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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Ecke einer Gasse. Der
dunkle Schankraum war beherrscht von einem mißmutigen
Cranston, der mit dem Rücken zur Wand auf einer Bank hockte.
Die leeren Ale-Krüge, die vor ihm auf dem Tisch standen,
ließen den Coroner wie einen erbosten, von Votivopfem umgebenen
Bacchus aussehen. Athelstan ging auf ihn zu, und Cranston fixierte
ihn.
    »Wo hast du
gesteckt?« fauchte der Coroner.
    »Ich bin
gekommen, so schnell ich konnte.«
    »Das war nicht
schnell genug!«
    Athelstan betete im
stillen um Geduld und setzte sich Sir John gegenüber auf einen
Schemel. Das Aussehen des Coroners machte ihm Sorgen. Cranston war
ein Trinker, aber meist eine joviale Seele, sich seiner
Sünden, Fehler und Unzulänglichkeiten bewußt und
deshalb tolerant gegen die der anderen. Jetzt wirkte er regelrecht
unheimlich; mit blitzenden Augen sah er sich ständig um, als
hoffe er auf Streit. Seine Lippen bewegten sich lautlos, und sogar
sein weißer Schnurrbart bebte vor innerer Raserei.
    »Willst du Wein,
Priester?«
    »Nein, Sir John,
und ich glaube, Ihr habt auch genug.«
    »Du kannst mich
mal!«
    Athelstan beugte sich
vor. »Sir John, bitte, was ist los? Vielleicht kann ich
helfen?«
    »Kümmere
dich um deinen eigenen Kram.«
    Athelstan hustete und
wich zurück. »Das wird ein sehr anstrengender Tag
werden«, sagte er leise. »Ihr sagtet, der
Bürgermeister und die Sheriffs wollten uns
sprechen?«
    »Sie haben mit
mir gesprochen. Sie hatten keine Lust, auf dich zu
warten.«   
    »Und was haben
sie gesagt, Sir John?« fragte Athelstan
unschuldig.
    Der Coroner
schüttelte sich und grinste Athelstan beschämt an.
»Verzeih mir, Bruder«, murmelte er. »Eine
schlechte Nacht… ich habe Kopfschmerzen.«
    Und eine miese Laune
dazu, dachte Athelstan, hielt es aber für klüger, den
Mund zu halten. Sir John würde schon noch reden. Cranston
nagte an seiner Unterlippe und starrte wütend in eine Ecke, wo eine dicke
Ratte in der schmutzigen Binsenstreu an einem großen,
blutigen Fettklumpen nagte. »Ist es die schwarze oder die
braune Ratte, die Krankheiten überträgt?« wollte er
plötzlich wissen.
    Athelstan folgte
seinem Blick und schüttelte sich angewidert. »Ich
glaube, beide. Deshalb werde ich hier nichts essen, Sir John, und
ich schlage vor, Ihr tut es auch nicht. Aber sagt mir doch, was
passiert ist.«
    »Im Tower hat es
weiteres Blutvergießen gegeben. Sir Gérard Mowbray,
der ebenfalls eine Todeswamung bekommen hatte, ist auf der Mauer
ausgerutscht und abgestürzt.«
    »Und?«
    »Etwa um die
Zeit seines Todes wurde die große Sturmglocke des Tower
geläutet, und die Garnison glaubte, der Tower werde
angegriffen.«
    »Aber er wurde
nicht angegriffen«, sagte Athelstan. »Und bestimmt gibt
es keine Spur von einem Glöckner.«
    »Anscheinend
nicht.«
    »Was wollte denn
der Bürgermeister?«
    Athelstan sprang auf,
als ein wilder Kater aus dem Schatten hervorschoß, die Ratte
am Bein packte und das quiekende Tier in die Mitte des Raumes
zerrte.        
    »Herrgott noch
mal!« brüllte Cranston den Wirt an.
    Der Bursche kam
herüber, schwenkte einen Besenstiel, und der Kater
flüchtete, die Beute im Maul, die hölzerne Wendeltreppe
hinauf. Cranston griff nach seinem Ale-Krug, dachte an die Ratte
und knallte ihn wieder auf den Tisch.
    »Der
Bürgermeister, mein lieber Athelstan, hatte folgendes auf dem
Herzen: Sir Adam Horne, Bürger, Ratsherr und enger Freund des
verstorbenen Sir Ralph, hat die Zeichnung einer dreimastigen Kogge
erhalten, und dazu einen kleinen, flachen
Sesamkuchen.«
    »Und wo ist
Horne jetzt?«
    »In seinem
Speicher unten an der Themse. Seine Frau hat dem Bürgermeister
davon erzählt, nicht er. Die Nachricht und der Kuchen wurden
ihr anonym gebracht. Sie hat beides ihrem Mann gegeben und war von
seiner Reaktion schockiert. Er wurde bleich und krank wie nach
einem plötzlichen Anfall.«
    »Wann war
das?«
    »Heute
vormittag. Die Frau ist sofort zu einem der Sheriffs gelaufen. Den
Rest kennst du.«
    »Lady Horne hat
sehr schnell gehandelt.«
    »Ja, auch der
Bürgermeister ist mißtrauisch. Er glaubt, daß Lady
Horne mehr weiß, als sie zugibt.«
    Athelstan schaute zur
Tür; eine Horde Hausierer mit verschrammten
Umhängetabletts drängte herein und brüllte wüst
nach Ale. Ein einäugiger Bettler folgte, und für einen
Penny war er bereit zu tanzen. Der klapperdürre, in schmutzige
Lumpen gehüllte Körper hüpfte grotesk und unter dem
höhnischen Gelächter der Kesselflicker von einem
Fuß auf den anderen. »Ist es nicht

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