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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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Ohren. »Das überrascht mich nicht. Sieh dich doch nur an, wie du daherkommst – Mottenlöcher im Kleid, kein Lidschatten. Man könnte meinen, du wärst ein hut-yee, ein Bettler. Manchmal glaube ich, du hast deine Kleider dem Lumpensammler gestohlen.«
    »Weißt du, Mutter, ich habe nachgedacht. Wenn du einmal alt und senil bist, werde ich dich zu der Hühnerfarm in Pagho schicken, wo du mit all den anderen alten, verrückten, stinkenden Leuten zehn Stunden am Tag Federn rupfen musst.«
    » Cha! Kein Respekt. Seht ihr, wie meine Tochter mit mir spricht?«, sagte sie, an ihr nicht vorhandenes Publikum gewandt.
    »Und am Ende eines jeden Tages werde ich dir meine Kleider mit den Löchern zum Flicken bringen.«
    Lu Sees Mutter begann zu grinsen. »Was für schreckliche Dinge sie nur sagt, meh ?«
    »Und wenn du dich weigerst, werde ich dich mit einem Stock antreiben. Mutter, hör auf zu lachen!«
    Ihre Mutter hielt sich die Hand vor den Mund, kicherte aber weiter. Lu See wandte sich Dungeonboy zu, der jetzt seinen Wischmopp zur Hand genommen hatte. »Und vergiss nicht, die Fußabdrücke vom Toilettensitz zu wischen.«
    Als er gegangen war, hatte Lu See endlich einen Moment Zeit für sich. Sie blieb am Tresen sitzen und spielte, in Gedanken versunken, mit der Kappe eines Füllhalters herum. Schließlich begann sie zu schreiben.
    Wann werde ich dich wiedersehen, Mabel? Ich finde es schrecklich, dass du im Dschungel lebst, umgeben von Blutegeln und Spinnen. Bist du in Gefahr? Hast du genug zu essen? Bist du verletzt? Damals, als du noch zur Schule gingst, wolltest du Krankenschwester werden. Was ist geschehen? Warum bist du fortgegangen? Hast du es getan, um mich zu bestrafen, weil ich dir nicht schon früher von Sum Sum erzählt habe?
    Als Sum Sums jüngerer Bruder Hesha kurz nach dem Krieg mit diesem Brief kam, in dem stand, dass Sum Sum in Sicherheit ist und dass es ihr gut geht, da wollte ich dir alles erzählen. Aber du warst doch noch so klein. Ich nehme an, ich war selbstsüchtig – ich hatte Angst, dich zu enttäuschen, dich zu verlieren. Ich brauchte doch deine Liebe.
    Ich mache mir so große Sorgen, dass ich nachts nicht schlafen kann. Ich warte und starre aus dem Fenster. Was hast du über mich, über deine Familie gedacht, als du uns verlassen hast, um für die Kommunisten zu kämpfen? Ohne dich ist es so still im Haus. Auch die Hunde vermissen dich. Vermutlich glaubst du, dass das, was du tust und wofür du kämpfst, richtig ist. Gewiss bist du stolz darauf, ein Ziel zu haben, aber vergiss dabei nicht die Menschen, die du zurückgelassen hast. Ich bin deine Mutter, zwar nicht deine leibliche, aber ich bin deine Mutter. Das ist nun einmal so, ob es dir nun passt oder nicht. Ich habe dich aufgezogen. Ich habe dich so viele Jahre lang beschützt …
    Lu See hörte mitten im Satz zu schreiben auf. Ihr wurde bewusst, dass sich ihre Lippen bewegten, dass sie immer wieder leise Mabels Namen murmelte. Sie knüllte das Blatt Papier zusammen und warf es ärgerlich in die Ecke.
    Ich habe dich so viele Jahre lang beschützt.
    Lu See schloss die Augen und versuchte, sich an diesen Worten festzuhalten. Sie holte tief Luft und erinnerte sich an jenen Tag, als Mabel sie so empört und aufgeregt angesehen hatte, dass Lu See ihrem Blick kaum hatte standhalten können.
    Mabel war gerade aus der Schwesternschule nach Hause gekommen. Sie war außer sich gewesen.
    »Die Schulverwaltung bezweifelt, dass ich Chinesin bin!«
    »Was? Warum denn das?«
    »Sie haben rassenbasierte Quoten eingeführt. Die Malaien haben bei den Kursen die erste Wahl, dann kommen die Chinesen und schließlich die Inder. Sie sagen, dass ich meiner Hautfarbe nach Inderin sein könnte. Sie verlangen einen Nachweis meiner Herkunft.«
    »Du hast doch gar keinen dunklen Teint!«
    »Nein, aber er ist auch nicht so hell wie bei den meisten anderen Chinesen. Und für eine Inderin bin ich zu blass.«
    »Es ist einfach nur ein Milchschokoladenton, den du bekommen hast, weil du als Kind immer stundenlang in der Sonne gespielt hast.«
    »Bitte lüg mich nicht an! Ich weiß ganz genau, wenn du lügst. Ich bin jetzt neunzehn Jahre alt. Ich musste mein ganzes Leben ohne Vater auskommen. Sag, ist Adrian Woo tatsächlich mein Vater? Oder ist mein Vater ein Inder?«
    »Mabel, also wirklich, du musst nicht …«
    »Das ist etwas, das ich dich eigentlich niemals fragen wollte. Bis vor ein paar Jahren, als mir bewusst wurde, dass ich nicht wie die anderen chinesischen

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