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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Abwasch …“, setzte sie an, aber Doc, der Verräter, war schneller.
    „Oh bitte, setzen Sie sich und erzählen Sie uns etwas über ihn“, forderte er sie mit einem listigen Glitzern in den blassblauen Augen auf. „Es kommt selten genug vor, dass Ihre Mutter sich nach dem Gefühlsleben ihrer Tochter erkundigt.“
    Erwischt, dachte Sophie. Geködert und an Land gezogen, und wenn sie nicht mitspielte, würde sie gleich zwei Menschen vor den Kopf stoßen. Also setzte sie ein künstliches Lächeln auf und ließ sich in einen der freien Schaukelstühle sinken, die dazu einluden, den Blick über den stillen See schweifen zu lassen.
    „Mit meinen Gefühlen hat das nichts zu tun; er ist kein junger Mann, und er ist nicht mein Liebhaber“, erklärte sie geduldig.
    „Warum hast du ihn dann geküsst?“ fragte Grace.
    „Hab ich nicht!“
    „Sie sollten Ihre Mutter nicht belügen, Sophie“, sagte Doc sanft tadelnd.
    Sophie warf ihm einen Blick zu. Dem alten Knacker macht das Spaß, dachte sie verärgert. Gut, sie fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut, aber vielleicht war das ein kleiner Preis für das wieder erwachte Interesse ihrer Mutter an der Wirklichkeit.
    „Ich
habe ihn nicht geküsst“, wiederholte sie ruhig. „Er hat
mich
geküsst.“
    Als ihre Mutter einen Triumphschrei ausstieß, klang sie fast wie die Grace von früher. „Ich wusste es! War es Liebe auf den ersten Blick?“
    „Es war keine Liebe, und auf den ersten Blick schon gar nicht. Ich habe keinen Schimmer, warum er mich geküsst hat, aber ich glaube, er wird es so schnell nicht wieder tun.“
    „Da wäre ich mir gar nicht so sicher, Sophie“, meinte Doc galant. „Wenn der Mann Augen und ein bisschen Grips im Kopf hat, ist er bestimmt von Ihnen hingerissen.“
    Sophie unterdrückte erneut einen Seufzer. Hingerissen, was? Sie stellte sich vor, wie Mr. Smith reagieren würde, wenn er wüsste, dass diese beiden Alten ihn als hingerissenen Verehrer bezeichneten – und als
ihren
jungen Mann. Das hätte vermutlich fast ausgereicht, um ihn von hier zu vertreiben.
    „An deiner Stelle würde ich mir keine Hoffnungen machen, Mama“, erwiderte sie trocken. „Mr. Smith ist nicht mein Typ, und wahre Liebe ist so ziemlich das Letzte, wonach er sucht. Ich weiß wirklich nicht, warum er mich geküsst hat, aber mit seiner Leidenschaft für mich hat es bestimmt nichts zu tun.“ Jetzt fiel ihr seine Erregung wieder ein, und sie stellte fest, dass sie schon wieder rot wurde. Nun ja, das konnte man schon als eine Form von Leidenschaft bezeichnen, oder vielleicht passierte das ja jedes Mal, wenn er eine Frau küsste, ob er sie nun mochte oder nicht. Von solchen Dingen verstand sie nichts, und wenn es nach ihr ging, würde sie diesbezüglich gerne weiter ahnungslos bleiben.
    Nein, das war nicht ganz aufrichtig. Sie war bisher einfach nicht genügend in Versuchung geführt worden. Und so ist es auch jetzt, schärfte sie sich ein, als diese zersetzende Einsicht sich in ihr auszubreiten drohte.
    „Meine Sophie ist noch immer Jungfrau“, verkündete Grace mit getragener Stimme, als müsse sie Doc von einer tödlichen Erkrankung in Kenntnis setzen. „Ich weiß nicht, was ich bei ihr falsch gemacht habe.“
    Es hätte schlimmer kommen können, dachte Sophie schicksalsergeben: Grace hätte das auch vor anderen Leuten als Doc ausposaunen können. Was wäre gewesen, wenn sie es im Beisein von Mr. Smith geäußert hätte?
    „Gut so“, lobte Doc. „Ich bin froh, dass noch Mädchen existieren, die sich nicht vor der Ehe hingeben.“
    Sophie erschauderte bei dem Gedanken. Das klang so altmodisch und verklemmt. Dabei hatte sie sich eher im Verdacht, zu gefühlsarm für eine Affäre und deshalb noch Jungfrau zu sein. „Das ist es nicht“, gab sie unumwunden zu. „Ich habe nur noch nicht den Richtigen gefunden, den ich wirklich will. Gott weiß, dass ich keineswegs vorhabe, als Jungfrau zu sterben, und ich glaube auch nicht, dass ich auf meine Hochzeitsnacht warten werde. Ich bin nur ein bisschen … wählerisch.“
    „Das ist völlig in Ordnung“, meinte Doc liebevoll. „Hören Sie nicht auf Ihre Mutter, Sophie. Tugendhaftigkeit wird heutzutage viel zu wenig gewürdigt. Bewahren Sie sich die ihre.“
    Sophie widerstand der Versuchung, einen Seufzer auszustoßen. Sie betrachtete ihre relative Unberührtheit mittlerweile weniger als Pluspunkt denn vielmehr als Bürde und hatte sich schon einige Male vorgenommen, sich dieses Makels bei der erstbesten Gelegenheit zu

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