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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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Butterworth gekommen, um dich zu besuchen.«
    »Peter und James sind hier?«, rief Lu See. »Wo?«
    »Oben in deiner Wohnung. James trägt wieder einmal diese verrückte handgewebte Kleidung.«
    »Brah-haa! Er ist das also?«, rief Pietro. »Ich dachte schon, Gandhi persönlich stünde vor der Tür.«
    »Anscheinend sind sie zu einer Konferenz der Zeugen Jehovas nach Kuala Lumpur gekommen.«
    »Trotzdem ein schnuckeliger Bursche – in einem Hemd mit Tupfenmuster würde er bestimmt ganz fabelhaft aussehen.«
    Mit einem gebieterisch geneigten Kinn sah Pietro zu, wie Lu See die Treppe hinaufrannte. Er steckte mit einer langsamen, möglichst unauffälligen Geste den Arm nach der Rauchglasschale mit den Rosmarinkeksen aus, aber Lu Sees Mutter hatte es schon bemerkt und schlug ihm auf die Finger.
    Durch die offene Tür konnte Lu See ein kehliges Mantra hören, dann sah sie ihren Bruder James, der zwischen einem Stapel alter Bücher und mit gekreuzten Beinen links von der Schneiderpuppe auf dem Boden saß und meditierte. Er trug ein weißes togaähnliches Schultertuch und mit Seide gefütterte Pantoffeln. Die Socken waren mit Sockenhaltern befestigt. Einen Palmwedel in der Hand haltend sang er immer wieder: »Om, om, Rama … Om, om, Hare om.«
    Als sie an den Türrahmen klopfte, öffnete er die Augen. Aus ihnen sprach der religiöse Eifer. Sein Blick war hell, aber glasig wie bei einem radikalen Priester unter Drogen.
    »Ich dachte, du bist ein Zeuge Jehovas.« Sie lächelte. »Was also soll dieser buddhistische Singsang?«
    »Genau das habe ich auch zu ihm gesagt«, rief Peter. Wie üblich trug er viel zu große Shorts und ein Hemd. Er untersuchte gerade einen alten Gehstock.
    »In diesen beunruhigenden Zeiten gehe ich lieber auf Nummer sicher, so Gott Shiva will.«
    »Ich weiß wirklich nicht, was die Gemeindeältesten dazu sagen werden.« Peter zeigte mit dem Spazierstock auf James.
    »Bitte nimm diesen Stock aus meinem Gesicht.«
    »Er ist nicht in deinem Gesicht, er ist in meiner Hand.«
    »Eben.«
    Lu See unterbrach die beiden. »Warum in aller Welt hast du dich wie ein Sadhu aus den Batu-Höhlen gekleidet?«
    »Im Postamt muss ich die ganze Woche Hemd und Krawatte tragen. Ich komme mir da immer verschnürt wie ein Paket vor. Dies ist mein Ausdruck von Freiheit.«
    »Und wer ist das?«, fragte Lu See, die erst jetzt den Fremden bemerkte, der neben der Tür zum Bad stand.
    James erhob sich. »Darf ich dir Dr. Rafit Patel vorstellen?«
    Sie musterte den kleinen Mann mit skeptischem Blick. Er trug einen marineblauen Anzug und hatte ein spitzes Kinn. Er nahm seinen silbernen Kneifer ab, während er auf sie zukam, um ihr die Hand zu geben.
    »In meiner Geburtsurkunde steht zwar Rafit Patel, aber nennen Sie mich doch bitte einfach Ralph«, sagte der Arzt mit einer Stimme, so klar und strahlend wie ein Diamant, den man in flüssiges Öl getaucht hat.
    »Wessen Idee war das?«, fragte Lu See mit einem Anflug von Röte auf dem Gesicht.
    »Meine.« Ihre Mutter stand, die Hände in die Hüften gestemmt, in der Tür.
    »Ich war schon bei mehreren Ärzten.«
    »Die haben alle nichts getaugt«, bellte ihre Mutter. »Als du das letzte Mal Blut gespuckt hast, warst du drei Tage im Krankenhaus, und trotzdem wissen sie noch immer nicht, was dir fehlt. Dr. Rafit ist …«
    »Bitte nennen Sie mich Ralph«, beharrte er.
    Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Dr. Ralph ist ein Experte auf diesem Gebiet.«
    Die Hände vor dem Körper gefaltet wie ein Priester begann der Arzt behutsam auf Lu See einzureden: »Ich denke, Sie sollten zu mir kommen, damit wir ein paar Untersuchungen machen können.«
    »Ich habe schon jede Menge Untersuchungen hinter mir. Sie waren alle ohne Befund. Es hieß, dass ich wahrscheinlich ein Magengeschwür hätte.«
    »Was können dann ein paar weitere Untersuchungen noch schaden?« Sein Ton war sanft und freundlich.
    »Ich bin schon genug durch die Mangel gedreht und begutachtet worden.«
    Alle sahen sie ernst an. Lu See ging zum Fenster und legte ihre Stirn an die Scheibe.
    James schloss die Augen. »Om, om, Bhadaraya … Om, om, Rama …«
    »Sei still, James!«, schimpfte seine Mutter.
    »Nur ein paar Blut- und Urintests«, versuchte der Arzt Lu See noch einmal zu überzeugen. »Um Ihre Mutter zu beruhigen.«
    Lu See spürte, dass sie bleich wurde. Sie hasste es, wenn man ihr Blut abnahm. »Wird es bei diesem einen Bluttest bleiben?«
    »Höchstens zwei«, räumte er ein.
    Lu Sees Mutter trat an ihre

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