Das Haus des roten Schlächters
Er
lächelte.
Cranston beugte sich
vor und packte den Priester am Handgelenk.
»Pater, Eure
Gastfreundschaft ist so wertvoll wie das, war Ihr uns da
erzählt habt.« Er sah Athelstan an und lächelte.
»Komm, Bruder, es ist noch nicht einmal Mittag. Wenn wir
schnell reiten, können wir vor Anbruch der Dunkelheit wieder
in der Stadt sein.« Er sah Pater Peter an. »Ich danke
Euch, Pater.« Er drehte sich um und warf dem Jungen, der
immer noch in der Ecke hockte, einen Penny zu. »Und du, mein
Junge, wirst entweder ein guter Knappe oder ein
Kaufmann.«
Sie erhoben sich,
zogen ihre Mäntel an, und eine Stunde später lag
Woodforde bereits hinter ihnen. Sie ritten durch Leighton, vorbei
an dem grausigen Schafott mit dem frischen Grab, und gelangten
wieder auf die Mile End Road. Cranston hatte sich in einer
Dorfschenke seinen wunderbaren Weinschlauch füllen lassen und
plauderte jetzt munter drauflos.
»Es ist
möglich, Bruder«, dröhnte er zum x-ten Mal, und
seine bärtigen Lippen waren rot vom Saft der Trauben,
»durchaus möglich, daß Sir Bartholomew noch lebt
und im Tower oder ganz in der Nähe versteckt seinen lautlosen
Rachefeldzug führt.«
»Sir
John«, erwiderte Athelstan, »das könnte ja sein,
aber wie sollte Burghgesh sich tarnen? Als Mitglied der Garnison?
Als Küchengehilfe? Als Händler, der Zugang zum Tower
hat?« Cranston machte ein ordinäres
Geräusch.
»Oder«,
fuhr Athelstan fort, »hockt er wie eine schwarze
Spinne irgendwo
in der Stadt, und andere führen seine grausigen Befehle
aus?«
Cranston zügelte
sein Pferd.
»Merkwürdig,
weißt du«, brummte er.
»Was
denn?«
»Na, vor drei
Jahren war Whitton verstört und aufgeregt, als hätte er
einen Geist gesehen. Gleichzeitig wurde eine Gestalt in Mantel und
Kapuze in einer Taverne am Tower gesehen. Und dieselbe Person,
wahrscheinlich Burghgesh, wurde in Woodforde
gesichtet.«
»Wollt Ihr damit
sagen, Whittons Aufregung war durch Burghgeshs plötzlichen
Auftritt ausgelöst worden?«
»
Selbstverständlich.«
»Aber wenn das
stimmt, was soll seitdem aus Burghgesh geworden
sein?«
Die beiden
erörterten immer noch ihre widersprüchlichen Theorien,
als sie lange nach Einbruch der Dunkelheit Aldgate erreichten und
durch eine kleine Pforte im Tor in die Stadt gelangten. Berauscht
von Wein und seinen Ideen, war Cranston inzwischen sicher,
daß sie die Wahrheit gefunden hatten. Athelstan widersprach
nicht mehr. Zumindest, dachte er, hatte die Reise nach Woodforde
den Coroner von seinen unaufhörlichen, qualvollen
Grübeleien über das geheimnisvolle Verhalten der Lady
Maude abgelenkt.
*
Während Athelstan
und Cranston zur Stadt zurückritten, stand der Hospitaliter
Fitzormonde im Innenhof des Tower und betrachtete den riesigen
Bären, der sich Essensreste aus der Küche in den Rachen
stopfte. Wie Athelstan war auch Fitzormonde fasziniert von der
Bestie und bewunderte insgeheim den verrückten Rothand, der
als einziger wagte, sich dem Tier zu nähern. Auf all seinen
Reisen hatte Fitzormonde noch nie ein so gewaltiges Untier gesehen. Die
meisten Bären waren klein und schwarz, manchmal nicht
größer als ein Mensch. Dieses große, zottelhaarige
Tier erinnerte ihn an die Geschichten, die Ritter erzählt
hatten, nachdem sie in den Teutonischen Orden in den wilden
schwarzen Wäldern des Nordens gewesen waren. Sie hatten von
Rehwild gesprochen, das doppelt so groß sein sollte wie
irgendeines in England, und von Bären, so riesig wie dieser
hier, der mit seinen gewaltigen Vorderpfoten ein Pferd zerquetschen
könnte.
Der Bär
hörte plötzlich auf zu fressen und funkelte den Ritter
an. Seine kleinen Schweinsäuglein waren rot und voller
Haß. Er riß das Maul auf und entblößte
bösartig scharfe Zähne. Ein Grollen drang aus seiner
Kehle. Das schwere Tier zerrte an der dicken Eisenkette.
Fitzormonde machte ein paar Schritte zurück, und der Bär
widmete sich wieder seinem Fressen. Er schob die Abfälle zu
einem schmutzigen Haufen zusammen, als wolle Fitzormonde ihm etwas
wegnehmen. Der Ritter stampfte mit den Füßen, um sich zu
wärmen. Morgen würde er den Tower verlassen, dachte er.
Mistress Philippa hatte er bereits informiert, als er ihr und ihrem
ziemlich weibischen Verlobten begegnet war.
Fitzormonde schaute
hinauf zu den grausamen Fratzen der Wasserspeier oben an der
Kapelle von St. Peter ad Vincula. Ja, dachte er, morgen würde
er dem Kaplan etwas zahlen, damit dieser eine letzte Messe für
seine gefallenen Kameraden las, und dann
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