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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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»Es
war ein herrlicher Sommertag. Sir Mark auf seinem schwarzen
Schlachtroß, das dunkelrote Haar eingeölt und
gekämmt. Vor ihm ging sein Knappe mit einem Wimpel, der das
Wappen der Burghgeshs trug, und dahinter marschierten sechs
Bogenschützen mit Helmen, gesteppten Wämsern, Langbogen
und Köchern voll gefiederter Pfeile. Was für ein
Anblick.« Der Priester wiegte sich leicht vor und
zurück. »Keiner kam zurück«, sagte er leise.
»Sie starben alle in Blut und Schlamm.« Athelstan hielt
den Atem an. Genauso klang seine eigene Geschichte. Er und Francis
hatten sich auch einem solchen Gefolgszug angeschlossen. Athelstan
war zurückgekommen, aber der Leichnam seines Bruders
vermoderte auf irgendeinem gottverlassenen Feld in
Frankreich.
    »Keiner kam
zurück?« wiederholte Cranston und hatte große
Mühe, die Erregung in seiner Stimme zu beherrschen. »Das
heißt, Mark Burghgesh könnte noch am Leben sein,
oder?« Der Priester schaute ihn an und schüttelte den
Kopf. »O nein, Sir John. Ich habe mich falsch
ausgedrückt. Keiner kam lebend zurück. Kommt, ich zeige
Euch, wo Mark ist.«
    Sie standen auf; Pater
Peter reichte ihnen ihre Mäntel und nahm seinen eigenen von einem
hölzernen Haken, und sie folgten ihm hinaus in die Kälte.
Der Junge stand immer noch da wie ein Soldat, hielt die Zügel
der Pferde fest und bewachte eifrig die dampfenden Dunghaufen, die
Philomel und Cranstons Pferd pflichtschuldig hatten fallen lassen.
Pater Peter blieb stehen. »Junge, bring die Pferde nach
hinten in den Stall. Da findest du auch Hafer für sie. Und
dann gehst du ins Haus und nimmst dir Suppe. Keine Sorge, die
Pferde laufen nicht weg.«
    Der Junge schaute
Athelstan an.
    »Nur zu,
Kleiner«, meinte der Bruder. »Du wirst erfrieren, wenn
du hier stehenbleibst. Und ich verspreche dir, der Pferdemist
gehört dir.«
    Pater Peter
schloß die Kirchentür auf, und sie betraten den
Innenraum. Es war dunkel dort drinnen, und die Luft war eisig.
Athelstan betrachtete die eckigen, gedrungenen Säulen, die mit
grünen Girlanden geschmückt waren wie die in St.
Erconwald, aber nicht so schön. Er hat keinen Maler, dachte
er. Pater Peter sah ihn an, und Athelstan schämte sich wegen
seines kleinlichen Stolzes.
    »Eine
schöne Kirche, Pater«, murmelte er.
    Pater Peter grinste.
»Wir geben uns Mühe, Bruder. Aber ich gäbe ein
Vermögen für einen guten Maler und Handwerker.« Sie
schritten unter dem einfachen Chorgitter hindurch in eine kleine
Marienkapelle in der hinteren Ecke der Kirche. Eine große
hölzerne Statue der Jungfrau mit dem Kind ruhte auf einem
Steinsockel, und ringsum an den Wänden standen Sarkophage,
einfach und kantig, ohne Bildwerk oder Zierat. Pater Peter ging zu
einem und klopfte sacht darauf.
    »Sir Mark
Burghgesh liegt hier«, sagte er leise. »Sein Leichnam
wurde zur Beerdigung heimgebracht.«
    Cranston betrachtete
enttäuscht den grauen Schiefersarkophag. »Seid Ihr
sicher, Pater?«
    »Ja«,
antwortete der Priester. »Die Einbalsamierer haben ihr Bestes getan, um den
Toten zurechtzumachen: Bevor der Sarg hineingestellt wurde, habe
ich mir das Gesicht noch einmal angesehen. Sir Mark hatte eine
schreckliche Wunde am Kopf, wo ihn eine Streitaxt oder eine Keule
getroffen und getötet hat. Aber ich bin sicher, daß er
es war.«
    Athelstan verbarg
seine Enttäuschung und schaute Cranston niedergeschlagen an.
Die Reise über das bitterkalte Land von Essex war umsonst
gewesen.
    »Warum wollt Ihr
das alles wissen?« fragte Pater Peter und führte sie
hinaus.
    »In London ist
ein Mord geschehen, Pater«, erklärte Cranston und nagte
an der Lippe. »Wir hatten gehofft, unsere Reise hierher
würde neues Beweismaterial erbringen. Ist Euch im Dorf etwas
Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Was zum
Beispiel? «
    »Irgend
etwas«, sagte Athelstan flehentlich. »Neuigkeiten oder
Klatsch über die Familie Burghgesh zum
Beispiel.«
    Der Priester
schüttelte den Kopf. Athelstan und Cranston wechselten
bedrückte Blicke, als sie in das Haus des Priesters
zurückkehrten, wo der Junge eben seine zweite Schale Suppe
ausschleckte und gleich in eine Ecke huschte. Der Priester
ließ sie wieder Platz nehmen, ging zu einem Krug vor der
kleinen Speisekammer und goß ihnen großzügig
bemessene Becher Ale ein.
    »Nein«,
sagte er, setzte sich auf seinen Schemel und umfaßte den
schwarzen Ale-Becher mit beiden Händen. »Woodforde ist
ein stilles Dorf. Jetzt, da die Burghgeshs nicht mehr da sind, noch
stiller.«
    »Was ist aus dem
Herrenhaus

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