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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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würde er in die Stadt
zurückkehren und seine Oberen um eine Mission oder Aufgabe
bitten, die ihn weit wegführen würde von dieser finsteren
Festung.
    Als er ein Schwirren
in der Luft hörte, schrak er hoch. Er schaute in die
Höhe. Ein Rabe? Nein, was war es? Der Bär erwachte
plötzlich zum Leben, bäumte sich vor ihm auf und schlug
mit den riesigen Pranken in die Luft. Der Hospitaliter sprang in
jäher Panik zurück. Der Bär brüllte wütend
auf. Seine schwarzen Lefzen und der mächtige Kiefer waren von
dickem weißem Schaum bedeckt. Fitzormondes Hand
fuhr zum Dolch, als der Bär wie ein Dämon zu tanzen
begann und an der schweren Kette zerrte, die an der Mauer befestigt
war. Was hatte das Tier nur? Was war passiert?
    Fitzormonde wollte
davonlaufen, aber bevor er sich umgedreht hatte, hörte er, wie
die Eisenkette aus dem Haken in der Mauer sprang und der Bär
auf ihn losstürzte. Er zerrte an seinem Dolch und hatte ihn
nur halb gezogen, als eine krallenbewehrte Pranke ihm schon den
Kopf zerschmetterte wie einen faulen Apfel. Wutentbrannt schlug der
Bär seine Klauen in den ungeschützten Rücken des
sterbenden Ritters und schleifte ihn über das Pflaster.
Rasendes Geheul kündete von seinem Triumph.

12. Kapitel
    Athelstan war
wütend. Er fühlte den Zorn in seinen Gedärmen
brennen, bis ihm das Blut in den Ohren rauschte. Für einen
Augenblick war dem Bruder alles egal - die Lehren seines Ordens
über die Sanftmut oder die Verpflichtung zur Güte, die
das Evangelium enthielt. Jetzt zählte nur noch der Zorn, der
in ihm tobte, als er auf dem Friedhof vor der Kirche von St.
Erconwald stand. Der Schnee hatte sich in eisigen Matsch
verwandelt, der von Gräbern, Bäumen, Büschen und
niedrigen Friedhofsmauern tropfte; bei klarem Himmel und kraftloser
Wintersonne hielt das Tauwetter an. Athelstan fluchte und benutzte
jedes Schimpfwort, das er von Cranston gelernt hatte. Mit dem Stab
schlug er gegen das lose Mauerwerk und hätte am liebsten die
Ziegel zu Staub zermahlen.
    Oh, bei seiner
Rückkehr war alles in bester Ordnung gewesen:
    Bonaventura hatte
wohlig zusammengerollt wie ein fetter Bischof in der Kirche
geschlummert. Cecily hatte das Kirchenschiff gefegt und gewischt;
Benedicta und Watkin hatten in einem Seitengang die Krippe
aufgestellt - mit Figuren, die Huddle geschnitzt hatte. Gleich
über dem Taufbrunnen am Eingang der Kirche hatte der Maler
auch ein leuchtend buntes Bild Christi in der Krippe vollendet.
Sogar Ursulas Schwein hatte diesmal die üblichen Raubzüge
durch seinen Garten unterlassen, und Pike, der Grabenbauer, hatte
den Kiesweg vor der Kirche gereinigt.   
    Athelstan war
zufrieden gewesen und hatte über Pfarrangelegenheiten
geschwatzt, während er Philomel in den Stall gebracht,
getränkt und gefüttert hatte. Aber schon da war ihm die
bange Sorge in den Gesichtem derer aufgefallen, die ihn
begrüßt hatten: Benedicta, Pike, Watkin, Cecily und Tab,
der Kesselflicker. Sie waren ihm um die Kirche herum gefolgt,
hatten seine Fragen beantwortet und dabei verstohlen
ängstliche Blicke gewechselt.
    Anfangs hatte
Athelstan ihre Unruhe nicht so ernst genommen. Vielleicht hatte
Cecily wieder geflirtet, oder einer von Pikes Söhnen hatte in
die Kirche gepinkelt. Oder hatte Ranulf sich Bonaventura
ausgeliehen? Hatten Watkins Kinder aus dem Weihwasserbecken
getrunken? Die Mitglieder seines Gemeinderates umgaben ihn wie
gackernde Hühner. Schließlich hatte Athelstan genug von
ihrer Heimlichtuerei.
    »Also, heraus
damit!« verlangte er und baute sich vor ihnen auf. »Was
ist passiert?«
    Sie scharrten mit den
Füßen und schauten zu Boden. Benedicta kümmerte
sich plötzlich eingehend um einen unsichtbaren Fleck auf ihrem
Kleid.
    »Es ist wegen
dem Friedhof, Pater!« platzte Watkin heraus. »Tosspots
Grab ist aufgemacht worden.«
    »Wann?«
    »In der Nacht,
nachdem Ihr weggeritten seid.«
    Athelstan war so
wütend geworden, daß er Ausdrücke benutzte, die
selbst Pike erbleichen ließen.
    »Vielleicht
unternimmt Sir John jetzt etwas«, unterbrach Benedicta ihn
taktvoll. »Oder wir schreiben eine Petition an den
Bezirksamtmann.«
    »Aye!«
fauchte Athelstan. »Und vielleicht können Schweine
fliegen, und morgen finden wir Koteletts auf den Bäumen!
Leute, die etwas so Schreckliches tun, sind Dreckskerle! Sie sind
böse und fürchten weder Gott noch die Menschen. Selbst
die Heiden ehren den Leib eines Toten. Nicht einmal ein Hund
würde so etwas tun!«
    Seine Schäfchen
wichen zurück; die schreckliche

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