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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Silberschwingen damit zurechtkommt, was meint ihr?«
    »Man soll das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor man ihn erlegt hat«, murmelte ich. Lampreten waren schnell und wendig, doch mit Bordwaffen konnten sie es nicht aufnehmen. Außerdem waren sie nicht in der Lage, ihre Strahleigenschaften auf einen stroboskopierenden und phasenden Impassor abzustimmen.
    In dem dargestellten Raumausschnitt glichen die Lampreten einem Schwarm gelben Löwenzahns, der aus der Stahlgewitter hervorspritzte. Sie teilten sich in zwei Geschwader auf – zwölf Lampreten bildeten einen Kordon um Hederichs Schiff, die übrigen vierzig stürzten sich auf die viel größere Silberschwingen . Wenn ihre Koppelantriebe Pseudoschub gaben, konnten sie gegen die Feldgrenze der Stahlgewitter drücken, dessen Position relativ zu der Silberschwingen stabilisieren und das Impassorfeld gleichzeitig aufrechterhalten. Diesen Trick konnte Portulas Schiff nicht nachahmen; es wären Tausende Lampreten nötig gewesen, um die gewaltige Masse der Silberschwingen zu überwinden, und ich wusste, dass sie nicht so viele an Bord hatten.
    Die vierzig angreifenden Lampreten teilten sich in Untergeschwader auf und konzentrierten das Feuer auf die bereits von uns identifizierten verwundbaren Zonen. Hin und wieder gelang es einer Lamprete, das stroboskopierende Feld zu durchdringen, doch ich wusste, das war eher Glück als ein planmäßig herbeigeführter Erfolg, und selbst wenn die Gammastrahlen die nackte Hülle erreichten, vermochten sie die Panzerung nur zu ritzen. Aber vielleicht würde sich mit der Zeit ja doch ein Erfolg einstellen – Tod durch tausend Schnitte anstatt durch eine einzige entscheidende Verletzung. Ich hatte die Hoffnung, dass die Silberschwingen sich kooperativ zeigen könnte, noch immer nicht ganz aufgegeben. Vielleicht kämpften die Robots ja wirklich um die volle Kontrolle über die Bordsysteme.
    Sechs Minuten nach Übermittlung der neuen Schlachtanweisungen rückten Meldes und Agrimonys Schiffe – die Rätselwind und die Gelber Spaßvogel – in Angriffsposition vor, stroboskopierten ihre Felder und koordinierten den Einsatz ihrer bordeigenen Gammakanonen mit der Stahlgewitter . Die Lampreten setzten unterdessen ihre Strategie der Nadelstiche fort.
    Die hinzugekommenen Schiffe fuhren ihren Impassor kurzzeitig herunter und setzten weitere Lampreten aus.
    Die Kanonen feuerten.
    »Treffer!«, rief Argimony. »Rumpfschaden und Ionisation, Kilotonnen der Rumpfverkleidung! Wir kommen durch!«
    »Impassor-Instabilität«, meldete Bilse, die sich von Agrimonys Erregung hatte anstecken lassen. »Mein Gott, das Schiff wird beschädigt. Für die Dauer von zwei Komma acht Millisekunden ist die Feldstärke auf null gegangen! Vier Lampreten befinden sich innerhalb des Impassors der Silberschwingen . Erneuter Feldabfall – jetzt sind es schon neun Lampreten. Nehmen Feuerposition ein. Wir haben den Burggraben überwunden.«
    »Die Hauptkanonen wechseln sich periodisch ab«, sagte Hederich. »Wir brauchen nur einen ordentlichen Treffer. Ich glaube, wir können es wirklich schaffen …«
    Dann verstummte er jäh. Der stumpfe Pfeil, das Symbol der Stahlgewitter , blinkte heftig, was auf irgendeine Katastrophe hindeutete. Die Diagramme und Zahlen neben dem blinkenden Symbol veränderten sich rasend schnell.
    Wir wandten unsere Aufmerksamkeit dem Realzeitbild des Schiffes zu, eingefangen von zwei anderen Raumfahrzeugen. Sie blickten durch den Raumausschnitt, in dem die Schlacht tobte, der von gewaltigen Energieentladungen verschleiert und von Impassoren und Antrieben verzerrt wurde und erfüllt war von Gas und Trümmern. Doch die unvollkommene Darstellung genügte, um zu erkennen, dass mit der Stahlgewitter etwas nicht stimmte. Hederichs Schiff pulsierte, geschüttelt von kleinen Explosionen, die sich wie ein spektakulär choreographiertes Feuerwerk am gezackten Rand der Flanke entlangbewegten. Der stumpfe Pfeil begann zu torkeln, das rötliche Stottern des Realschub-Antriebs deutete auf den verzweifelten Versuch hin, die Lateralbewegung zu stabilisieren. Die Anstrengungen waren vergeblich. Die Trägheitskompensation hatte die Kontrolle über das Schiff verloren. Während mehrere Hundert brutale Gravitationssenken ihre Zähne in die Hülle gruben, riss das Schiff auf wie ein Kadaver. Im nächsten Moment leuchtete der versagende Antrieb auf, eine sich rasch ausdehnende weiße Lichtkugel, die sich an ihrer scharf gezeichneten Grenze erst purpurrot und dann

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