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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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anscheinend
schreckliche Angst. Er sah nach, ob Fenster und Türen des
Pfarrhauses sicher verschlossen waren, warf dem protestierenden
Philomel die Satteltaschen über, und müde machten sich
Pferd und Reiter auf den Weg. An einem Ale-Haus machte er noch
einmal halt, um bei Tab, dem Kesselflicker, Aufträge für
Watkin und Benedicta zu hinterlassen: Sie sollten nach der
Frühmesse die Kirche abschließen, und falls Benedicta
einverstanden war, solle sie Bonaventura mit nach Hause nehmen.
Dann ritt der Ordensbruder zurück auf die Hauptstraße,
am Priorat von St. Mary Overy vorbei und über die London
Bridge. Unterwegs sprach er in der St.-Thomas-Kapelle ein Gebet
für die Reise.
    Cranston erwartete ihn
in der kleinen Taverne hinter Aldgate mit Blick auf den stinkenden
Abflußgraben der Stadt. Der Coroner schien guter Dinge zu
sein. Athelstan vermutete, dies sei auf den großen, leeren
Weinbecher zurückzuführen, der vor ihm auf dem Tisch
stand, aber Cranston blieb - zwinkernd und rülpsend - fest bei
seinem geheimen Vorsatz, Athelstan mit seinen Sorgen und Nöten
nicht weiter zu behelligen. Der Ordensbruder trank mit Sir John ein
letztes Glas mit Zimt gewürzten Glühwein. Dann holten sie
ihre Pferde aus dem Stall und machten sich auf den Weg über
die allmählich dunkler werdende Landstraße nach Mile
End. Unterstützt von einem wunderbaren Weinschlauch, der
anscheinend nie leer wurde, behielt Cranston seine blendende Laune.
Athelstan war müde und wund geritten; er betete und fluchte
abwechselnd, während Cranston, furzend und im Sattel
schwankend, über dieses und jenes schwatzte. Schließlich
zügelte Athelstan sein Herd und faßte den Coroner beim
Handgelenk.
    »Sir
John«, sagte er müde, »diese Sache im Tower
… wir kommen einfach nicht voran. Wieviel Zeit haben wir
noch?«
    »So lange, bis
wir sie erledigt haben«, antwortete Cranston mit
glänzenden Augen. »In drei Teufels Namen, Bruder -
Befehl ist Befehl, und ich gebe einen Rattenfurz auf murrende
Mönche, vereiste Straßen und Reisen durch die
Kälte. Habe ich dir eigentlich schon von Lady Maudes
Weihnachtsvorbereitungen erzählt?«
    Athelstan
stöhnte, schüttelte den Kopf und trieb Philomel voran,
während Cranston ausführlich Lady Maudes geplantes
Bankett schilderte: Eberkopf, Schwan- und Hirschbraten,
Quittentorte und Apfelsahne sollte es geben. Der Coroner schwatzte
wie eine Elster, während das matte Tageslicht vollends verging
und die Dämmerung sich wie grauer Staub über die endlos
weiten Schneeflächen senkte. Der ferne Wald verschwand in
diesiger Dunkelheit, die alles verhüllte; nur hier und da,
wenn sie an
einem Haus oder Dorf vorbeikamen, leuchteten ein paar Lichtpunkte.
Es war totenstill, bitter kalt und vollkommen windstill.
    »Bestimmt werden
die Vögel auf den Bäumen erfrieren«, murmelte
Athelstan vor sich hin, »und die Kaninchen auf den
Hügeln bleiben unter der Erde.«
    Cranston, dessen
Weinschlauch überraschenderweise jetzt doch leer war,
antwortete nur mit einem kurzen Rülpser. Sie kamen an einem
Kreuzweg vorbei, wo an einem Galgen ein schwarzer, steifgefrorener
Kadaver hing; der Kopf war verrenkt und das Gesicht unkenntlich,
nachdem die Krähen sich daran bedient hatten. Cranston deutete
den Weg hinunter auf ein Licht, das in einiger Entfernung
leuchtete.
    »Dort
übernachten wir, Bruder. Ein gutes, gemütliches
Wirtshaus, Zum Freund des Galgens genannt.« Er lehnte sich
herüber und grinste Athelstan an. »Dem Namen zum Trotz
wird es dir gefallen.«
    Und es gefiel ihm
tatsächlich. Es war ein sauberer, gut gefegter Gasthof mit
festen Stallungen, einem nach frischen Kräutern duftenden
Schankraum und einem lodernden Feuer, in dem die Holzscheite sich
türmten. Als Athelstan jedoch das große Bett sah, das er
mit Sir John teilen sollte, sträubte er sich.
    »Nein, nein,
Mylord Coroner«, sagte er, »ich bestehe darauf,
daß Ihr allein schlaft.«
    »Wieso,
Mönch?«
    »Weil Ihr mich,
wenn Ihr Euch im Schlaf umdreht, zerquetschen
würdet.«
    Lachend und scherzend
ließen sie ihre Taschen in der Kammer und gingen hinunter in
die Schankstube, wo die Wirtin ihnen mächtige Fleischpasteten
auftischte, unter deren knusprig goldener Kruste eine würzige
Sauce den fauligen Geruch des Fleisches überdeckte. Athelstan
bat den Wirt taktvoll, ihnen noch einen Strohsack in die Kammer zu
legen. Dann setzte er sich zu Tisch und langte fast so
herzhaft zu wie Cranston. Selbstverständlich trank der
Coroner, als sei das Ende der Welt nahe,

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