Das Haus der tausend Blueten
hinzu und bliesen dann vorsichtig in die Flammen, um sie anzufachen. Nach und nach gaben sie Feuerholz hinzu und bauten ein kleines Zelt aus Stöckchen um das Feuer.
Sum Sum wärmte ihre von der Kälte steif gewordenen roten Finger an den Flammen, während sie sich fragte, ob sie jemals wieder ihre Fingerspitzen spüren würde. Sie blickte Tormam ins Gesicht. Keine von beiden wollte zugeben, wie verloren und hoffnungslos sie sich fühlte.
14
Mabel schaltete die Monitore im OP ein, die am Kopfende des Operationstisches standen. Dann legte sie die chirurgischen Messer, Löffel, Skalpelle und Spekula sauber geordnet auf ein Sterilisationstablett. Sie testete den mechanischen Blutdruckmesser, stellte die Sauerstoffzufuhr ein und überprüfte die Infusionspumpe. Als nächstes bereitete sie die notwendigen Blutkonserven, Volumenexpander und den Venentropf vor. Schließlich ordnete sie die Metallklammern in einer Reihe an und legte die Gefäßklemmen mit den abgewinkelten Köpfen neben einen bedrohlich aussehenden Satz von gebogenen chirurgischen Scheren mit flachem Griff.
Nachdem Mabel die Haut des Patienten desinfiziert hatte, stellte sie die Schale mit den Jodtupfern zur Seite und sah den Chirurgen an. Unter dem Mundschutz war sein Gesichtsausdruck nicht zu erkennen, aber sie vermutete, dass er gerade überlegte, in welchem Winkel er den Schnitt ansetzen sollte. Er streckte die Hand aus, um das Skalpell von ihr entgegenzunehmen. Sie legte es in seine Handfläche und sah dann dabei zu, wie er einen langen sauberen Schnitt in den rechten Oberbauch, direkt unterhalb der Rippen setzte. Die Spitze des Skalpells drang tief in die Haut ein und schlitzte sie mit einem leisen seidigen Geräusch auf. Blut sickerte heraus, schwarz und teerig. Mabel entfernte es sofort mit einem Tupfer, damit er fortfahren konnte.
Eine Stunde später klammerte der Chirurg, nachdem er den Gallengang und die zur Gallenblase führenden Blutgefäße durchtrennt und die Gallenblase entfernt hatte, die klaffende Wunde zusammen und nähte sie mit Nadelhaltern und Faden.
»Wie geht es dir?«, fragte er Mabel, während er die gebogene Nadel zum letzten Mal durch die Haut und den Faden verknotete.
»Mir geht es gut«, erwiderte sie und legte ein Stück Gaze auf die frisch genähte Wunde.
Seine Augen wichen nicht von ihren Händen. »Deine Mutter kommt heute zur Behandlung?«
Sie legte ein zweites Stück Gaze auf die Naht und spürte, wie ihr Kopf ruckte. »Ja, das stimmt. Sie wird in etwa dreißig Minuten geröntgt.«
»Du kannst zu ihr gehen, wenn du hier fertig bist. Nimm dir den Nachmittag frei. Du hast es dir verdient.«
Mabel befestigte die Gaze mit einem Stück Leukoplast und sah den Arzt von der Seite an. »Vielen Dank. Das werde ich.«
Nachdem sie sich ihre Hände und Unterarme im Desinfektionsbecken gewaschen hatte, zog Mabel ihren Operationskittel aus und ging die Treppe zum Erdgeschoss hinunter. In der Krankenhauskantine kaufte sie sich eine Tüte Grandour-Lutschbonbons und sah zu, wie das Kantinenpersonal die Tische mit feuchten Tüchern abwischte und eine Rolle Papierservietten neben den Korb mit dem Besteck stellte.
In der Küche brutzelten mit Kurkuma gelb gefärbte mee-hoon - Nudeln in einem heißen flachen Wok. Sie hatte Hunger, aber das Einzige, woran sie jetzt noch denken konnte, war ihre Mutter. Ein paar Minuten später ging sie zur Radiologie. Durch die Fenster war die lang gestreckte Kette der Genting Hills zu sehen, die sich wie ein Schatten am Horizont entlangzog.
Lu See und Mabel saßen nebeneinander im Wartezimmer.
»Ich habe den Chirurgen gesehen, mit dem du zusammenarbeitest«, sagte Lu See. »Ist er noch zu haben?«
Mabel antwortete nicht.
»Er sieht sehr gut aus.«
»Fang jetzt bloß nicht an, mich zu verkuppeln.«
»Ich lasse besser schon mal rote Verlobungskarten drucken«, neckte Lu See sie.
»Hör auf damit!«
»Sieh dir doch nur deine Nasenlöcher an. Immer wenn du wütend bist, werden sie so groß wie die Batu-Höhlen!«
»Wirklich! Das ist nicht witzig.«
Im anschließenden Schweigen musterte Mabel das Gesicht ihrer Mutter. Sie beobachtete einen zuckenden Muskel in ihrem Hals, der wie der Kehlsack eines Frosches angeschwollen war.
»Lachst du etwa?«, wollte Mabel wissen und spürte, wie sich auch ihre Mundwinkel hoben. Beide Frauen fingen zu kichern an. Lu See drückte liebevoll die Hand ihrer Tochter.
»Hat Dr. Ralph dir das Bariumsulfat gegeben?«, fragte Mabel.
Lu See nickte und verzog dabei
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