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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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das ist äußerst unfair.
Warum solche Tricks?« Fitzormonde blickte auf, und seine
Augen schimmerten feucht. »Das ist kein Firlefanz«,
sagte er. »Vater, ich will beichten. Ihr müßt mir
die Beichte abnehmen. Ich bin ein Sünder in periculo
mortis.«
    Athelstan seufzte. Sir
Brian hatte recht. Das kanonische Recht war in dieser Frage
überaus streng: Ein Priester war verpflichtet, einem Menschen,
der sich in Todesgefahr glaubte, die Beichte abzunehmen. Abzulehnen
wäre eine schreckliche Sünde gewesen. »Also
gut«, flüsterte
Athelstan.        
    Wieder machte Sir
Brian das Kreuzzeichen.
    »Segne mich,
Vater, denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte liegt
viele Jahre zurück, und ich bekenne im Angesicht Gottes und
voller Hoffnung auf seine göttliche Gnade im Herannahen des
Todes.«
    Athelstan schloß
die Augen. Er lauschte der Litanei der Sünden: unreine
Gedanken und Taten, die Gelüste des Fleisches, Habgier,
Ungeduld, üble Reden und kleinlicher Zank, der in jeder Gemeinschaft vorkommt.
Sir Brian sprach von seinem Kampf gegen die Sünde, von seinem
Willen, Gutes zu tun, von seinem beständigen
Scheitern.
    Als erfahrener
Beichtvater sah Athelstan, daß Sir Brian ein guter, aber tief
verstörter Mann war. Endlich war der Hospitaliter fertig; er
ließ sich auf die Fersen sinken, hielt aber den Kopf
gesenkt.
    »Ich bin ein
Sünder, Vater«, flüsterte er.
    »Gott
weiß, daß wir alle Sünder sind, Sir Brian«,
antwortete Athelstan. »Jene, die begreifen, daß sie
Sünder sind, beichten und bemühen sich, nach dem Guten zu
streben. Ihr seid einer von ihnen. Andere sind wie die
Pharisäer; Ihnen kann man nicht vergeben, denn sie glauben,
nie etwas Unrechtes zu tun.« Athelstan beugte sich vor.
»Wollt Ihr jetzt die Absolution?« Er hob die Hand.
»Te absolvo«, intonierte er. »Ich spreche dich
los von deinen Sünden.«
    »Halt!«
Sir Brian hob den Kopf, und Athelstan sah Tränen auf den
bleichen, hageren Wangen.
    »Da ist noch
mehr?« fragte er sanft.
    »Natürlich
ist da noch mehr!« keuchte Fitzormonde. »Ich bin ein
Mörder, Vater. Ein Meuchelmörder. Ich habe meinem Freund
das Leben genommen. Nein! Nein!« Er schüttelte den Kopf,
als rede er mit sich selbst. »Ich habe an einem Mord
teilgehabt. Ich habe weggesehen.«
    Athelstan versuchte,
das Kribbeln der inneren Erregung zu verbergen, die tiefe Neugier
eines Priesters, der in der Beichte sieht, wie eine Seele sich
entblößt.
    »Wer wurde
ermordet?« fragte er leise.
    Sir Brian
schüttelte den Kopf und schluchzte wie ein Kind.
    »Sir
Brian.« Athelstan klopfte ihm leicht auf die Schulter.
»Setzt Euch, Mann! Los, setzt Euch hin!«
    Sir Brian ließ
sich auf die Bank fallen. Athelstan schaute sich in der Kammer um
und entdeckte auf der Truhe Weinkrug und Becher. Er stand auf, füllte
einen Becher und drückte ihn Fitzormonde in die
Hand.
    »Das
Kirchenrecht«, meinte er lächelnd, »verbietet
nicht, daß man während der Beichte etwas trinkt.«
Er wischte sich die schweißfeuchten Hände an der Kutte
ab. »Oder, um mit dem heiligen Paulus zu sprechen: Nehmt um
des Magens willen ein wenig Wein zu euch.«
    Sir Brian nahm einen
Schluck und lächelte. »Aye, Vater«, sagte er,
»und, wie die Römer sagten, in vino veritas. Im Wein
liegt Wahrheit.«
    Athelstan nickte, zog
seinen Schemel heran und setzte sich. »Erzählt mir, Sir
Brian, die Wahrheit über diesen Mord, in Euren eigenen Worten
und so, wie Ihr wollt.«
    »Es war vor
vielen Jahren«, begann Fitzormonde. »Ich war ein wilder
junger Mann, ein Ritter, der davon träumte, Kreuzfahrer zu
werden. Meine Freunde waren alle ähnlich gesonnen. Wir kamen
alle aus London oder aus der Umgebung: Ralph Whitton, Gérard
Mowbray, Adam Horne und …« Seine Stimme versagte.
»Und wer?«
    »Unser
Anführer, Bartholomew Burghgesh aus Woodforde in Essex.«
Fitzormonde holte tief Luft. »Der Krieg in Frankreich war
vorüber. Du Guesclin erneuerte die französische Armee,
unser alter König wurde allmählich tatterig, und in
Frankreich wurden englische Schwerter nicht länger gebraucht;
also reisten wir nach Outremer. Wir boten unser Schwert dem
König von Zypern an. Zwei Jahre verbrachten wir dort, und wir
badeten in Blut. Schließlich entließ uns der
zypriotische König aus seinen Diensten, und wir hatten nichts
außer unserer Kleidung, den Pferden, Rüstungen und den
Wunden aus den Schlachten. Da wurden wir Söldner im Heer des
Kalifen von Ägypten.«
    »Ihr
alle?« fragte Athelstan.
    »Ja, ja. Wir
waren

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