Das Haus in den Dünen
Meer näherte und glühend rote Strahlen vergoss.
Ein weiterer Wagen, ein weißer Passat, stand in Accum zur Überwachung der Durchgangsstraße. Schneider hatte wegen der Unterredung bei Beck kalte Füße bekommen und die Observationsteams umgehend an den Einsatzort beordert. Zuerst hatte er darüber nachgedacht, sich selbst an der Aktion zu beteiligen, doch dann war ihm der Kegelabend eingefallen. Sein Kegelbruder Hermann hatte Geburtstag und würde heute im Hotel Knurrhahn wohl die eine oder andere Runde schmeißen.
Schneider hatte Helge Bergkamp mit der Einsatzleitung beauftragt. Schließlich hatte der die Aktion indirekt ins Rollen gebracht, sollte er sich also auch die Nacht um die Ohren schlagen. Ginge etwas schief, hätte Schneider dann auch gleich einen Sündenbock, denn Bergkamp passte nicht ins Team. Er war zu offen und hing oft mit Schreier vom FK 1 herum. Schneider konnte keinen brauchen, der Internes nach außen trug.
Helge Bergkamp saß in dem Audi und beobachtete mit einem Fernglas das Gehöft. Weder stand der gesuchte Kleinwagen im Hof, noch schien es dort drüben überhaupt Menschen zu geben. Sein Kollege Klein lümmelte auf dem Fahrersitz und kaute an einer getrockneten Feige.
»Ich weiß nicht, wie man sich so ein Zeug in den Mund schieben kann.« Bergkamp musterte verächtlich den Kollegen, der normalerweise in der Fahndungsabteilung Dienst versah.
Klein griff zur Tüte auf der Rückbank und reichte sie ihm grinsend. »Willst du auch eine? Sind verdammt gut, die Dinger.«
Helge schüttelte den Kopf und blickte auf die Uhr. In zwei Stunden würde es dunkel sein. Ablösung kam erst gegen sechs Uhr morgens. Die Nacht mit dem wiederkäuenden Kollegen im Wagen zu verbringen, würde ihm den letzten Nerv rauben. Observationen waren ihm schon immer ein Gräuel gewesen. Stupides Herumsitzen in unkomfortablen Zivilwagen, nichts als abwarten und sich nicht sehen lassen und dennoch immer hellwach bleiben – eine Ochsentour. Schneider hatte ihm das eingebrockt, und nur, weil er mit Till geredet hatte.
Er überlegte, ob es ein Fehler gewesen war, sich zur Kripo versetzen zu lassen. Damals beim Verkehrszug war die Bezahlung auch nicht schlechter gewesen. Und von wegen Karriere – angesichts der angespannten Haushaltslage würde es bis zur nächsten Beförderung Jahre dauern. Da hätte er besser mit der neuen Radarpistole den Verkehr überwachen können. Zumindest hatte man dann, mal abgesehen von irgendwelchen Demo-Einsätzen, eine geregelte Dienstzeit.
»Dort, da drüben!«, flüsterte Klein.
Helge riss das Fernglas vor die Augen. Ein Mann ging über den Hof auf die Scheune zu. Sein Gang war eigenartig. Kein Zweifel, der Mann humpelte.
»Wilhelm 100 an alle Einsatzkräfte«, sagte er in die Muschel des Funkgerätes. »Zielperson hat Haus verlassen. Achtung, alles in Bereitschaft.«
»Wilhelm 110 verstanden«, quittierte die Besatzung des BMW.
»120 ebenfalls klar«, tönte eine weitere Stimme aus dem kleinen Lautsprecher. Die Besatzung aus dem Passat.
Der Mann öffnete das Scheunentor. Ein Wagen kam zum Vorschein. »Das ist ein schwarzer Corsa«, sagte Bergkamp. »Das Kennzeichen lautet FRI-AC 4112. Gib das an die anderen durch.«
Klein griff zum Funkhörer.
*
Er schaute in den Himmel. Die Voraussetzungen waren ideal und er hatte schon ein bestimmtes Objekt im Auge. Diesmal wollte er, dass sogar das Fernsehen darüber berichtete. Ein ganz besonderes Objekt war es, doch es erforderte viel Feingefühl. Alleine mit den üblichen Utensilien würde er den Tank nicht zum Brennen bringen. Doch mit etwas Säure, einem Kanister Benzin und den Anzündern, die er zuhauf in der Scheune deponiert hatte, wäre es kein Problem.
Mutter war zu Bett gegangen. Ihr ging es nicht besonders. Er hatte eine zweite Schlaftablette in das Wasserglas geworfen. Sie würde durchschlafen bis zum Morgen. Er hatte also genug Zeit.
Über den Brand in Wilhelmshaven hatte das lokale Fernsehen nur drei Sätze gebracht, nicht einmal einen Filmbericht. Diesmal würde sich das ändern.
Er war gespannt darauf, ob die Polizei noch immer einsame Objekte überwachte oder ob sie aufgegeben hatte. Eigentlich war es egal, denn dort, wo er sich heute Abend zu schaffen machen würde, stünde bestimmt keine Streife. Dort war Leben, dort wurde gearbeitet. Dennoch würde er in Ruhe sein Vorhaben ausführen können, denn niemand würde ihn beachten. Er hatte vorgesorgt.
Er schaute sich um, doch weit und breit war niemand zu sehen. Er fühlte
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