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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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aufgeweckter malaysischer Chinese von ungefähr zwanzig Jahren. Auf seinem runden glänzenden Gesicht lag stets ein Lächeln.
    Lu See gab die Teigmischung auf ein Kuchenblech und schob dieses dann in den Ofen. Danach klopfte sie sich das Mehl von ihrer Batikschürze und ging aus der kleinen Küche in das eigentliche Restaurant. Das Il Porco befand sich in einem zweistöckigen Gebäude mit leuchtend orangeroten Fensterläden und den typischen schmalen Veranden, die Fünf-Fuß-Wege genannt wurden und den Fußgängern Schatten spendeten. Es war ein sehr kleines Speiselokal an der Ecke Macao Street und Hokkien Street, in der Nähe des Old Market Square. Wenn man von der Market Street zum Il Porco ging, kam man hauptsächlich an muslimischen Geschäften vorbei. Ganz gewiss fand man in dieser Straße sonst kein anderes Restaurant, in dem Schweinefleisch serviert wurde.
    Als Lu See ihrer Familie verkündet hatte, dass sie ein Lokal eröffnen wolle, dessen Spezialität gebratenes und geschmortes Schweinefleisch sein würde, hatten sie alle für verrückt erklärt. »Ein Schweinerestaurant?«, hatte Onkel Hängebacke gerufen und herausfordernd den Kopf gereckt. »Und was ist mit den Moslems nebenan, aahh?«
    »Ich sehe durchaus ein, dass das ein wenig provokant ist«, hatte sie ihm ruhig erwidert. »Aber ich habe bereits mit dem hiesigen Imam gesprochen, und er hat mir sozusagen seinen Segen gegeben. Ich tue nichts Illegales. Außerdem war das Gebäude billig zu haben.«
    Als Onkel Hängebacke erst einmal ihr gebratenes Rosmarinschwein probiert hatte, war er völlig aus dem Häuschen. »Das ist ja so knusprig, dass es beim Kauen in deinem Kopf kracht!« Er hatte sich vergnügt den Bauch getätschelt und sich bereit erklärt, ihr stiller Teilhaber mit einer Ge winnbeteiligung von zehn Prozent zu werden.
    Sechs Monate später lief das Geschäft trotz der gelegentlichen verdrießlichen Blicke ihrer islamischen Nachbarn hervorragend. Kuala Lumpur hatte in seiner bunten kulinarischen Palette ein Lokal wie dieses noch gefehlt. Die Chinesen und die Inder kamen in Scharen, und samstagmittags musste Lu See oft zwölf Personen an einem Tisch für acht unterbringen.
    Von außen im Kolonialstil gehalten war das Il Porco innen wie ein klassisches nyonya -Haus eingerichtet: Schwarzholzstühle, runde Tische mit Marmorplatte, hölzerne Paravents. Verwaschene Porträts von Lu Sees Großtante Ying hingen an den Wänden, außerdem eine große Lacktafel, auf der auf Chinesisch tung jao gung jai geschrieben stand, was so viel bedeutet wie: »Wir sitzen alle im selben Boot.«
    Nachdem Lu See ein paar Teller ins Regal gestellt hatte, hielt sie inne und drehte den unteren Teil ihrer Wirbelsäule langsam hin und her. Ihre Bewegungen waren steif. Sie wurde jetzt bald einundvierzig Jahre alt. Ihre Beine waren immer noch schlank, und sie hatte auch immer noch eine eher knochige Figur, heute aber brachte sie ihr Magen schier um. Sie stand eine Weile reglos da, die Arme auf ihren Bauch gelegt und den Blick zur Decke gerichtet.
    »Ist das eine neue Yoga-Stellung? Du siehst aus wie eine ägyptische Mumie«, sagte Stan Farrell. Seit ihrer ersten Begegnung auf der MS Jutlandia war sein Haar, ebenso wie das von Lu See, über die Jahre hinweg ein wenig grauer geworden. Er hatte nach seiner Rückkehr aus dem Krieg nicht lange gebraucht, um sie zu finden.
    Er trank rasch einen Schluck teh tarik , den beliebten cremig-schaumigen und sehr süßen Milchtee, und stellte die Tasse dann zwischen seinen Gummiknüppel und seine Schirmmütze auf den Tisch. In khakifarbenen Shorts und Hemd, den Kniestrümpfen, dem Webley-Revolver und dem Abzeichen der Federation of Malaya Police, sah Stan Farrell durch und durch wie ein Polizist aus. Abgesehen von den Hockey-Stiefeln natürlich.
    Lu See beugte sich ein kleines Stück nach vorn, hielt die Arme aber weiterhin verschränkt. »Das ist die einzige Haltung, die nicht wehtut. Warum die lächerlichen Schuhe?«
    »Zu meinem Schutz.« Er grinste und gab den Blick auf sein Pferdegebiss frei. »Sie gehen bis über die Knöchel, siehst du?« Er hob ein Bein. »Hast du schon einmal einen Blutegel gesehen?«
    »Nur in The African Queen .«
    »Die halten die Blutegel ab, wenn ich draußen in den Sümpfen Guerillas jage.«
    Guerillas wie Mabel , lag ihr auf der Zunge. Stattdessen fragte sie stirnrunzelnd: »Ist für die Unabhängigskeitsfeier alles vorbereitet?«
    »Der Duke of Gloucester trifft morgen mit dem Flugzeug ein, um Abdul

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