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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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wie möglich zu halten. Sie kamen am Skelett eines Vogels vorbei. Das ließ den Schluss zu, dass es hier irgendwo Bäume geben musste.
    »Nicht mehr lange! Wir machen Rast, wenn wir einen Unterschlupf finden.«
    Eine Stunde später entschieden sie sich, da weit und breit kein Unterschlupf zu sehen war, aus reiner Verzweiflung für einen vom Wind abgekehrten Hang als Raststätte. Mit ihren behandschuhten Händen und einem Stück Baumrinde, das ihnen als Schaufel diente, gruben sie ein Loch in den Schnee. S ie gruben, bis ihre Arme und Schultern schmerzten, und trieben eine Art Tunnel in ansteigendem Winkel in den Schnee. Nach vierzig Minuten krochen sie in ihre Höhle, die gerade breit genug war, dass sie beide hineinpassten. Als sie sich darin befanden, verschlossen sie den Eingang mit zusammengepresstem Schnee und stießen dann ein kleines Belüftungsloch durch die Decke.
    »Das viele Schaufeln … ich schwitzte schrecklich«, keuchte Tormam.
    »Ich auch. Schnell, lah, wir müssen trocken bleiben«, sagte Sum Sum. »Nimm zwei Unterhemden aus den Taschen. Wir müssen die feuchten Sachen so schnell wie möglich ausziehen, sonst werden wir erfrieren.«
    Sie zwängten sich, ständig mit den Ellbogen und den Knien aneinanderstoßend, in die frischen Sachen hinein. Dann stopften sie Yakhaar unter ihre Kleidung und kuschel ten sich zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen. Die Beine hatten sie ineinander verschlugen, die Hände in die Achseln geschoben.
    »Tormam, würdest du mich, wenn ich hier oben sterben sollte, aufessen?«
    »Nun, ich würde zumindest darüber nachdenken … zwar nicht lange, aber ich würde zumindest kurz überlegen.«
    »Ich wette, deine Hinterbacke ist verdammt schmackhaft, lah .«
    »Und ich wette, dein Schultergelenk wäre über einem Feuer gebraten wirklich köstlich.«
    Sie kicherten. Kurzatmig und von Kopf bis Fuß zitternd, gleichzeitig voller Angst, dass die Wände ihrer Höhle einbrechen und sie unter ihrem Gewicht begraben könnten, wagten sie nicht, ihre Augen zu schließen. Sie lauschten dem Wind und dem sich ständig bewegenden Schnee, der gespenstische Geräusche verursachte, bis die Erschöpfung sie schließlich doch übermannte.
    Am folgenden Morgen, als die Himalajasonne durch die Wolken brach, kämpften sich Sum Sum und Tormam aus ihrem Unterschlupf heraus. Sie hatten entsetzlichen Durst. Ihre Kehlen waren völlig ausgedörrt und ihre Lippen so trocken, dass sie aufsprangen. Sum Sum ging in die Hocke und ebnete mit ihren Händen den Untergrund, dann entzündete sie ein kleines Feuer, um Schnee zu schmelzen. Sie tranken das Schneewasser und aßen den Rest ihres Trockenfleisches und das, was sie noch an Butter hatten. Gähnend und murrend schulterten sie danach ihre Taschen und setzten ihren Weg nach Süden fort. Sum Sum richtete ihren Blick auf den Horizont. Tormam verzog ihr vom Wind aufgerautes Ge sicht und fluchte leise. Vor ihnen lag nur endloses Weiß. Meilenweit in allen Richtungen.
    Viele Stunden später, in denen ihnen Wind und Sonne wieder unerbittlich zugesetzt hatten, erreichten sie eine Anhöhe unterhalb der Baumgrenze. Als sie den unebenen Hang hinuntergingen, wurde die Schneedecke allmählich brüchiger. Der Hang wurde schließlich so steil, dass ihnen die Knie zu schmerzen begannen und sie mit den Füßen in ihren Stiefeln ganz nach vorn rutschten. Da sie aus den oberhalb der Baumgrenze liegenden Regionen der Berge kamen, dauerte es eine ganze Weile, bis sie sich wieder an die drückende Schwere des Waldes gewöhnt hatten.
    Sie machten sich auf die Suche nach etwas Essbarem, schoben Flechten und morsche Äste zur Seite, sahen in versteckte Tierbehausungen. Aber alles, was sie fanden, waren Regenwürmer und Maden.
    Nachdem sie ihr Abendessen innen und außen von fauligem Laub und Schmutz gereinigt hatten, setzten sie sich zum Essen.
    Tormam hielt eine Made hoch: »Du zuerst.«
    Sum Sum, deren Augen schelmisch funkelten, kaute mit offenem Mund, bereit, alles sofort wieder auszuspucken. »Schmeckt wie muffiger englischer Stilton.« Sie grinste Tormam an. »Versuch es, nah .«
    Sie aßen, während sie, die Arme um ihre Schienbeine geschlungen, in der Hocke kauerten.
    Dann sammelten sie trockene Stöcke, Zweige, Moos und Baumharz vom Boden auf und errichteten einen kleinen Kreis aus Steinen. Aus dem Feuerbeutel der Äbtissin nahmen sie ein Streichholz und etwas Zunder. Nachdem sie den Zunder angezündet hatten, fügten sie weiteres brennbares Material und das Baumharz

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