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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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versteckten, bis die Zeit unsere Feinde in Staub verwandelt hatte.
    Doch dieser Gedanke vermochte mich in dieser Stunde, da ich dringend eines Trostes bedurft hätte, nicht zu trösten.

Elf
     
     
     
     
     
    Ich kann nicht sagen, dass ich überrascht war, als der Angriff erfolgte. Wir hatten vor dem Eindringen in das System die Möglichkeit eines Hinterhalts in Betracht gezogen, und während ich darauf zuraste, hatte ich meine Zweifel an der Authentizität des Notsignals. Doch es gab keine Vorwarnung, als sie das Feuer eröffneten.
    Das Glück war mir jedoch hold, denn ich hatte soeben den Antrieb ausgeschaltet und ließ mich von der Reibung der Staubwolke abbremsen, um mich langsam dem Ursprung des Signals zu nähern. Wäre ich noch mit der Kursänderung beschäftigt gewesen, wäre ich in dem Moment, da das Feld geschwächt war, tödlich getroffen worden. Doch anstatt die Bummelant verglühen zu lassen, wurden lediglich ihre Abwehrvorrichtungen bis zum Äußersten belastet. In einer Sekunde wurde mehr Energie in die Schutzblase gepumpt, als sie während des ganzen Nebeldurchflugs absorbiert hatte. Ehe ich auch nur daran denken konnte, eine Anweisung zu geben, wurden auch schon die Notmaßnahmen eingeleitet. Im ganzen Schiff bauten Impassoren Sekundärblasen auf, die lebenswichtige Systeme und die Fracht schützten, zu der auch ich gehörte. Selbst wenn die Hauptblase zusammengebrochen und das Schiff auseinandergerissen worden wäre, hätten wie bei einem Fisch, aus dessen Bauch Eier austraten, vielleicht einige der Innenblasen die Katastrophe überstanden.
    Ein paar Sekunden lang überlegte ich dumpf, wie lange es wohl dauern würde, bis die Hauptblase zusammenbrechen würde. Auf der über mir schwebenden Konsole wanderte eine rote Linie unerbittlich nach rechts. Alles in mir drängte danach, das Schiff aus der Reichweite des Angriffsstrahls hinauszusteuern, doch das war unmöglich.
    Dann hörte es auf, und ich lebte noch. Ich konnte nur vermuten, dass die Kapazität der Waffe sich erschöpft hatte und dass sie jetzt entweder aufgeladen oder durch eine andere ersetzt wurde. In meinem Kopf kristallisierte sich eine Anweisung heraus, doch die Bummelant hatte sie bereits vorausgeahnt. Bei aufgebautem Schutzschirm öffneten sich im Rumpf Luken und spuckten mehrere Dutzend Lampreten aus: kleine, autonome Raumfahrzeuge, die mit Waffen und Koppelantrieben mit beschränkter Reichweite ausgestattet waren. Die Lampreten formierten sich zu Geschwadern und rasten zur Außengrenze der Schutzblase. Die Blase wurde so durchlässig, dass die Lampreten hindurchschlüpfen konnten, dann verdichtete sie sich wieder. In dem kurzen Moment der Durchlässigkeit traten Planetentrümmer in die Blase ein und prallten gegen den Rumpf, was sich anhörte wie das Getrommel von zahllosen Hexenklauen.
    Die Lampreten hatten zwei Aufgaben. Drei Geschwader von je vier Stück blieben in der Nähe des Raumschiffs, so dass sich der Horizont der Schutzblase zwischen ihnen und dem errechneten Ursprung des Energiestrahls befand. Die übrigen sechs Geschwader rasten mit Maximalbeschleunigung in alle Richtungen davon. Jede Lamprete pflügte eine Furche in das Trümmerfeld, ionisierte mit Gammastrahlen die Partikel und verwandelte sie in Plasma, das sich elektrostatisch ablenken ließ. Die Lampreten waren deshalb weithin sichtbar, doch darauf kam es im Moment wahrlich nicht an.
    Die um die Schutzblase gruppierten Lampreten wirkten auf das gehärtete Feld ein und brachten die Bummelant auf einen neuen Kurs. Nach einer Weile änderten sie den Kurs wieder, womit sie dem Gegner die Möglichkeit nahmen, die Bewegungen des Raumschiffs vorauszuberechnen. Die vereinte Wirkung der Lampreten war schwächer als der Hauptantrieb, doch die Beschleunigung war immer noch so stark, dass ich dem Dämpferfeld auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
    Dann fand mich die Waffe wieder. Die Schutzblase hatte sich kaum vom letzten Angriff erholt, und die rote Linie begann wieder nach rechts zu kriechen. An einer anderen Stelle der Konsole wurde der Verlust zweier Lampreten angezeigt, die von der reflektierten Energie erfasst worden waren. Die übrigen zehn Lampreten reichten immer noch aus, um die Bummelant zu bewegen, doch die Ausweichmanöver und Finten würden fortan träger ausfallen.
    Inzwischen hatten die übrigen vierundzwanzig Einheiten begonnen, mit den Gamma-Kanonen, die ihnen den Weg durch die Trümmerwolke freigeräumt hatten, auf den Ursprung des Strahls zu feuern.

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