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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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mich damit tröstete, dass sie paralysiert sei, zuckte Kadenz auf einmal und machte Anstalten, sich aufzusetzen. Wie Hesperus wurde auch sie zusehends beweglicher. Die Regenerationskraft der Robots war wirklich erstaunlich.
    »Hesperus!«, schrie ich wider alle Logik.
    Er erwachte aus seiner vorübergehenden Lähmung und richtete sich schwerfällig auf. Jetzt sah ich das ganze Ausmaß der Schäden – das Loch in seiner Brust war so groß, dass man den Arm hätte hindurchstrecken können. Die Wundränder waren mit einer silbrig glänzenden Masse und quecksilbrigem Blut überzogen und sandten grellblaue Lichtblitze aus. Das eine Bein war steifer als das andere. Er drehte sich unbeholfen um und betrachtete Kadenz und den abgetrennten Arm, der nur noch einen Meter vom Stumpf entfernt war.
    So steif wie ein Verletzter mit Gehschiene stakste er zu ihr hinüber. Kadenz zuckte vor ihm zurück und hob abwehrend den unversehrten Arm. Hesperus setzte seinen Fuß auf den silbrigen Tentakel. Dann kniete er schwerfällig nieder, bis er mit der rechten Hand an den Waffenarm heranreichte. Als er ihn hochhob und sich wieder aufrichtete, dehnte sich der Fortsatz wie zerlaufener Käse. Er schloss die Faust um den abgetrennten Arm und quetschte ihn mit aller Macht zusammen. Dann schleuderte er ihn mit einer ruckartigen Bewegung in die Dunkelheit. Ich erwartete unwillkürlich, beim Aufprall ein Klirren zu vernehmen, doch das blieb aus.
    »Hesperus«, sagte ich, »kannst du mich hören?«
    Er antwortete nicht, tat aber einen weiteren Schritt auf den anderen Robot zu. Mit einem Fußtritt beförderte er ihn auf den Rücken, dann setzte er ihm den Fuß auf den Bauch. Kadenz schlug mit zunehmender Kraft um sich. Hesperus beugte langsam die Beine, bis er auf ihr kniete. Dann packte er mit beiden Händen ihren verbliebenen Arm. Seine Schultern vollführten eine gewaltige, gorillaartige Bewegung, wobei der Arm sich löste. Er schleuderte ihn geradezu verächtlich beiseite, worauf er in ein paar Metern Entfernung zur Ruhe kam. Dann schwenkte er herum, bis er ihre Beine vor sich hatte, und riss sie nacheinander ab. Kadenz wand sich und zuckte krampfhaft, vermochte aber nichts auszurichten.
    Bald darauf hatte Hesperus den Robot vollständig verstümmelt. Nur noch der Kopf saß auf dem Torso. Hesperus richtete sich auf und drückte Kadenz’ heftig zuckende Überreste an seine Brust. Auf einem Bein hinkend, näherte er sich der Tür. Mit klopfendem Herzen, die Energiepistole noch in der Hand, ließ ich ihn in die Schleuse ein. Luft strömte hinein. Die Innentür öffnete sich, und Hesperus taumelte hervor, den Torso mitsamt des Kopfes hinter sich herzerrend. Seine Bewegungen waren sehr träge und wirkten unkoordiniert. Es roch nach verbranntem Metall, und aus seiner offenen Wunde kam ein zischendes Geräusch.
    »Ich bin beschädigt«, sagte er gut verständlich.
    »Nimm die hier«, sagte ich und reichte ihm die Energiepistole. »Gib ihr den Rest.«
    »Ich will ihr nicht den Rest geben. Sie kann uns noch von Nutzen sein.« Die Diskrepanz zwischen seiner ruhigen Stimme und der hinkenden Gestalt mit dem Durchschuss in der Brust war verstörend. Es war, als redete ich mit einem Leichnam.
    »Wirst du wieder gesund werden?«
    »Ich werde mich wiederherstellen, das ist nur eine Frage der Zeit. Hilf mir auf die Brücke. Dort ist es für uns sicherer.«
    Hesperus, der noch immer den anderen Robot trug, verlagerte so viel Gewicht wie möglich auf meine Schulter, dann stapften wir gemeinsam durch die Arche bis zu dem weißen, gebärmutterartigen Kontrollraum. Hier war alles unverändert.
    »Ich sollte Campion anfunken.«
    »Das kann warten. Bring mir Maschinenaspik.«
    »Welcher Art?«
    »Ganz egal.« Er ließ den Torso zu Boden fallen. Kadenz beobachtete seine Bewegungen wie eine Schlange, die auf eine Gelegenheit zum Zubeißen wartet.
    »Er lügt«, sagte sie mit unveränderter Stimme. »Die Schäden, die er sich zugezogen hat, sind irreparabel. Ihm droht der endgültige Systemabsturz.«
    Ich zielte mit der Energiepistole auf sie. »Wir könnten sie auch jetzt gleich erledigen.«
    »Bitte den Aspik.« Hesperus streckte seine zitternde Hand aus und nahm mir die Waffe endlich ab. »Ich behalte sie im Auge. Bring für dich Synchromasch mit.«
    »Wieso Synchromasch?«
    »Tu’s einfach.«
    Es war das erste Mal, dass ihm Gereiztheit anzumerken war. Offenbar hatte bei ihm im Moment der menschliche Teil die Oberhand.
    In einem Nebenraum fand ich mehrere Tuben mit

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