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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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mädchenhaftes Gesicht. »Seid Ihr eigentlich
in London geboren?« erkundigte er sich und versuchte, das
Pergament auf Parchmeiners Tisch zu entziffern.
    »Nein, Bruder.
Meine Familie ist aus Wales, wie man an meiner Haarfarbe sieht. Sie
ist nach Bristol gezogen, und mein Vater handelte in einem Laden
unter der Kathedrale mit Pergamenten und Velin. Als er starb, zog
ich nach London.« Geoffrey nahm das Pergament zur Hand.
»Meine Schwester, die inzwischen verheiratet ist, lebt immer
noch dort; sie schreibt mir gerade, daß sie zu Weihnachten
kommen will. Sie, ihr Gemahl« - seine Miene zeigte gespielte
Feierlichkeit - »und ihre große Kinderbrut werden ein
wenig Leben in den Tower bringen.« Er sah Sir John an.
»Mylord Coroner, habt Ihr sonst noch
Fragen?«
    Sir John
schüttelte den Kopf. »Nein, Sir,
keine.«
    Sie standen auf und
verabschiedeten sich, und Sir John und der Ordensbruder traten
hinaus auf die kalte Straße.
    »Was meinst du,
Bmder?«
    »Ein junger
Mann, der es in seinem Geschäft noch weit bringen wird, Sir
John. Er steht mit beiden Beinen fest auf der Erde.«
Athelstan grinste. »Ja, Sir John, genau wie Ihr habe ich mich
gefragt, ob er nicht Burghgeshs Sohn sein könnte. Aber ich bin
sicher, er ist es nicht.« Athelstan sah den Coroner
eindringlich an. »Wir suchen einen Mörder ohne
Bindungen, Sir John. Jemanden, der vorgibt, etwas zu sein, was er
nicht ist. Jemanden, der von dem großen Verrat vor so vielen
Jahren weiß. Die Frage ist: Wer ist
es?«   
    »Tja!«
Cranston klatschte in die Hände. »Das werden wir hier
nicht herausfinden, Bruder. Aber vielleicht in Woodforde
…« Der Coroner wischte sich mit dem Handrücken
die Nase und schaute zum Himmel. »Ich will nicht in London
bleiben«, sagte er leise. »Lady Maude muß sich
von mir erholen. Und du, Bruder?«
    »Meine
Pfarrgemeinde«, antwortete Athelstan trocken, »wird die
fortgesetzte Abwesenheit ihres Pastors noch ein Weilchen
überleben, denke ich.«
    Sie trennten sich an
der Ecke Friday Street und Fish Street und vereinbarten, sich in
zwei Stunden in einer Schenke auf der Mile End Road zu
treffen.
    Sir John verschwand,
sein Pferd am Zügel, und Athelstan ritt durch die Trinity und
Walbrook Street an der Ropery entlang zur London Bridge. Gottlob
fand er die kleine Kirche beinahe verlassen vor; nur Watkin war da,
dem er strikte Anweisungen für die Kirche erteilte, und
Ranulf, der Rattenfänger, der gekommen war, um ihn an sein
Versprechen zu erinnern, St. Erconwald zur Zunftkirche zu machen,
wenn eine Zunft der Rattenfänger gegründet
werde.
    »Ich verspreche
dir, Ranulf, ich werde mir die Sache überlegen«, sagte
Athelstan und versuchte, nicht zu lächeln beim Gedanken an
eine Kirche voller Rattenfänger mit Teermützen, die alle
aussahen wie Ranulf. Das gelbe, vertrocknete Gesicht des Burschen
verzog sich zu einem Grinsen und entblößte eine Reihe
spitzer Zähne. Er hüpfte die Treppe hinunter,
glücklich wie ein kleiner Junge.
    »Bruder?«
sagte Watkin kläglich.
    »Was
gibt’s?«
    »Na
ja…« Der Mistsammler drehte sich auf der obersten
Stufe der Kirchentreppe um und deutete zum Friedhof hinüber.
»Wir haben immer noch keine Wache
aufgestellt.«
    »Warum sollten
wir, Watkin? Die Grabräuber sind fort.«
    Der Mistsammler
schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, Bruder; ich
fürchte, es kommt noch schlimmer.«
    Athelstan zwang sich
zu einem Lächeln. »Unsinn. Hör zu, Watkin, ich
komme morgen am späten Abend zurück. Geh zu Pater Luke in
St. Olave. Er möchte so freundlich sein, morgen früh hier
die Messe zu lesen. Du weißt, wo alles ist? Und sag der Witwe
Benedicta, sie soll dir helfen. Machst du
das?«        
    Watkin nickte und
stapfte davon, er schimpfte leise über Priester, die nicht
zuhörten, wenn man ihnen von dunklen Gestalten erzählte,
die auf den Friedhöfen der Stadt grausige Dinge trieben.
Athelstan sah ihm nach und seufzte. Was konnte er tun, wenn nichts
darauf hindeutete, daß dem Friedhof Gefahr drohte? Er
vergewisserte sich, daß die Kirchentür abgeschlossen
war, und war dabei in Gedanken bei Cranston. Der Lord Coroner wurde
allmählich zu einem genauso großen Problem wie die
furchtbaren Todesfälle, die sie zu untersuchen hatten. Was war
mit Maude los? Und wieso fragte er sie nicht einfach?
    Athelstan
lächelte, als er zu seinem Haus hinüberging. Seltsam,
dachte er: Cranston, der sich vor nichts fürchtete, was auf
zwei Beinen herumlief, hatte vor seiner kleinen Frau

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