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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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See. »Du sagst, dass du Mabel während des Krieges beschützt hast. Und jetzt, da eine neue Gefahr am Horizont auftaucht, beschließt du, einfach nichts zu tun?«
    Lu See stieß ein erschöpftes Seufzen aus. Ihre Mutter ließ nie locker, bohrte nach wie ein Zahnarzt, der sich an einem kaputten Zahn zu schaffen macht. »Ich habe nicht beschlossen, nichts zu tun, ich lasse mich nur einfach nicht vertreiben. Ich habe schließlich nichts verbrochen.«
    »Du hast für die Japaner Partei ergriffen.«
    »Ich habe niemals für sie Partei ergriffen!«
    »Was meinst du mit niemals?«, zischte ihre Mutter sie an.
    Lu See hätte sie am liebsten erwürgt. Sie wollte sie am Hals packen und schütteln. Nicht, weil sie das herausgefordert hätte. Nicht, weil sie es verdient hätte. Einfach nur, damit sie endlich den Mund hielt.
    »Ich habe für Tozawa gearbeitet, weil ich wusste, dass er uns – dich, mich und Mabel – schützen würde, und zwar vor den anderen Japanern. Es war nichts anderes als Selbsterhaltung.«
    »Wir haben hier keine Ordnung mehr. Eine einzige Anschuldigung, ein einziger Fingerzeig, und sie werden mit Fackeln kommen und dieses Haus niederbrennen. Ihr Reis kocht gerade über.«
    »Mutter, das ist doch albern! Wir müssen einfach nur Geduld haben. Die Leute werden sich schon bald wieder beruhigt haben.«
    »Geduld war noch nie deine Stärke.«
    »Die Dorfbewohner kennen uns doch. Wir sind immer gut zu ihnen gewesen.«
    »Sie haben ein verdammt schlechtes Gedächtnis. Sie haben alles vergessen, was wir vor dem Krieg für sie getan haben. Das, woran sie sich jetzt erinnern, ist, dass du für Oberst Tozawa gearbeitet hast. In seinem Haushalt.«
    »Und mehr war da auch nicht. Es war Arbeit. Einfache, ehrliche und harte Arbeit. Ich habe niemals irgendjemanden verraten. Ich habe niemanden ausgebeutet.« Lu See spielte an einer Bougainvillea-Ranke herum, aber ihre Stimme war jetzt voller Zorn. »Ich habe mit dem verdammten Mann nicht geschlafen. Ich war verdammt noch mal nie seine Geliebte!«
    »Dumm und starrköpfig, das bist du.« Ihre Mutter nahm ihre Tasse Tee vom Geländer der Veranda und ging dann ins Haus. Als sie verschwunden war, rief sie ihr aus dem dunklen Inneren noch zu: »Komm, nah, wenn du Hunger hast. Ich werde dir etwas kochen, Schluss mit dem Gerede.«
    Leichter Regen begann zu fallen. Ein jedes plitsch, platsch und plopp schien Lu See etwas sagen zu wollen. Hat Mutter recht?, fragte sie sich. Sollte ich meine Sachen packen und fliehen? Würden sie mir wirklich die Haare abschneiden?
    Lu See spürte, wie ihr das Atmen zunehmend schwerer fiel. Sie zitterte. Die Nacht wurde allmählich kühler, aber ihr war nicht kalt. Sie hatte Angst. Das Gefühl, mit dem Feuer zu spielen, ergriff von ihr Besitz. Es gab da tatsächlich etwas, was sie tun musste.
    Sie starrte in Richtung des Dorfes, aber ihr Blick ging über die kleine Ansammlung gelber Lichter in der Ferne hinaus. Sie musste die Leiche sehen.
    Irgendwo weit weg hörte Lu See das Geräusch explodierender Feuerwerkskörper.
    Oder sind das Schüsse?
    Sie war sich nicht sicher.
    Als sie die Auffahrt hinunterging, sah sie die Silhouette der Kirche, beschienen vom Licht des Dreiviertelmondes. Sie rieb sich über das Gesicht und schob ihre zitternden Hände in ihre Achselhöhlen.
    Dann ging sie über die Wiese.
    Der Narra -Baum wartete auf sie. Das hohe Gras um ihn herum war niedergetrampelt. Die Männer, die den Mann aufgeknüpft hatten, hatten ihre Fußabdrücke im schlammigen Boden hinterlassen.
    Lu Sees Herz schlug wie ein Hammer gegen ihre Rippen. Als sie sich dem Baum näherte, bemerkte sie den Schemel, den man unter ihm weggetreten hatte.
    Die Männer hatten ihn den Krähen und den Waranen zum Fraß überlassen.
    Der Körper baumelte an seinem Seil leicht hin und her. Die Schlinge lag fest um den Hals, sein Gesicht war so schief wie die Fratze eines Wasserspeiers an einer der Kathedralen, die Lu See in London gesehen hatte. Der Mund war zu einer Grimasse verzerrt, das Kinn lag auf der Brust, die Augen waren geöffnet.
    Sie starrte sein Gesicht im matten Licht des Mondes an.
    Ja, sagte sie zu sich, da ist das Muttermal. Er ist es, Kürbiskopf. Er ist wirklich tot.
    Sie machte sich auf den Rückweg. Plötzlich blieb sie stehen. Ein Schauder lief ihr über den Rücken.
    Warte! Da stimmt irgendetwas nicht.
    Sie drehte sich langsam um, dann rannte sie zu dem Baum zurück und sah wieder den höhnisch grinsenden Toten an. Das grimassenhaft verzerrte Gesicht

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