Das Haus in den Dünen
Kropp ermordet wurde. Wir wissen auch, dass Sie einen Tag zuvor seine Firma besuchten und nach ihm gefragt haben. Außerdem können Sie gut schießen und mit einem Gewehr und einer Pistole umgehen. Hans Kropp wurde erschossen und wir denken, Sie haben ihn umgebracht, weil er Sie zurückgewiesen hat.«
Tina beobachtete Jennys Gesichtszüge, doch sie blieben nach wie vor wie in Eis erstarrt.
»Wir haben inzwischen den Schrottplatz durchsucht und mit Ihren Brüdern gesprochen. Ihr Junge wohnt jetzt dort ganz alleine.«
Wiederum zeigte Jenny Kropp keine Reaktion.
»Komm, das hat keinen Sinn«, sagte Trevisan.
Der Justizbeamte in der Ecke erhob sich. »Sagte ich doch, die spricht nicht.«
Trevisan wandte sich um.
Tina folgte ihm. »Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen. Ich soll Sie von Ihrem Sohn grüßen. Er wartet auf Sie.«
Eine Träne lief über Jenny Kropps Wange. Ihre Gesichtszüge verzerrten sich und sie begann hemmungslos zu weinen.
»Wir kommen morgen wieder«, sagte Tina. »Dann erzähle ich Ihnen, was Ihr Sohn Ihnen ausrichten lässt.«
Tina ging an Trevisan vorbei und öffnete die Tür. Trevisan zögerte einen Augenblick. Schließlich folgte er ihr auf den Flur. »Warum hast du nicht weitergemacht? Sie wurde doch gerade weich.«
»Ich denke, sie braucht noch ein wenig Zeit«, erklärte Tina. »Sie wird bestimmt eine unruhige Nacht verbringen. Ich glaube, wir kommen über ihren Sohn an sie ran. Aber lass mich das machen.«
21
Es war Dienstag geworden, doch der gestrige schöne Tag sollte dem Wetterbericht nach der letzte bis zum Wochenende gewesen sein. Der Wind war kühl und der Himmel voller grauer Wolken. Von Zeit zu Zeit regnete es und Monika Sander fluchte insgeheim, weil ihr das überhaupt nicht ins Konzept passte. Trotzdem konnte sie die Aktion nicht mehr abblasen.
Der kleine Saal unter dem Dach war angefüllt mit Polizisten in Uniform und Zivil. Die Luft war zum Schneiden dick und Monika schluckte ein paar Mal, bevor sie an das Rednerpult trat. Sie nickte Dietmar Petermann zu, und er startete den Tageslichtprojektor. Eine Karte der Wilhelmshavener Umgebung erschien an der weißen Projektionswand. Mit roten Kreuzen waren die Brandorte der letzten Wochen eingezeichnet, dahinter eine Zahl vermerkt. Von 1 bis 14; die Spur des Feuerteufels vom Wangerland.
Monika schnippte mit dem Finger gegen das Mikrophon. Die dumpfen Schläge aus den beiden Lautsprechern ließen das Gemurmel der Anwesenden allmählich verstummen. Monika griff nach ihrem Wasserglas, nahm einen Schluck und räusperte sich.
»Kolleginnen und Kollegen, die Karte vermittelt uns einen Überblick über die einzelnen Tatorte, die wir zweifelsfrei unserem Brandstifter zuordnen können. Die Brandserie begann am 26. Juli in Voslapp, der letzte Brandort war in Tammhausen. Dort zündete er die Hütte des Heimatvereins an. Wie ihr alle den Infoblättern entnehmen könnt, die wir ausgeteilt haben, kam bei einem Brand in Wilhelmshaven am 22. August ein Mensch ums Leben. Zwar deutet alles darauf hin, dass das Opfer nur zufällig zu Tode kam, trotzdem können wir weitere Todesfälle nicht ausschließen.«
Erneut griff sie zum Wasserglas. Dann berichtete sie von den fast fünfhundert Befragungen und fast tausend Überprüfungen, die bislang vergeblich geblieben waren, von den Bibelzitaten, der Vorliebe des Täters für leerstehende, manchmal abrissreife Gebäude oder Hütten an unbelebten Orten. »Nach Auswertungen können wir jedoch mit Bestimmtheit sagen, dass er zwischen zwanzig und fünfzig Jahre alt ist, sich in der Gegend gut auskennt und einen dunklen Kleinwagen fährt. Außerdem zieht er sein rechtes Bein nach.«
»Der müsste sich doch kriegen lassen, wenn er versucht, uns abzuhauen«, scherzte ein junger Bereitschaftspolizist laut, erntete aber von den Kollegen nur missbilligende Blicke.
»Wir haben eine Karte erstellt und unser Gebiet in vier Planquadrate unterteilt«, fuhr Monika fort. »Da er an unterschiedlichen Tagen zu unterschiedlichen Zeiten zuschlägt, können wir den Zeitraum lediglich auf zwischen zweiundzwanzig Uhr und vier Uhr morgens eingrenzen. Wir haben mögliche Tatobjekte in den Karten markiert. Diese Objekte werden wir ab heute Abend verdeckt observieren. Sobald wir etwas Verdächtiges bemerken, müssen wir alle Ausfallstraßen, damit meine ich auch die Feldwege, sofort absperren und die Gegend notfalls auch mit Hunden durchkämmen. Das heißt, wir brauchen verdeckte Streifen vor Ort und
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