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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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nicht, Mistress. Der Mörder
wird gefunden, und dann tanzt er seinen letzten Tanz auf dem
Schafott zu Tyburn.«
    »Euer
Vater«, unterbrach Athelstan, »schien große Angst
zu haben, Mistress Philippa. Er ist aus seinem gewohnten Quartier
ausgezogen und hat sich in der Nordbastion verrammelt. Warum? Wovor
hat er sich gefürchtet?«
    Seltsames Schweigen
senkte sich über die Gruppe.
    »Ich habe eine
Frage gestellt«, sagte Athelstan leise. »Wovor hatte
Sir Ralph solche Angst, daß er sich in eine Kammer
einschloß, den Sold seiner Wachen verdoppelte und jeden, der
zu ihm kam, durchsuchen ließ? Wem war an Sir Ralphs Tod
so viel
gelegen, daß er in finsterer Nacht einen gefrorenen
Wassergraben überquerte, an der Außenwand des Turmes
hinaufkletterte und in eine bewachte Kammer eindrang, um einen
scheußlichen Mord zu begehen?«
    »Den
Rebellen!« rief Colebrooke. »Verräter wollten
einen Mann beseitigen, der den jungen König bis zum letzten
Blutstropfen verteidigen würde.«
    »Unsinn!«
erwiderte Athelstan knapp. »Seine Gnaden, der Regent John von
Gaunt, wird, wie Ihr selbst schon sagtet, Master Colebrooke, einen
Nachfolger ernennen, der in seiner Loyalität nicht weniger
glühend ist.«
    »Mein Vater war
etwas Besonderes!« platzte Philippa heraus.
»Mistress.« Athelstan lenkte ihren
tränenverschleierten Blick auf sich. »Gott weiß,
daß Euer Vater etwas Besonderes war, in seinem Leben wie in
seinen Geheimnissen. Ihr wißt etwas - warum erzählt Ihr
es uns nicht?«
    Das Mädchen
schlug die Augen nieder. Sie zog die Hand unter ihrem Umhang hervor
und warf ein vergilbtes Stück Pergament auf den Tisch.
»Das hier hat das Leben meines Vaters verändert«,
stammelte sie. »Nur der Himmel weiß, warum!«
Athelstan griff nach dem Pergament und schaute rasch in die Runde.
Die Hospitaliter wirkten plötzlich angespannt. Insgeheim
mußte er lächeln. Gut, dachte er. Jetzt lüftet sich
das Geheimnis.

4. Kapitel
    Das Pergament war
fettig und trug Fingerspuren. Es maß sechs Zoll im Quadrat;
ein Dreimaster war roh in die Mitte und in jede Ecke ein dickes
schwarzes Kreuz gezeichnet.
    »Ist das
alles?« fragte Athelstan und reichte das Pergament
zurück.
    Das Mädchen
straffte sich. Ihre Unterlippe zitterte, und ihre Augen schwammen
in Tränen.
    »Da war doch
noch etwas«, stellte Athelstan fest. »Nicht
wahr?« Philippa nickte. Geoffrey nahm ihre Hand und
streichelte sie sanft wie die eines Kindes.
    »Da war noch ein
Sesamkuchen.«
    »Was?»
bellte Cranston.
    »Ein kleiner
Sesamkuchen, wie ein Biskuit, und schmutziggelb.«
    »Was ist daraus
geworden?« fragte Cranston.
    »Ich habe
gesehen, wie mein Vater oben an der Brustwehr entlangging. Er
wirkte sehr aufgeregt, holte weit aus und warf den Kuchen in den
Wassergraben. Danach war er ein anderer Mensch, hielt jeden von
sich fern und bestand darauf, in die Nordbastion
umzuziehen.«
    »Stimmt
das?« fragte Cranston die anderen.
»Selbstverständlich!« fauchte der Kaplan.
»Mistress Philippa ist doch keine
Lügnerin.«   
    »Nun,
Pater?« fragte Cranston seidig, »hat Sir Ralph Euch
seine Geheimnisse anvertraut?« Er hielt eine fette Hand in
die Höhe. »Ich kenne das Siegel der heiligen Beichte.
Ich frage nur: Hat er sich Euch anvertraut?«
    »Das glaube ich
kaum«, warf Colebrooke hämisch ein. »Sir Ralph hat dem Kaplan
gewisse Fragen gestellt, was Vorräte und Lebensmittel anging,
die anscheinend verschwunden sind.« Der Priester fuhr herum,
und seine Lippen kräuselten sich wie die Lefzen eines
wütenden
Hundes.        
    »Hütet Eure
Zunge, Lieutenant!« schnarrte er. »Sachen sind
verschwunden, das stimmt. Aber das heißt nicht, daß ich
der Dieb bin. Schließlich haben noch andere Zugang zum
Wardrobe Tower«, fügte er vielsagend hinzu.
    »Was soll das
heißen?« rief Colebrooke.
    »Ach, seid schon
still!« befahl Cranston. »Hier geht es nicht um
Lebensmittel, sondern um das Leben eines Menschen. Ich frage Euch
alle: Bei Eurer Treue zum König - hier geht es vielleicht um
einen Hochverrat -, hat Sir Ralph sich einem von Euch anvertraut?
Sagt dieses Pergament einem von Euch etwas?« Ein vielfaches
»Nein« ertönte, aber Athelstan sah, daß die
Hospitaliter beiseite blickten, als sie ihre Antwort murmelten.
»Hoffentlich sagt Ihr auch die Wahrheit«, meinte
Cranston bissig. »Vielleicht wurde Sir Ralph von
Bauemführem ermordet, die einen Aufstand planen. Euer Vater,
Mistress Philippa, war ein naher Freund und treuer Verbündeter
des Hofes.«
    Athelstan

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