Das Haus der toten Mädchen
entledigen. Unglücklicherweise hatte sich der jeweils erstbeste Mann dann immer aus dem einen oder anderen Grunde als unannehmbar entpuppt, und jetzt war sie die älteste Jungfrau des Northeastern Kingdom – oder gar der Vereinigten Staaten.
„Wo wir gerade von wahllosem Sex reden: Wo steckt eigentlich Marty?“ fragte sie, um das Thema zu wechseln. Grace lachte, aber Docs freundliche Miene verfinsterte sich.
„Als wir sie das letzte Mal gesehen haben, war sie hinter dem jungen Laflamme her“, sagte er. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, ihn für die Gartenarbeit anzuheuern? Er ist zweifellos ein guter Arbeiter, aber ich habe angenommen, Sie wollten Ihre verdorbene Schwester möglichst von allen Versuchungen fern halten.“
Das ging ein bisschen zu weit. Sophie durfte Marty und ihre skandalösen Angewohnheiten kritisieren, aber Doc hatte nicht das Recht, sich abschätzig über ihre kleine Schwester zu äußern.
„Sie ist nicht verdorben“, protestierte Sophie. „Nur … jung. Und was Patrick Laflamme angeht, so scheint er mir ein vernünftiger Bursche zu sein, und Marge Averill hat mir versichert, dass er sich nicht für Marty interessieren würde.“
„Er ist ein Mann“, verkündete Doc. „Schlimmer noch: auf halbem Wege zwischen Kind und Erwachsenem. Er mag ja die besten Absichten haben, aber seine Hormone werden ihn verrückt spielen lassen, so dass er praktisch keiner Versuchung mehr widerstehen kann. Ich kenne seine Familie, und er ist ein guter, kluger Junge, aber Ihre kleine Schwester könnte sogar einen Heiligen verführen.“ Nur der freundliche Tonfall nahm seinen Worten die Schärfe.
„Ich werde sie im Auge behalten. Am besten fange ich gleich damit an. Ich werde mal nachschauen, ob sie den armen Patrick schon in den Geräteschuppen geschleppt hat“, antwortete sie heiter.
„Oh, das würde sie nie tun, Sophie“, entgegnete Grace voller Ernst. „Da drinnen gibt es zu viele Spinnen. Und Geister.“
Docs Teetasse glitt auf den Verandaboden und zersprang. „Oh – tut mir Leid!“ rief er und sprang auf. „Ihr schönes Service!“
„Machen Sie sich keine Sorgen“, beruhigte ihn Sophie und hob die größeren Stücke auf. „Unser ganzes Porzellan ist wild zusammengewürfelt. Ich habe einfach zusammengekauft, was mir gefiel.“ Genau genommen hatte diese Tasse zu ihren Lieblingsstücken gehört, aber das würde sie Doc nicht verraten: Er wirkte ohnehin schon so niedergeschmettert. Sie wandte sich wieder ihrer Mutter zu. „Was hast du gesagt, Mama?“
Grace warf ihr nur ein unbestimmtes Lächeln zu. „Ich weiß nicht mehr.“
„Ich habe gerade versucht, Ihre Mutter zu überreden, in der Stadt mit uns zu essen. Rima hat sie jetzt seit einer Woche nicht gesehen und fühlt sich ein wenig einsam.“
„Du solltest hingehen, Mama. Du weißt doch, wie sehr du diese kleinen Ausflüge genießt“, redete Sophie ihrer Mutter gut zu und ging mit den Überresten der Tasse in der Hand zur Tür. „Wenn Doc dich nicht mitnehmen kann, fahre ich dich hin.“
„Ich werde Sie um fünf Uhr abholen“, kündigte Doc an. „Wenn es Ihnen recht ist, Grace.“
Grace hob gnädig die Hand, um ihre Zustimmung zu signalisieren, und wirkte einen Moment lang fast wie die junge Queen Elizabeth. Sophie verschwand in der Küche, bevor weitere heikle Themen angeschnitten werden konnten.
Sein Gesicht wurde den Erwartungen, die sein Körper weckte, voll und ganz gerecht. Marty seufzte erleichtert auf. Sie trug ihre Kontaktlinsen, war frisch geduscht und hatte ein rückenfreies Top und die knappsten Shorts angezogen, die sie besaß, um ihre langen, gebräunten Beine so richtig zur Geltung zu bringen. Sie wusste, dass sie umwerfend aussah, aber als Sophies neuer Gärtner sie mit seinen wunderschönen, glänzenden Augen anguckte, entdeckte sie nicht das geringste Interesse in seinem Blick.
„Hey“, sagte Marty. Erst hatte sie ihre hochhackigen Sandalen anziehen wollen, die die Schönheit ihrer Beine sogar noch stärker betonten, aber das war ihr denn doch ein wenig übertrieben vorgekommen. Schlichtheit war manchmal wirkungsvoller.
„Hey“, gab er zurück – nicht sehr vielversprechend. Er hatte einen umwerfenden Brustkorb, aber zu ihrem Missfallen zog er sich sofort ein T-Shirt über. „Kann ich dir helfen?“
„Ich bin Marty Davis. Du arbeitest für meine Schwester.“
„Ja“, antwortete er, offenbar noch immer nicht sonderlich angetan. „Ich habe die drei Pappeln zersägt, die der
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