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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zwischen Neapel und Palermo muß das Meer besonders jodhaltig sein …
    Auf jeden Fall fehlte nun eine Stunde im Ausflugsprogramm. Das schöne, weiße Luxusschiff war ja ein Vergnügungskreuzer, der im Mittelmeer rundherum fuhr, vielerlei Häfen anlief, den Touristen die Kultur des Altertums zeigte und den ungeheuren Fortschritt, den der Kitsch der Andenkenkultur in 2.500 Jahren entwickelt hatte. Da viele Amerikaner an Bord waren, die den Sinn ihres Europatrips nur im Sammeln von möglichst bunten Souvenirs sahen, war die Reise bisher ein voller Erfolg gewesen. Man fand sich halb auch mit der verlorenen Stunde ab, verzichtete auf die Besichtigung der Ruinen von Erice bei Trapani, zumal ja für die meisten jede Ruine im Grunde aussah wie die andere. Säulenreste, Tempelanlagen, Bäder – die man hier Thermen nannte –, Grundmauern von Villen, Mosaike mit nackten Weibern, dazwischen Andenkenbuden.
    Daß man Palermo erreicht hatte, merkte Anna unten im Schiffsleib an dem langsameren Lauf der Motoren und an dem Rückstau, den die gewaltigen Schiffsschrauben erzeugten, als man am Kai anlegte. Sie hörte den Aufprall gegen die dicken Sandsäcke und Holzstämme, hörte, wie die Gangways angelegt wurden und wie auf dem Oberdeck I die Bordkapelle einen flotten Marsch zu spielen begann.
    Anna hatte ihre wenigen Sachen schon gepackt und wartete, auf dem schmalen Bett sitzend, bis die Passagiere das Schiff verlassen hatten und mit den im Hafen bereitstehenden Bussen weggekarrt wurden. Dann stieg sie die Eisentreppen hinauf in die Sonne und sah sich um. Es gibt kaum etwas Einsameres als ein Riesenschiff, das von den Passagieren und einem großen Teil der Mannschaft verlassen worden ist. Ein paar Deckstewards räumten noch Liegestühle auf, die Wache auf der Brücke langweilte sich, und dem Matrosen an der Gangway III fiel es nicht ein, Anna zu fragen, wohin sie wolle und warum sie an Land gehe mit einer Reisetasche und einer Art Brotbeutel um den Hals.
    Als sie auf dem Kai stand und über dem Gebäude der Hafenkommandantur das Schild Palermo las, als sie der verwirrende Lärm des Hafens umfing, verspürte sie ein großes Glücksgefühl.
    Was hatte Ernesto, der daheim gebliebene Bruder, gesagt? »Wende dich nie an Leute, die höher stehen als du. Geh immer zu deinesgleichen. Die Großen belügen dich doch! Für sie bist du eine Wanze! Aber die Frau, die in Palermo Fisch verkauft, die wird dich verstehen.«
    Sie hielt sich wortgetreu daran. Und sie erfuhr ebenso eindringlich, was es heißt, sich nach Namen zu erkundigen, die man kennen muß, doch die man lieber nicht durch die Gegend schreit.
    Sie fragte eine Frau, die einen Stand mit bunten Bonbonketten und Dauerlutschern am Hafen hatte, nach Don Eugenio und wo er wohne. Die Reaktion war ihr fremd. Die Frau, eine dicke, gutmütig aussehende Mama, musterte sie, schob die Unterlippe vor, als wolle sie das Mädchen anspucken, und antwortete dann abweisend: »Geh weiter. Los! Melde dich in der Clinica Santa Barbara. Da haben sie ein paar Zimmer für Verrückte.«
    »Ich muß zu ihm«, sagte Anna ruhig. »Nonna, ich bin extra deswegen nach Palermo gekommen.«
    »Woher?«
    »Von Sardinien. Aus den Bergen. Don Eugenio ist doch ein großer Mann in der Stadt, nicht wahr? Wo wohnt er?«
    »Was willst du von ihm?«
    »Ich möchte bei ihm arbeiten.«
    »Verrückt! Verrückt!« Die gute, dicke Mama mit ihren bunten Bonbonketten lachte rauh. »Total verrückt. Wenn alle Mädchen von Sardinien nach Palermo kämen, um bei Dr. Soriano zu arbeiten … Verrückt!«
    »Ich danke, Nonna.« Anna machte einen Knicks und ging weiter, hinein in den Lärm der Stadt. Sie wußte nun schon etwas mehr. Don Eugenio hieß Dr. Soriano. Sie blieb mitten auf der großen Piazza am Hafen stehen und breitete die Arme weit aus, als könne sie Palermo umarmen. Noch nie hatte sie eine so große Stadt gesehen, so hohe Häuser, so prächtige Parkanlagen, so viele Autos, eine solche Menge gut angezogener Menschen. Die Welt könnte wirklich schön sein, wenn es keine Mörder gäbe wie jenen Mann, der Luigi mit einem Messer aufgeschlitzt hatte.
    Dr. Soriano.
    Anna fragte den nächsten Polizisten, der gelangweilt an einer Straßenecke stand und sich von dem Gewimmel um sich herum nicht aus der Ruhe bringen ließ.
    »Der Rechtsanwalt?« fragte er zurück.
    »Ja«, sagte Anna. Sie sagte einfach ja, weil sie spürte, ein so großer, mächtiger Mann müsse auch einen imponierenden Beruf haben.
    »Corso Vittorio Emanuele.« Der

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