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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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gem.«
    »Wir würden
natürlich unsere Abgaben zahlen.«
    »In was?«
johlte Cranston. »In Ratten? Ein Zehntel eures Fangs?«
Ranulf warf dem Coroner einen scharfen Blick zu, aber Cranston bog
sich bereits im Sattel und lachte unbändig über seinen
eigenen Witz.
    »Ich finde die
Idee ausgezeichnet«, sagte Athelstan leise. »Wir werden
uns noch darüber unterhalten. Du hast meine
grundsätzliche Zustimmung, Ranulf, aber im Augenblick sind Sir
John und ich sehr beschäftigt mit anderen Dingen. Wenn du
vielleicht unsere Pferde in den Stall bringen und ihnen ein wenig
Heu geben könntest…«
    Der Rattenfänger
nickte heftig, packte die Zügel von Sir Johns Pferd und
verschwand damit in der Dunkelheit. Philomel folgte ihm etwas
flotter als üblich; er spürte, daß die Futterzeit
nahte. Athelstan führte Cranston um die Kirche, blieb stehen
und bat den Coroner zu warten, damit er eine Fackel holen
könne. Er lief zum Pfarrhaus, nahm eine aus der Wandhalterung,
zündete sie an und lief zurück, bevor die Flüche des
Coroners allzu deutlich hörbar
wurden.        
    Sie betraten den
Friedhof. Selbst zur Sommerzeit war es ein düsterer Ort. Jetzt
lag er unter einem Schneeteppich, und die Äste der Eiben
spreizten sich wie große, weiße Krallen über den
einsamen Erdhügeln, den plumpen Kreuzen und
zerbröckelnden Grabsteinen. Athelstan fühlte sich
mutterseelenallein. Gespenstische Stille hing wie eine Wolke
über dem Land, und selbst der Wind wehte leiser. Die
Bäume standen regungslos. Kein Nachtvogel war zu hören.
Hier und dort wirkten die Schatten bedrückend und finster, wie
unheimliche Verstecke, in denen Dämonen oder böse Geister
lauerten. Athelstan hob die Fackel in die Höhe, und Cranston
schaute sich auf dem düstersten aller Gottesäcker
um.
    »In drei Teufels
Namen, Athelstan!« zischelte er. »Wer kommt mitten in
der Nacht hierher und reißt Leichen aus der letzten
Ruhestätte? Wo sind die Gräber?«
    Athelstan zeigte ihm
die flachen Löcher im Boden. Die Erde türmte sich zu
beiden Seiten, als hätte irgendeine wahnsinnige Kreatur die
Leichname mit bloßen Klauen hervorgewühlt. Cranston
kniete am Rande einer Grube nieder und pfiff leise durch die Zähne. Er
blickte hoch, und sein fettes Gesicht schien im Fackelschein zur
Grimasse verzerrt.
    »Bruder, du
sagst, nur die Leichen von Bettlern und Fremden wurden
gestohlen?«
    »Ja, Sir
John.«
    »Und wie sind
sie beerdigt worden?«
    »Der Leichnam
wird in Segeltuch gehüllt und auf einem Stück
Korbgeflecht in den Gemeindesarg gelegt. Während der
Totenmesse wird dieser mit einer purpurnen Schabracke bedeckt, und
wenn der Körper in die Erde gesenkt wird, bleibt der Sarg
zurück.«
    »Und ihr habt
keine Spur von den Grabräubem gefunden?«
    »Keine
einzige.«
    Cranston stand auf und
wischte sich den Schneematsch von den Händen. »Wir haben
drei Möglichkeiten, Bruder. Erstens: Es könnte ein
makabrer Scherz sein. Manche unserer gelangweilten, reichen jungen
Stutzer finden es komisch, einem Freund eine solche Leiche ins Bett
zu legen. Aber in letzter Zeit hat man nichts von einem solchen
üblen Streich gehört. Zweitens: Es könnten Tiere
gewesen sein, vierfüßige oder menschliche. O ja«,
fügte er leise hinzu, als er Athelstans schockiertes Gesicht
sah, »beim Militär in Frankreich habe ich solche
Abscheulichkeiten in der Gegend von Poitou gesehen.« Er
stampfte mit den Füßen und blickte hinauf zu den dunklen
Umrissen der Kirche. »Aber nicht einmal in Southwark kann
jemand so verkommen sein. Und schließlich sind da noch die
Satanisten, die Astrasoi, die unter einem bösen Stern geboren
sind.« Er zuckte die Achseln. »Aber von solchen Leuten
weißt du mehr als ich, Bruder. Die Leiche mag als Altar
benutzt worden sein, oder man hat ihr das Blut abgezapft, um einen
Dämon heraufzubeschwören. Oder sie brauchen eines der
Gliedmaßen. Hast du schon von der ›Hand der
Herrlichkeit‹ gehört?«
    Athelstan
schüttelte den Kopf.
    »Nun, da wird
einem Leichnam die Hand abgehackt. Der Name desjenigen, dem die
Hexe oder der Hexenmeister schaden will, wird auf einen Zettel
geschrieben und zwischen die Finger geschoben. Dann wird die Hand
beim ersten Schlag der Mitternachtsstunde am Fuße eines
Galgens vergraben.«
    Athelstan rieb sich
das Gesicht. »Aber wie kann ich einem solchen Frevel ein Ende
machen, Sir John? Die Gemeindediener und Büttel kümmert
es nicht. Niemand will unseren Friedhof bewachen.«
    »Ich werde
sehen, was ich tun kann«, sagte

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