, die Robots führten Böses im Schilde.«
»Das tun sie doch auch.«
»Aber auf Neume weiß das keiner.«
»Abgesehen von Campion. Er würde mir vertrauen. Er würde mir glauben, ganz gleich, wie phantastisch die Erklärung klingt.«
»Dann tut es mir leid, dass wir Campion nicht anfunken konnten. Auf lange Sicht hätte das aber auch nicht viel geändert.« Hesperus legte mir seine goldene Hand auf die Schulter. Seine Finger fühlten sich kalt und hart an, gleichzeitig aber auch sanft. »Wahrscheinlich hätte es ohnehin nichts genützt. Wenn die Robots bereits die Kontrolle über das Schiff übernommen hatten, bevor Sie versucht haben, sie von Bord werfen zu lassen – inzwischen erscheint mir das immer wahrscheinlicher -, hätten sie keine Mühe gehabt, Sie daran zu hindern, mit Neume Kontakt aufzunehmen.«
Ich schloss meine trüben, schmerzenden Augen und wünschte, das ganze Universum würde sich zu einem Bündel zusammenfalten und in der Ecke verstecken. Als ich die Augen wieder öffnete, warteten Hesperus und das Universum jedoch immer noch darauf, dass ich etwas sagte.
»Ich habe Angst«, sagte ich. »Ich habe noch nie erlebt, dass mir die Kontrolle entglitten wäre. Selbst als wir uns dem Luftgeist gestellt haben, war das unsere freie Entscheidung.«
»Irgendwann passiert das jedem von uns.« Er nahm seine Hand von meiner Schulter und berührte blitzschnell mit Daumen und Zeigefinger meine Augenlider. Wäre er langsamer gewesen, wäre ich zurückgezuckt, doch so verspürte ich lediglich die Berührung kalten Metalls und einen Stich, der zu kurz war, um ihn als Schmerz zu bezeichnen. Dann ließ er seine Hand auch schon wieder sinken.
»Ich habe Ihre Augen repariert. Im rechten Auge hatte sich teilweise die Netzhaut gelöst. Beide hatten beschädigte Kapillaren. Ich hoffe, Sie können jetzt wieder schärfer sehen.«
Erstaunlicherweise war es so.
»Wie haben Sie das gemacht?«
Er hielt mir seinen Zeigefinger vor die Nase. Am Ende des goldenen Fingernagels ragte ein kleines, harpunenartiges Gebilde hervor. Es war ein spitzes Werkzeug von fraktaler Komplexität, dessen Details verschwammen, da es immer wieder unscharf wurde, als ob es zwischen verschiedenen Dimensionen hin und her wechselte. »Ich habe Sie geheilt«, sagte Hesperus. »Es war ganz einfach.«
»Waren Sie schon immer dazu imstande?«
»Von dem Moment an, da wir uns begegnet sind.«
»Aber da steckt doch noch mehr dahinter, oder? Sie haben sich verändert.«
»Ich habe keine neuen Fähigkeiten erworben, aber ich sehe die Dinge jetzt in einem neuen Licht. Und ich weiß sehr viel mehr als vorher.«
»Weil der Geist Ihr Gedächtnis wiederhergestellt hat?«
»Ich habe vieles erfahren, Portula. Das habe ich noch nicht alles verarbeitet.«
»Aber jetzt ist kein guter Moment, um darüber zu reden.«
»Erst müssen Sie entscheiden, ob wir hier bleiben oder versuchen sollen, an Bord eines anderen Raumschiffs zu gelangen.«
»Die Entscheidung muss ich treffen, nicht wahr?«
»Ich weiß vieles, aber nur Sie kennen die Raumschiffe hier im Hangar. Überlegen Sie gut, Portula, denn von Ihrer Entscheidung hängt vieles ab.«
»Dann sollten Sie mich nicht unter Zeitdruck setzen«, sagte ich.
SECHSTER TEIL
Herrin«, sagte bei seinem Eintreten Daubenton und verneigte sich, »ich habe wichtige Neuigkeiten zu vermelden.«
Es war zwei Wochen her, dass ich mir mit der Blutnadel in den Finger gestochen hatte. Ich hatte erwartet, dass Calidris innerhalb von zwei oder drei oder allenfalls vier oder fünf Tagen, wenn man berücksichtigte, dass er sich vor Mordax’ Spionen hüten musste, im Wolkenpalast einfinden werde. Nach einer Woche wurde ich unruhig. Nach Ablauf der zweiten Woche fand ich mich allmählich mit der unangenehmen Möglichkeit ab, dass Calidris bereits tot sein könnte. Schließlich hatten wir schon lange nichts mehr von ihm gehört. Als er mir die Blutnadel überreichte, hatte er mir jedoch gesagt, ihre Magie könne nur dann wirken, wenn er noch am Leben sei. Als ich mir in den Finger stach, hatte ich keinen Schmerz gespürt; dabei hätte ich zumindest den Stich spüren müssen, wenn Calidris nicht mehr von dieser Welt gewesen wäre.
»Sagt mir schon, Daubenton, dass
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