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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Mehrzweckaspik. Einen Augentropfer mit Synchromasch trug ich bereits bei mir. Als ich wieder die Brücke betrat, hielt Hesperus noch immer über dem zuckenden silbernen Torso Wache.
    »Was ist mit ihren Körperteilen, die du draußen gelassen hast?«
    »Von denen droht einstweilen keine Gefahr. Sie werden versuchen, sich wieder zu vereinigen, aber solange ihr Kopf und ihr Torso hier bleiben, wird ihnen das nicht gelingen.« Er gab mir die Energiepistole zurück und nahm die Aspiktuben entgegen. »Wie ich schon sagte, ich bin beschädigt. Aber mit einer Dosis Grundstoffe kann ich mich wiederherstellen.« Er drückte sich einen zitternden Klumpen schwarzen Aspiks auf die Handfläche. Zum Zeichen der Einsatzbereitschaft ordnete sich das Material in geometrischen Strukturen an.
    »Wird dir das wirklich helfen?« Ich ging mit dem Rücken zur Wand in die Hocke und zielte mit der Energiepistole auf Kadenz. »Das sind Nanomaschinen für Menschen. Es würde mich wundern, wenn sie mit deinem Innenleben etwas anfangen könnten.«
    »Das können sie auch nicht.« Sein maskenhaftes Gesicht formte ein erschöpftes Lächeln. »Aber ich kann sie dazu bringen. Eigentlich ist es ganz einfach.« Er schmierte den schwarzen Klumpen in seine Wunde und bedeckte damit die silbrige Auskleidung des Schusskanals. Dabei gab er einen Laut von sich, eine Art synthetisches Geheul, wie ein Funkgerät, das gleichzeitig auf mehreren Kanälen empfängt. »Ich spüre keinen Schmerz«, sagte er nach einer Weile. »Aber es herrscht … ein gewisses Durcheinander. Der Aspik wird mir bei der Wiederherstellung behilflich sein. Allerdings wird es eine Weile dauern.« Er drückte sich einen weiteren Klumpen auf die Hand und trug ihn über dem bereits verschmierten Material auf. Diesmal zuckte er krampfhaft, als hätte er einen Stromstoß bekommen.
    »Hesperus?«
    »Behalt Kaskade im Auge.« Er verteilte weitere schwarze Paste auf seiner Brust. »Ich muss in einen Zustand reduzierter Wahrnehmungsfähigkeit eintreten, wenn die Reparaturen ausgeführt werden. Es könnte sein, dass ich mehrere Stunden lang von der Außenwelt abgeschnitten bin, vielleicht auch länger.«
    »Ich mache mir Sorgen. Sie ist ein Robot , Hesperus – und ich habe gesehen, wie schnell du sein kannst.«
    »Im Moment ist sie nicht einsatzfähig. Ich würde dir raten, auf einer niedrigen Stufe Synchromasch einzusetzen.«
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Mir auch nicht, aber solange ich mich nicht wiederhergestellt habe, bin ich nutzlos.« Er drückte einen letzten Aspikklumpen in die Wunde – die inzwischen mehr Ähnlichkeit mit einem steilwandigen schwarzen Krater als mit einem Tunnel hatte – und ließ sich gegen die Wand sinken. Die Lichter in seinem Kopf flackerten noch einmal auf und erloschen dann. Ich konnte nur darauf vertrauen, dass noch Leben in dem goldenen Körper war und dass die Selbstheilung eingesetzt hatte.
    »Nur zu«, sagte Kadenz mit wohlklingender Stimme. »Nehmen Sie das Synchromasch. Ich verspreche, brav zu sein.«
    Plötzlich begann die Arche so stark zu vibrieren, dass ich beinahe den Halt verloren hätte.

Einunddreißig
     
     
     
     
     
    Hederichs Schiff gelangte als Erstes in Schussweite zur Silberschwingen des Morgens . Da die Kommunikation zwischen der Bummelant und den drei Schiffen des unbemannten Geschwaders um mehrere Lichtminuten verzögert ablief, blieb uns nichts weiter zu tun, als uns um das holografische Display zu versammeln und die Ereignisse zu verfolgen, die bereits stattgefunden hatten. Obwohl uns die Hände gebunden waren, hätten wir am liebsten in den blau gerasterten Raum hineingelangt und die Symbole wie Spielzeugfiguren umhergeschoben. Einerseits war ich der festen Überzeugung, dass es keine andere Möglichkeit gab, andererseits war ich erfüllt von der bitteren Gewissheit, dass ich beim Tod meiner Geliebten und besten Freundin zuschaute und zudem an der tödlichen Entscheidung mitbeteiligt gewesen war.
    »Du brauchst dir das nicht anzusehen«, sagte Betonie. »Geh woanders hin und warte ab. Wir geben dir Bescheid, sobald es vorbei ist.«
    »Wenn ihr nichts dagegen habt, stehe ich das durch.«
    »Wie du meinst. Aber es würde dir auch keiner übelnehmen, wenn du dich entfernen würdest.«
    Meldes Imago legte seine virtuelle Hand auf die meine. »Das ist für uns alle schwer; sie ist unsere Schwester. Aber wie schwer muss es erst dann für dich sein.«
    »Portula kann gut auf sich selbst aufpassen«, sagte ich, doch meine Worte klangen

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