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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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wollten.«
    »Aber Woo Hak-yeung ist ein Mörder und ein Kriegsverbrecher! Ein Verräter der Krone.«
    »Ja. Wir sind über seine Vergangenheit im Bilde. Die Sache ist nur die: Dieses Stück Dreck war während des Krieges einer der wichtigsten Spitzel der Japaner. Und er wusste alles über die antijapanische Guerilla-Bewegung. Wie sie den Dschungel für sich nutzten, wie sie miteinander kommunizierten, wie sich sich finanzierten. Dieselben Leute, die damals in der MPAJA waren, kämpfen heute als kommunistische Terroristen. Ich weiß nicht, was zwischen dir und ihm vorgefallen ist, und offen gesagt will ich es auch gar nicht wissen. Denn wir sind auf seine Unterstützung angewiesen, Lu See. Wenn wir diesen Krieg gewinnen wollen, dann können wir nicht auf ihn verzichten. Und das ist jetzt wirklich alles, was ich dir sagen darf.«
    Lu See blickte Stan in die Augen. Sie war kaum noch in der Lage zu atmen. Ihre Kehle wurde von einem unerträglich dicken Kloß verstopft. Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, sich mitten in einem Traum zu befinden, in dem sie mit einem Ungeheuer in einem Raum eingesperrt war.
    »Wirst du trotzdem tun, was wir vorhin besprochen haben?«, fragte er schließlich. »Wirst du dich an das halten, was ich dir gesagt habe?«
    Der Kloß in ihrer Kehle wurde noch größer. Sie hörte kaum noch, was er sagte. Aber sie nickte langsam.
    Ich hätte es wissen müssen, dachte Lu See, ich hätte wissen müssen, dass er zurückkommt und mich bis in meine Träume verfolgt.
    Sie erinnerte sich an das Gefühl der absoluten Ohnmacht, als sie hatte feststellen müssen, dass die Orgelpfeifen verschwunden waren. Ausgegraben und durch den verwesten Kopf eines Schafes ersetzt. Wann hatte er das getan? Wann hatte er den Austausch vorgenommen? Es musste irgendwann im Jahre 1943 gewesen sein, schon bald nachdem er sich mit Tozawa bekannt gemacht hatte. Hatte er sie die ganze Zeit über beobachtet?
    Sie malte sich aus, wie er sich über sie und über ihre Dummheit lustig gemacht hatte. Das Kupfer musste für die japanische Kriegsmaschinerie von unschätzbarem Wert gewesen sein – eingeschmolzen hatte man es wohl, um es als Kabel für elektronische Bauelemente und Funkausrüstung zu verwenden. Die Kempeitai hatten ihn dafür mit Sicherheit fürstlich entlohnt.
    Der Mistkerl, der verdammte Mistkerl!
    Von all ihren Dämonen war das Schwarzköpfige Schaf jener, den sie nie hatte bannen können.
    Als sie jetzt im Geiste sein Gesicht, sein Muttermal und die hässliche schiefe Schulter vor sich sah, wurde sie mit einem Mal vollkommen ruhig. Sie wusste, dass sie ihn, trotz der Gefahr für sich selbst, enttarnen würde.
    Tiefe Regenwolken hingen über der Skyline von Kuala Lumpur. Lu See sah auf ihre Armbanduhr. Sie war neu – Lu See hatte sich diese Uhr ein paar Tage zuvor gekauft, um den Phantomschmerz an ihrem Handgelenk zu lindern, der sie quälte, seit sie Adrians Uhr an die Woos zurückgegeben hatte.
    Ein plötzlicher Krampf schoss durch ihre Eingeweide. Den Schmerz ignorierend konzentrierte sie sich darauf, die Uhrzeit abzulesen. Es war fast vier Uhr nachmittags. Die Stadt schien den Atem anzuhalten, während es wie jeden Tag um diese Zeit zu regnen begann. Auf den nassen Hausdächern hallte der Ruf des Muezzins wider.
    Allahu akbar! Allahu akbar! Subhan Allahi walhamdu Lillahi wa la ilaha il Allaho wallaho Akbar wa la hawla wala quwwata illa billaah.
    Gott ist groß! Gott ist groß! Halleluja und Dank sei Gott, es gibt gibt nur einen Gott und Gott ist groß, es gibt niemand Mächtigeren als Gott.
    Die feuchte Hitze des späten Nachmittags und auch die Auswirkungen des Ramadans machten die Menschen träge. In einigen der muslimischen Lokale in der Macao Street waren die Vorhänge zugezogen, damit die hungrigen Gläubigen einen Happen essen konnten, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen oder gar angefeindet zu werden.
    Eine Inderin schwebte an Lu See vorbei. Ihr Sari war so gewickelt, dass ein Teil ihres Bauches zu sehen war. Die Haut dort war blasser, als es ihr Gesicht und ihre Arme waren. Es war Mrs Viswanath aus dem Gewürzladen. Als sie am Il Porco vorbeikam, winkte sie Lu See müde zu und grüßte sie in dem für sie typischen singenden Tonfall: » Selamat Siang! Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen!«
    Lu See erwiderte ihren Gruß mit einem Nicken und sah dann wieder auf ihre Uhr. Sie wartete auf die volle Stunde.
    Mrs Viswanaths scharlachrotes Bindi leuchtete

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