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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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erste. Und es war stärker: stark genug, um daraus zu schließen, dass jemand unsere Bahn verfolgte und uns mit einem Richtstrahl anfunkte.
    Außerdem stammte das Signal eindeutig von einem Gentianer.
    Meine Hand schwebte über der Konsole. Der Verstand riet mir, das Signal zu ignorieren, zumal in Anbetracht dessen, was ich gerade zu Hesperus gesagt hatte. Doch das brachte ich nicht fertig.
    »Campion?«
    »Es kommt ein neues Signal herein. Und es wird von einem Gentianer gesendet, denn es beruht auf den neuesten Protokollen.«
    »Ein Notruf?«
    »Ja.«
    »Da sich hier ein Angriff ereignet hat, ist es nicht unvernünftig anzunehmen, dass hier schon viele Schiffe einen Notruf gesendet haben. Könnte es nicht sein, dass ein solches Signal aufgefangen wurde und jetzt einfach kopiert wird?«
    »Wenn der Gegner dazu imstande wäre, weshalb hat er dann nicht gleich ein gentianisches Signal gesendet?«
    »Darauf weiß ich keine Antwort«, sagte Hesperus ruhig. »Aber ich würde dennoch zur Vorsicht raten. Soll ich Portula von der Entwicklung in Kenntnis setzen?«
    »Warten Sie noch«, sagte ich, meine Hand noch immer über der Konsole in der Schwebe. Die Bummelant teilte mir soeben mit, sie habe in dem Signal eine eingebettete Informationsschicht entdeckt. Offenbar handelte es nicht nur um ein Notsignal, sondern es war eine Modulation vorhanden, die man als audio-visuelle Nachricht interpretieren konnte.
    Meine Hand verharrte in der Schwebe. Wenn ich die Nachricht öffnete, würde sie mich vielleicht überzeugen.
    Ich wollte nicht überzeugt werden.
    Am liebsten hätte ich kehrtgemacht und mir eingeredet, ich habe lediglich davon Abstand genommen, ein zweites Mal in eine Falle zu tappen, die noch raffinierter gewesen sei als die erste. Vielleicht hatte der Gegner ja erst dann auf das gentianische Format umgeschaltet, als er zu dem Schluss gelangt war, dass ich ein Splitterling der Familie war.
    »Campion«, sagte Hesperus, »verzeihen Sie mir, dass ich mir die Freiheit genommen habe, Portula von der Nachricht in Kenntnis zu setzen.«
    Ich war eher irritiert als erbost. »Ich habe Sie gebeten, das nicht zu tun.«
    »Ich war der Ansicht, diese Information sei zu wichtig, um sie nicht weiterzuleiten. Portula weiß jetzt, dass sich jemand in diesem System aufhält, der imstande ist, ein gentianisches Signal zu imitieren. Dabei könnte es sich um einen Gentianer handeln oder auch nicht. Die Information könnte ihr helfen, falls wir vernichtet werden sollten.«
    Ich hatte keine Lust, mich mit Hesperus zu streiten, zumal ich wusste, dass er Recht hatte.
    »Hat sie etwas gesagt?«
    »Portula war der Ansicht, es wäre klug, die Nachricht zu ignorieren. Diesen Punkt hat sie besonders hervorgehoben.«
    Ich lächelte – Hesperus hatte das vermutlich eher zurückhaltend formuliert. Gleichzeitig wies ich die Bummelant an, die audio-visuelle Nachricht abzuspielen und sie unmittelbar hinter der scheibenförmigen Steuerplattform auf eine flache Oberfläche zu projizieren.
    Ein Gesicht erschien.
    Ich kannte es. Es war Mezereum. Sie war eine von uns.
    »Ich hoffe, dass ich zu Campion spreche«, sagte sie. »Ich glaube, er muss es sein. Dein Schiff – das würde ich unter allen Umständen erkennen. Ich habe dir bestimmt schon ein Dutzend Mal geraten, es zu ersetzen, aber jetzt bin ich froh, dass du es nicht getan hast. Es tut mir leid, dass du angegriffen wurdest, aber ich habe dich zu spät erkannt. Bitte antworte erst, wenn wir uns weiter angenähert haben. Ich könnte dich jetzt sehen, obwohl noch das halbe System zwischen uns liegt, aber ich bin noch getarnt und hoffe, dass niemand diese Nachricht abfängt.« Mezereum leckte sich über die trockenen, farblosen Lippen, als wäre sie durstig. Nach den Maßstäben der Familie war sie eine unscheinbare Frau. Die attraktivsten Eigenschaften der Gentian-Splitterlinge – die Wangenknochen, die verschiedenfarbigen Augen, die Form des Mundes – waren bei ihr so stark abgemildert, dass sie kaum noch wahrnehmbar waren. Das Haar hatte sie sich so fest zurückgebunden, dass die Stirnhaut so straff gespannt war wie ein Trommelfell. Sie trug ein purpurfarbenes Kleid, das eine Schulter freiließ, und die mit Displays gespickte Wand im Hintergrund verriet mir, dass sie sich an Bord eines Raumschiffs aufhielt. »Ich nehme an, du weißt über den Angriff Bescheid«, sagte sie. »Ich war in Stasis und sollte aufgeweckt werden, wenn sich etwas Außergewöhnliches ereignete. Als sie mit der Speikobra das

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