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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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ebenso
wie ich.« Athelstan starrte ihn sprachlos an. So hatte er
Cranston noch nie gesehen. Der Coroner hätte längst aus
vollem Hals irgendein lästerliches Lied singen und dem Wirt
Beschimpfungen an den Kopf werfen oder Athelstan drängen
müssen, mit ihm nach Hause zu kommen.
    Sie stiegen auf ihre
Pferde, ritten still zum verschneiten Billingsgate hinauf und dann
nach links in die Zuführung zur London Bridge. Dort wimmelte
es von Menschen, obwohl der kalte Wind einem in Gesicht und
Hände biß. Unter verhangenem Himmel bewarfen sich ein
paar Jungen mit Schneebällen und kreischten vor Lachen, wenn
sie trafen. Ein Bettler ohne Beine zog sich auf Brettern durch den
Matsch. Ein paar zerlumpte Fährleute standen murrend am Ufer
des zugefrorenen Flusses und fluchten über das Wetter, das
ihnen ihren Lebensunterhalt genommen hatte. Mützen und Kapuzen
tief ins Gesicht gezogen, drängten andere stadteinwärts
oder überquerten zusammen mit Athelstan und Cranston die
schmale, eisbedeckte Brücke nach Southwark.
    Der Coroner
zügelte plötzlich sein Pferd und drehte sich nach einer
Schar dunkler Gestalten um, die eben vorübergehuscht waren.
War es eine Gruppe gewesen oder eher eine Handvoll einzelner, die
aus Bequemlichkeit und Sicherheit zusammen unterwegs waren? Er war sicher,
Lady Maude unter ihnen gesehen zu haben, wie sie mit blassem
Gesicht unter ihrer Kapuze hervorgelugt hatte. Aber was wollte sie
in Southwark? Außer Athelstan kannte sie dort niemanden, und
an so einem Wintertag war Southwark ein gefährlicher
Ort.
    »Sir John, ist
alles in Ordnung?«
    Cranston blickte noch
einmal der kleinen Gruppe nach, die in der Dunkelheit verschwand.
Sollte er zurückreiten? Aber dann kam ein großer Karren
mit eisenberingten Rädern krachend vorbei, die Leute hinter
Cranston begannen, zu murren und zu stöhnen. Der Coroner gab
seinem Gefährten zu verstehen, sie sollten weiterreiten. Beide
überquerten die Brücke, kamen auf der anderen Seite am
Priorat von St. Mary Overy vorbei und nahmen die Hauptstraße
nach Southwark. Sie ritten durch enge Gassen, vorbei an
großen, vierstöckigen Häusern und den wackligen
Hütten und Verschlägen der Arbeiter und Handwerker. Dem
Coroner drang der stechende Geruch von Hundepisse in die
Nase.
    Athelstan zog sich die
Kapuze dichter ums Gesicht, um dem Anblick des verfaulenden Abfalls
zu entgehen, den weggeworfenen Essensresten und menschlichen
Exkrementen aus den Nachttöpfen, die morgens geleert wurden,
und dem Kehricht aus den Häusern, die von ihren Bewohnern
jetzt für die Festtage geputzt wurden. Southwark kam freilich
nie zur Ruhe. Die Handwerker und Kätner gingen unablässig
ihren Berufen nach: Lichtzieher kochten Schweinefett zu Talg,
Abdecker, Käsehändler, Mützenmacher und Schmiede
gingen ihrem Tagwerk nach, und abends, wenn die Läden
schlossen, kamen die grobknochigen Gauner der Unterwelt hervor und
suchten zwischen Bordellen und Garküchen am Ufer der Themse
nach leichter Beute. Aber niemand kam Cranston oder Athelstan zu
nahe. Der Bruder war überall hochgeachtet und Cranston
gefürchteter als der Oberrichter persönlich.
    St. Erconwald lag im
Dunkel; Athelstan sah erfreut, daß Watkin die Lichter
gelöscht hatte. Er wollte gerade Sir John durch die Pforte zum
Pfarrhaus geleiten, als eine dunkle Gestalt aus dem Schatten
hervorsprang und Philomel beim Zaumzeug packte. Athelstan blickte
in ein langes, bleiches Gesicht unter einer teerschwarzen
Kapuze.
    »Ranulf, um
Gottes willen, was ist los?«
    »Pater, ich habe
den ganzen Nachmittag auf Euch gewartet.«
    »Sag ihm, er
soll verschwinden, Athelstan! Mir ist kalt!«
    »Kümmere
dich nicht um Sir John«, sagte Athelstan beruhigend.
»Was willst du, Ranulf?«
    Der Rattenfänger
leckte sich die blutleeren Lippen.
    »Ich habe eine
Idee, Pater. Ihr wißt doch, daß die großen
Zünfte drüben am anderen Ufer ihre eigenen Kirchen haben.
St. Mary Le Bow für die Seidenhändler, St. Paul für
die Pergamentmacher.«   
    »Ja.
Und?«
    Der Rattenfänger
schaute flehentlich.
    »Weiter, Ranulf.
Was willst du?«
    »Na ja, Pater,
ich und die anderen Rattenfänger haben uns gefragt, ob St.
Erconwald nicht die Kirche unserer Zunftbruderschaft sein
könnte.«
    Athelstan
unterdrückte ein Lächeln, warf einen Blick in Cranstons
finsteres Gesicht und raffte die Zügel in der
Faust.
    »Die
Bruderschaft der Rattenfänger, Ranulf? Mit St. Erconwald als
Zunftkirche und mir als Kaplan?«
    »Ja,
Pater.«
    Athelstan stieg ab.
»Aber

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