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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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für uns von Interesse sein könnte«, versuchte Till die Initiative zu ergreifen.
    »Ich weiß«, antwortete Frau Dahms und wandte sich wieder Monika zu. »Wie lange arbeiten Sie schon bei der Polizei?« Offenbar freute sich die kleine Frau mit der faltigen Haut und den listigen und wachen Augen sehr über ihren Besuch und beabsichtigte, ihn nicht gehen zu lassen, bevor sie nicht alles erfahren hatte, was sie interessierte. »Ich bin nämlich schon zweiundachtzig«, sagte sie und setzte sich in den bequemen Plüschsessel.
    »Frau Dahms«, antwortete Monika. »Mein Kollege hätte ein paar Fragen, die uns vielleicht weiterhelfen könnten.«
    »Ja, ja, fragen Sie ruhig, fragen Sie. Es ist ja Ihre Aufgabe. Wenn ich ehrlich bin, würde ich auch gerne bei der Polizei arbeiten. Sie mögen jetzt lachen, weil ich alt bin, aber ich schaue jeden Tag einen Krimi. Und was soll ich sagen, meistens kenne ich den Täter bereits, bevor ihn die Polizei herausfindet. Geht es bei Ihrem Fall auch um Mord?«
    Till rollte die Augen. »Frau Dahms, Sie kannten Josef Stein?«
    »Der Josef, oh Gott ja, sagen Sie nur nicht, dass er umgebracht wurde. Er starb vor einem Jahr. Ich habe dem jungen Mann gleich misstraut. Wissen Sie, ich spüre, wenn jemand etwas zu verbergen hat. Und dieser Junge war verschlagen. Ich hatte sogar ein wenig Angst vor ihm.« Sie lächelte verschmitzt, als ob ihre Worte nur so aus Spaß dahergesagt waren.
    Till legte das Phantombild auf den Tisch. Frau Dahms nahm es in die Hand. Sie erhob sich, ging zur Kommode, setzte ihre Brille auf und betrachtete das Bild lange und nachdenklich.
    Till warf Monika einen fragenden Blick zu, doch die zwinkerte ihm nur zu. Ihr schien die Frau zu gefallen.
    »Ja, das könnte er sein«, meldete sich Frau Dahms wieder zu Wort. »Seine Haare sind anders und seine Augen liegen etwas näher zusammen, aber er hat große Ähnlichkeit mit dem Bild. Was hat er denn angestellt?«
    »Kennen Sie seinen Namen?«
    »Josef brachte ihn ein paar Mal mit«, erklärte Frau Dahms. »Sie müssen wissen, dass ich Jüdin bin. Es gab eine Zeit in diesem Land, wo es besser war, seinen Glauben zu verschweigen. Aber das ist jetzt Gott sei Dank Vergangenheit. Wenn es auch immer noch ein paar Unverbesserliche gibt, die gerne wieder den Hitler an der Macht sähen. Die haben die Zeit damals nicht erlebt. Und ich glaube sogar, die meisten unter diesen Verblendeten wären die Ersten, die unter Hitler in einem Arbeitslager verschwunden wären. Die haben keine Ahnung, wie es wirklich war. Ich hingegen weiß, was es heißt, wenn man von einem ganzen Volk gehasst wird.«
    Till seufzte ungeduldig. »Wissen Sie, wie der junge Mann heißt und wo er wohnt?«
    Frau Dahms ging zum Schrank und öffnete eine der Schubladen. »Der Junge war der Sohn des Bauern, wo Josef arbeitete. Das Gehöft liegt gleich hinter dem kleinen Teich, direkt an der Straße, wenn Sie einfach nur geradeaus weiterfahren. Es steht ein altersschwaches Windrad vor der Scheune. Sie können es nicht verfehlen. Irgendwo habe ich …«
    Frau Dahms kramte in der Schublade. Schließlich zog sie ein Notizbuch hervor und blätterte darin.
    »Ja, hier habe ich es«, sagte sie schließlich. »Die Leute heißen Grevesand. Den Namen des Jungen, daran kann ich mich nicht erinnern. Bernd oder Bernhardt. Ich habe hier die Telefonnummer. Josef hatte selbst kein Telefon, deshalb gab er mir die Nummer der Grevesands. Er wohnte zur Untermiete auf dem Hof. Er war ein guter Mensch, der Josef. Aber dem Jungen war nicht zu trauen. Ein komischer Geselle.«
    »Wissen Sie, ob er hinkte?«
    »Ja, er zog sein rechtes Bein nach«, antwortete sie sofort. »Er hatte einen Unfall, hat mir Josef erzählt. Ein paar Mal hat er uns in seinem Wagen nach Oldenburg gefahren.«
    »Wissen Sie noch, was für ein Wagen das war?«, fragte Monika.
    Frau Dahms schüttelte den Kopf. »Ich kenne mich bei Autos nicht aus. Es war ein kleiner Wagen mit zwei Türen. Er war dunkel, aber die Marke kenne ich nicht. In meinem Alter interessiert man sich nicht mehr für Autos, müssen Sie wissen.«
    Till hatte die Angaben der Frau notiert und nahm einen Schluck Tee. Er schüttelte sich, denn die Flüssigkeit schmeckte bitter.
    Erst beinahe eine Stunde später verabschiedeten sich Till und Monika von Frau Dahms, die ihren morgendlichen Besuch sichtlich genossen hatte. Sie fuhren durch Accum und kamen am Accumer See vorbei. Das Gehöft, das Frau Dahms beschrieben hatte, lag direkt an der Straße. Das hölzerne

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