Das Haus der tausend Blueten
warf ihr einen kurzen Blick zu. »Ich versichere dir, meine Liebe, das jeder Dummkopf eine Soße zusammenrühren kann, aber damit sie wirklich schmeckt«, er tippte sich an die Nase, »dazu ist Pietros Zauberkraft vonnöten.«
»Wie du so gut kochen gelernt?«
»Ich habe mit acht Jahren angefangen. Damals bin ich meiner Mutter in der Küche auf Schritt und Tritt gefolgt. Habe zugesehen, wie sie Teig geknetet oder Petersilie gehackt hat. Als ich dann einmal ihre rosa Schürze tragen durfte, war es endgültig um mich geschehen.«
An diesem Abend bereitete Sum Sum für Lu See und Mrs Slackford das Abendessen zu. Während der Duft von mariniertem Fleisch in der Luft hing, zündete sie Kerzen an und deckte den Tisch mit Mrs Slackfords feinem Silber.
»Was haben wir denn da?«, fragte die Hauswirtin, sichtlich verblüfft darüber, etwas auf ihrem Teller vorzufinden, das Sum Sum zubereitet hatte. Sie starrte das Essen durch ihre dicke Hornbrille, die ihr auf die Nasenspitze gerutscht war, argwöhnisch an.
»Das? Das ist Spaghetti alla Portugal Place.«
»Nun, dieses Gericht hat in der Tat keine Ähnlichkeit mit Hasenpfeffer oder Talgpudding«, sagte Mrs Slackford mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme. »Im Blauen Eber bekommt man so was jedenfalls nicht.« Sie nahm etwas davon auf die Gabel und probierte. »Aber es schmeckt.«
»Natürlich schmeckt, lah .«
»Also, ich bin wirklich sehr beeindruckt. Sie sind offensichtlich ein stilles Wasser. Dann werden Sie für Ihren Mann vermutlich ausgiebig kochen, wenn er nach seiner Dienstzeit zurückkommt. Lu See hat erzählt, dass er bei den Gurkha Rifles is. Bestimmt freut er sich schon sehr auf das Baby.«
Sum Sum presste höflich die Lippen aufeinander. Sie warf Lu See einen kurzen Blick zu. Diese kam ihr nachdenklich und in sich gekehrt vor.
»Alles in Ordnung?«, fragte Sum Sum.
Lu See zog eine Grimasse und zuckte dann verlegen mit den Schultern.
»Aiyoo, was is, lah?«
»Es ist wegen der Orgel. Ich habe Conrad P. Hughes mehrmals angeschrieben, aber ich habe bis jetzt noch keine Antwort von ihm erhalten. Dabei hatte ich ihn doch nur um einen kurzen Zwischenbericht gebeten.«
»Vielleicht hat viel zu tun.«
»So viel, dass er es nicht schafft, einer Kundin zu antworten, die bereits die Hälfte des Preises als Anzahlung geleistet hat?«
»Wie lange haben Sie schon nichts von ihm gehört?«, fragte Mrs Slackford.
»Mehrere Wochen.«
»O Mann, verdammt!« Mrs Slackford lachte bitter.
Lu See spürte, wie ihr eine Gänsehaut über die Arme kroch. Jetzt, da sie darüber nachdachte, fand sie es schon sehr merkwürdig, dass Conrad P. Hughes auf einer Anzahlung von fünfzig Prozent bestanden hatte. Was wusste sie eigentlich über ihn? Was hatte er für einen Ruf? Wie vertrauenswürdig war er?
»Ich werde am nächsten Samstag zu ihm fahren«, sagte Lu See, schlang eine Gabel voll Spaghetti hinunter und wandte sich wieder an Sum Sum. »Mach dir keine Sorgen. Ich werde der Sache auf den Grund gehen und ihm ordentlich die Meinung sagen.«
Am folgenden Samstag, als Lu See in London war, mieteten sich Pietro und Sum Sum eines der flachen Boote und verbrachten eine gemütliche Stunde auf der Cam.
Pietro überließ Sum Sum die lange Stange zum Staken. Er selbst machte es sich auf den Kissen bequem, die er aus seinem Zimmer mitgebracht hatte. In cremefarbenes Leinen gekleidet, auf dem Kopf einen steifen Strohhut mit einer Blume im Hutband, sah er aus, als wäre er einem Roman von E. M. Forster entsprungen. »Ein wunderbarer Tag, liebes Würstchen. Er erinnert dich bestimmt an Malaysia.«
»Kleines bisschen, lah .«
»Du sprichst in mein falsches Ohr, Schätzchen! Mein linkes Ohr, nicht mein rechtes.«
»Aiyoo! Dann nimm Hörrohr, lah!«
Pietro verdrehte die Augen. »Kein Grund, so zu schreien. Sag, welche Sprache sprechen die Leute bei dir zu Hause?«
»In Juru? Aiyoo, alles durcheinander.« Sie stand im hinteren Drittel des Kahns und stieß die Stange immer wieder in den Grund, verlagerte dabei das Gewicht geschickt von einem Fuß auf den anderen. Das Geräusch der kleinen Wellen, die leise an die Bootswände klatschten, wirkte beruhigend.
»Wie bei einer Bouillabaisse, meinst du?«
Sum Sum rümpfte plötzlich die Nase. Ein kaum wahrnehmbarer ordinärer Geruch zog über das Wasser. Es dauerte einen Moment, bis ihr bewusst wurde, was das war: der Geruch von Kampfer. Sie sah sich erschrocken um. Nicht weit von ihnen entfernt fütterte eine alte Dame eine Schar
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