Das Haus des roten Schlächters
nicht
sagen.«
Athelstan ergriff das
Handgelenk des Mannes und zwang ihn aufzublicken. »Habt Ihr
jetzt alles gebeichtet, Sir Brian?«
»Alles, was ich
weiß.«
»Und das
Pergament?«
»Soll uns an das
Schiff erinnern, auf dem Bartholomew segelte.«
»Und die vier
Kreuze?«
»Stehen für
Bartholomews vier Gefährten.«
»Und der
Sesamkuchen?«
Fitzormonde seufzte.
»Eine Erinnerung daran, daß Bartholomew uns vor den
Assassinen gerettet hat, und eine Warnung vor unserem eigenen
nahenden Tod.«
»Wißt Ihr,
wer Sir Ralph und Sir Gérard ermordet hat?«
»Bei Gott, ich
weiß es nicht!«
»Könnte es
sein, daß Bartholomew noch lebt?«
»Das wäre
möglich.«
Athelstan starrte an
die weißgekalkte Wand. »Was ist mit Bartholomews Sohn?
Der dürfte inzwischen ein junger Mann sein.« Fitzormonde
zuckte die Achseln. »Daran habe ich auch schon gedacht. Aber
ich habe mich erkundigt: Der junge Burghgesh ist in Frankreich
gefallen. Vater, was soll ich zur Buße tun?« Athelstan
hob die Hand und sprach die Absolution; dabei machte er ein
ausladendes Kreuzzeichen über Fitzormondes gesenkten Kopf. Sir
Brian blickte auf.
»Meine
Buße, Vater?« wiederholte er.
»Eure Buße
ist die Schuld, die Ihr getragen habt. Außerdem sollt Ihr
für Burghgeshs Seele und auch für Sir Gérard und
Sir Ralph beten. Und noch etwas.«
»Ja,
Vater?«
»Ihr sollt
hinuntergehen und vor Sir John wiederholen, was Ihr gebeichtet
habt.«
»Er wird mich
wegen Mordes verhaften!«
Athelstan grinste.
»Sir John ist ein alter Soldat und, wenn er nüchtern
ist, ein eifriger Erforscher des menschlichen Herzens. Er hat mehr
Mitgefühl in seinem kleinen Finger als mancher Priester. Er
wird Euch anhören und dann wahrscheinlich nach einem Becher
Wein brüllen.«
Fitzormonde ging
hinaus und machte die Tür leise hinter sich zu. Athelstan trat
ans Fenster und schaute hinaus; geistesabwesend betrachtete er die
große Sturmglocke, die an ihrem eisverkrusteten Seil
über der schneebedeckten Wiese hing. Die Sonne ging gerade
unter, und die Glocke schimmerte wie Silber. Als Athelstan sich
umdrehte, sah er Fitzormonde mit Cranston sprechen. Der Coroner
nickte und hörte sich aufmerksam an, was der Hospitaliter zu
gestehen hatte.
Athelstan ging langsam
zurück zu Philippas Gemach, aber dort war niemand. Er dachte
über das nach, was Fitzormonde ihm berichtet hatte. Erstens,
die Morde an Sir Ralph und Mowbray hingen zusammen mit jenem
schrecklichen Verrat, der vor so vielen Jahre auf Zypern begangen
worden war. Zweitens, und hier schauderte es Athelstan, würde
es weitere Morde geben. Er packte sein Schreibzeug zusammen und
dachte über die anderen Möglichkeiten nach. Erstens,
Burghgesh konnte überlebt haben und zurückgekommen sein,
um Rache zu üben. Zweitens, jemand anders, vielleicht
Burghgeshs Sohn, war zurückgekommen, um die Mörder seines
Vaters für ihre Tat büßen zu lassen. Aber in jedem
Fall blieb die Frage: Wie hatte der Täter in den Tower
gelangen, auf mysteriöse Weise die Sturmglocke läuten und
Mowbrays Sturz arrangieren können? Der Mord an Sir Ralph
Whitton war eine simple Sache verglichen mit den verzwickten
Umständen von Mowbrays Tod. Athelstan rieb sich das Kinn und
erinnerte sich, daß er Benedicta versprochen hatte, sie vor
dem Fleet-Gefängnis zu treffen, wo Simon, der Zimmermann,
seine letzte Nacht auf Erden verbringen würde. Der Gedanke an
Benedicta ließ ihn lächeln. Die Beziehung zwischen ihnen war
ruhiger geworden, sanfter; dann mußte er an Doktor Vincentius
denken, und er hoffte, der Arzt werde sie nicht umgarnen.
Athelstans Lächeln wurde breiter. Da stand er nun, ein
Ordensbruder, ein Priester, ein Mann, der Keuschheit gelobt hatte,
und war eifersüchtig wegen einer Frau, die doch nur seine
Freundin sein durfte.
Er schüttelte
diese Gedanken ab und sah sich um. Die Morde… Wer kam
dafür in Frage? War es einer aus der Gruppe? Nicht Fitzormonde
- aber vielleicht Horne, der Kaufmann? Oder Colebrooke, der Sir
Ralphs düstere Vergangenheit aufgedeckt hatte und nun unter
dem Deckmantel der Rache für vergangene Verbrechen seinen
eigenen Ehrgeiz verbarg? Athelstan legte sich den Mantel um die
Schultern, nahm sein Schreibzeug und betrachtete die schöne
Stickerei auf der Stuhllehne. Natürlich - so schrecklich diese
Vorstellung auch sein mochte, Mistress Philippa war kühl und
beherrscht genug, um einen Mord zu begehen, und Parchmeiner konnte
durchaus ihr Komplize sein. Hammond, der Kaplan, hegte genug Groll,
und Sir
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