Das Haus der Sonnen
sammeln, sie auch abzuschicken.
Das Manöver hatte keine Auswirkungen auf unsere unmittelbaren Pläne gehabt. Wie besprochen, flogen die drei unbemannten Raumschiffe auf unterschiedlichen Kursen parallel zu den Silberschwingen , so dass sie das Schiff, wenn sie es eingeholt hätten, von der Seite angreifen könnten, anstatt am verwundbareren Heck. Auf dem Display bildeten die drei Schiffe ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seitenlänge von fünf Lichtsekunden. Die Silberschwingen nahm die Spitze eines Tetraeders ein, zehn Lichtsekunden von den Verfolgern entfernt. Allerdings nahm der Abstand stetig ab. Bei einem Abstand von drei Lichtsekunden würden die Schiffe das Ziel ausreichend präzise unter Beschuss nehmen können, um eine vollständige Zerstörung ausschließen zu können.
Der Abstand schrumpfte schneller als erwartet, wenngleich der Grund dafür noch nicht klar war. Unsere Raumschiffe beschleunigten nicht stärker als vorgesehen, denn ihr Antrieb wurde bereits bis zum Äußersten beansprucht, und allen entbehrlichen Ballast hatten sie ausgestoßen. Aus irgendeinem Grund flog die Silberschwingen nach dem Manöver langsamer als zuvor. Eine genaue Analyse der Flugdaten seit dem Aufbruch von Neume hatte gezeigt, dass die Verlangsamung – oder genauer gesagt die kaum messbare Abnahme der Beschleunigung – schon vorher eingesetzt hatte.
»Sie wissen, dass sie verfolgt werden«, sagte Betonie. »Sie haben keinerlei Grund, nicht mit Maximalgeschwindigkeit zu fliegen. Also, was soll das? Weshalb beschleunigen sie nicht mit voller Leistung?«
»Vielleicht ist das Sabotage«, meinte Melde. »Vielleicht haben Portula und Hesperus Einfluss auf den Antrieb genommen.«
Ich nickte. »Hesperus, ja, das wäre möglich. Aber wenn er in der Lage ist, den Antrieb zu sabotieren …«
Betonie nickte. »Weshalb sollte er sich dann damit zufriedengeben? Wenn er könnte, würde er ihn ganz lahmlegen.«
»Im Hangar sind Raumschiffe«, überlegte ich laut. »Eine ganze Menge sogar, und die meisten davon sind immer noch flugtauglich. Wir wissen, dass sie es in die weiße Arche geschafft haben. Soviel ich weiß, wurde das Schiff entkernt und mit einem parametrischen Antrieb ausgerüstet.«
Betonie lachte scharf auf. »Du glaubst, sie ließen den Antrieb der Arche laufen, um den Antrieb der Silberschwingen zu behindern.«
»Das wäre denkbar. Portula ist nicht der Typ, der sich kampflos geschlagen gibt. Auch wenn sie nicht aus dem Hangar rauskommen, können sie den einen oder anderen Antrieb einschalten.«
»Würde das reichen, um den Raum um die Silberschwingen so stark abzuflachen, dass sie zum Stillstand kommt?«
»Wohl kaum. Wahrscheinlich würde das die Leistung des Antriebs nur um ein paar Prozent verringern, und das auch nur dann, wenn sie alle verfügbaren Schiffe in Gang bringen.« Ich grinste, erfüllt von jähem Stolz und Bewunderung, denn auf einmal glaubte ich zu wissen, was Portula vorhatte. »Genau das ist ihr Plan. Hat Portula etwa den Eindruck gemacht, sie würde die Hände in den Schoß legen?«
»Auf mich nicht«, sagte Agrimony.
»Auf mich auch nicht. Und mit Hesperus’ Unterstützung …«
»Sie hat uns noch nicht berichtet, wie es kam, dass er nach der langen Zeit wieder zum Leben erwacht ist«, sagte Bilse.
»Sie konnte sich denken, dass die beiden Robots mithören würden. Vielleicht wollte sie ihnen diese Information lieber vorenthalten.«
Ein durchdringendes Signal unterbrach unsere Unterhaltung: Die drei unbemannten Schiffe hatten Schussentfernung erreicht. Wortlos wandten wir uns dem Display zu und warteten, während die Sekunden quälend langsam verstrichen.
Dreißig
Das Warten war schier unerträglich geworden, und ich glaubte schon, Hesperus sei gescheitert, als mir ein verwischter Schemen seine Rückkehr signalisierte. Er nickte mir von der Außentür der Luftschleuse aus zu; sein Bild wurde auf einer Anzeige rechts neben der Innentür wiedergegeben. Meine Hand wanderte zur Öffnungstaste.
»Ich bin fertig, Portula. Sie können die Schleuse jetzt öffnen.« Seine Stimme tönte aus der Schalttafel hervor. Drau ßen herrschte noch immer Vakuum, deshalb hatte er sich über Funk gemeldet.
»Hesperus?«
»Ja, ich bin’s.«
Ich zögerte. Es bedurfte keiner weiteren Erklärungen; ich war bereits felsenfest überzeugt davon, dass ich nicht Hesperus vor mir hatte, sondern einen der beiden anderen Robots. »Ich glaube mich erinnern zu können, dass wir uns auf eine
Weitere Kostenlose Bücher