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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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is auch ’ne Unmasse von Linken, die gegen die Faschisten auf die Straße gehen.«
    »Wir müssen aber zum Bahnhof. Unser Zug geht um sechs.«
    »Für zwei Schilling extra kann ich ’nen Umweg durch Kensington, über die Picadilly und dann rauf durch die Farringdon machen. Wie wär’s damit?«
    »Sehr gut.«
    Das Taxi fuhr los.
    »Diese Dinosaurierknochen waren schon toll, findet ihr nicht auch?«, strahlte Adrian.
    Pietro überprüfte im Spiegelbild der Fensterscheibe seine Frisur. »Ein Ausflug ins Museum ist immer ein bisschen, als würde man Topfschlagen spielen, nicht wahr? Es macht wirklich Spaß, aber nur, wenn es nicht allzu lange dauert.«
    Als sie am Hyde Park entlangfuhren und an der Abzweigung Queen’s Gate vorbeikamen, fiel Lu See auf, dass sich noch mehr Menschen auf den Straßen versammelt hatten als am Nachmittag. Viele Straßen waren bereits nicht mehr passierbar. In der Nähe der Kensington Gore wurde eine der Fahrbahnen von einem Doppeldeckerbus blockiert, dessen Reklameaufschrift für Schweppes Sparkling Lime warb.
    »Was ist denn da vorn los?«, fragte sie und packte Adrian am Arm. »Wer sind diese Leute?«
    »Mosleys Faschisten«, zischte Adrian unter seinem Homburg verächtlich hervor.
    »Sag dem Fahrer, er soll umkehren!«
    »Sei nicht albern, Goosey.«
    Die Stimmung auf der Straße unterschied sich deutlich von dem, was sie noch wenige Stunden zuvor beobachtet hatten. Dies hier war keine Demonstration, es ähnelte vielmehr einer Rebellion. Immer mehr unbarmherzig dreinblickende, hässliche Gesichter waren zu sehen, sie gehörten zu etwa dreißig Männern in schwarzen Hemden und mit schwarzen Kappen. Einige von ihnen verteilten die Fascist Week .
    Sum Sum starrte verwirrt aus dem Fenster. »Warum haben sie an ihr Arme die Swastikas von Hindus?«
    »Sag dem Fahrer, er soll umkehren!«, drängte Lu See Adrian noch einmal.
    »Uns wird nichts passieren.«
    Der Taxifahrer sah in den Rückspiegel. »Hier geht’s drunter und drüber, Mister. Die verflixten Rechten beschuldigen die Juden, dass sie versuchen würden, Britannien in den Krieg gegen Deutschland zu treiben. Die Linken nennen Baldwin Hitlers Marionette. Und jetzt mach’n auch noch die Gewerkschaften Ärger. Himmelherrgott, die Welt is wirklich bescheuert geworden. Sie sollten jetzt die Köpfe besser unten halten.«
    Als das Taxi an der Albert Hall vorbeifuhr, sah Lu See noch mehr düster aussehende Gestalten. »Ich habe kein gutes Gefühl, Adrian.«
    » Aiyoo sami , ein Mann dort in Schwierigkeiten«, rief Sum Sum.
    Lu See drückte ihr Gesicht an die Scheibe. In der Ferne sah sie einen Menschenauflauf. Während sie sich diesem näherten, wurde ihre Beklemmung immer größer. »Ich will nicht weiterfahren, Adrian!«
    Ein Kutschpferd scheute, trat wiehernd aus.
    »Lass uns zurückfahren, Adie!«
    Zwanzig Meter von ihnen entfernt, in einer schmalen Seitenstraße, sahen sie drei Schwarzhemden, die einen alten Mann anbrüllten, ihn zu Boden stießen, an seinem Bart und den lockigen Koteletten rissen und auf seine Kippa spuckten.
    »Anhalten!«, befahl Adrian.
    »Das is nich Ihr Ernst!«
    »Ich sagte, halten Sie den Wagen an!«
    Adrian riss sich den Homburg vom Kopf, sprang aus dem Taxi und rannte auf die Gruppe zu.
    Er packte einen der schwarz gekleideten Männer am Kragen und stieß ihn zur Seite. Mit dem Finger auf die anderen zeigend, forderte er sie auf zurückzutreten und half dem alten Mann auf die Beine. Zuerst schienen die Schwarzhemden angesichts seines Muts verwirrt zu sein, dann jedoch breitete sich auf ihren Gesichtern ein niederträchtiger Ausdruck aus.
    »Verpiss dich, du Judenfreund!«, schrie einer von ihnen. Er hatte einen blonden Schopf und eine gezackte Narbe am Kinn. »Oho«, höhnte er dann, »noch dazu ein verdammtes Schlitzauge!«
    Lu See sah voller Entsetzen, wie der Mann mit der Faust ausholte. Adrian wich einen Schritt zurück und wehrte dann den Schlag mit erhobenem Arm ab, doch einer der anderen trat ihm von hinten gegen das Knie, und Adrian knickte ein. Die Männer umkreisten Adrian wie eine Horde hungriger Krokodile.
    »Tun Sie doch etwas!«, schrie Lu See den Taxifahrer an.
    »Ich bin doch nich bescheuert! Ihr chinesischer Freund soll das mal schön allein machen!«
    Die drei Männer hatten Adrian jetzt umstellt. Sie hielten ihn an den Haaren und an seinem Mantel fest, versuchten ihn zu Boden zu zwingen. Adrian kämpfte, um sich aus ihrem Griff zu befreien, holte mit seinem Arm weit aus, während sie

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