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Das Haus Zeor

Das Haus Zeor

Titel: Das Haus Zeor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Lichtenberg
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konzentrieren. Wenn sie anhielten, um zu essen, ließ er den Teller vor sich einfach stehen. Schließlich kam ein Sime und stopfte ihm das Essen in den Mund. Er kaute und schluckte, weil er nicht den Willen hatte zu kämpfen. Es machte ihm nichts aus, wenn sie ihn vergifteten.
    Sie bogen auf einen Holzfällerweg ab, der in süß duftende, immergrüne Wälder hinaufführte. Die Nächte wurden kälter, aber dem einsamen Gen wurde stets ein Platz ganz nahe am Feuer gegeben. Er bemerkte nicht einmal, daß es keinen gegen ihn gerichteten aktiven Sadismus gegeben hatte. Und was sie dem Kanal antaten, ging ihn nichts an.
    Am dritten Morgen bogen sie um eine Kurve der alten Straße, von der Valleroy annahm, daß sie ein Werk der Alten sein mußte. Gleich darauf erreichten sie das Hauptlager der Runzi-Menschenjäger. Zu ihrer Rechten und ein wenig im Westen entdeckte Valleroy den Hanrahan-Paß. Ein tiefes, majestätisches, mit Nadelwald erfülltes Tal lag zwischen ihnen und dem Paß, aber es gab eine alte, gewundene Straße, die das Tal durchquerte; zwischen dem dichten Grün war sie eine kaum sichtbare, immer wieder unterbrochene Narbe. Links von ihnen, auf einer großen, ebenen Lichtung am Fuß einer gewaltigen Klippe, erstreckte sich das Lager.
    Das war das erste Mal seit der Ermordung des Flüchtlingsmädchens, daß Valleroy wieder etwas deutlich bemerkte. Mit Mühe konzentrierte er seine Blicke. Sie betraten das Lager unter einem Bogen hindurch, auf dem Runzi-Symbole angebracht waren. Vor ihnen erstreckten sich zwei Reihen provisorischer Hütten auf gedrungenen Pfählen anstelle von Fundamenten. Diese Hüttenreihen endeten erst unmittelbar vor der Granitwand. Offensichtlich waren es Kasernen. Linker Hand waren Ställe und ein Verwaltungskomplex in ebenfalls provisorischen Bauten untergebracht. Rechts von ihnen stand eine Reihe dichtgedrängter, drohend leerer Käfige.
    Das ganze Lager wirkte verlassen. Soweit Valleroy sehen konnte, waren keine Gens in den Käfigen und nur sehr wenige Pferde in den Ställen. Vor einem der Gebäude stieg ein wohlriechendes Rauchkräuseln auf, welches das Verpflegungsdepot bezeichnete. Das war das einzige sichtbare Lebenszeichen. Wenn Valleroy die Anzahl hinzurechnete, die mit ihnen ankam, so schätzte er, daß nicht mehr als hundert Bewohner in diesem für achtmal so viele plus Gefangene vorgesehenen Lager sein konnten.
    Als sie durch den Torbogen kamen, wurden sie von zwei Sicherheitswachen gezählt, die daraufhin irgendwelche obskuren Daten in zerknitterten Notizbücher verzeichneten. Die Kolonne brauchte nur ein paar Augenblicke, um sich aufzulösen, da jeder Mann seine Aufgabe kannte und sie mit schneller Tüchtigkeit erledigte. Die beiden Gefangenen wurden anderen Wachen übergeben, die sie in numerierte Käfige stießen, als wären sie Säcke mit Kartoffeln für die Speisekammer. Es wurde ihnen nicht die geringste Gelegenheit gegeben, eine Flucht zu versuchen.
    Valleroy mußte zugeben, daß sie besser behandelt worden waren, als Gens Sime-Gefangene behandelten. Da der Sime die gefährlichste Bestie auf dem Antlitz der Erde war, gaben sich Gens große Mühe, die Kraft der Gefangenen bei jeder Gelegenheit zu erschöpfen. Die Sime-Gefangenen wurden in Fesseln gehalten, was Valleroy jetzt als unmenschlich schmerzhaft erkannte, besonders für die Seitlichen. Ihnen wurde nichts zu essen oder zu trinken gegeben. Und sie wurden in kurzen Abständen verhört, bis sie starben, manchmal an Auszehrung, aber weit häufiger bei einem berserkerhaften Fluchtversuch.
    Gen-Gefangene hatten nichts, was ihre Kerkermeister bedrohen konnte. Dennoch ließen die Simes in ihrer Wachsamkeit niemals nach. Kein Wunder, dachte Valleroy, daß es keine Gen-Gefangenen gab, die zurückkehrten und ihre Geschichte erzählten.
    Das Rätsel des Nichtwiederkehrens war es, das den Pferchen der Menschenjäger ihre Aura höchstens Grauens verlieh. Die Wirklichkeit war bei weitem nicht so schlimm. Und auf eine gewisse Art ergab das einen Sinn. Dies waren Profis, die eine wertvolle Ernte einbrachten. Sie waren darauf bedacht, ihre Güter nicht zu verderben, bevor sie den Markt erreichten.
    Die Käfige selbst waren rechteckige Kästen, durch eine dreifache Reihe von Stangen der Längsachse nach und durch zwei Dreifachreihen über der breiten Achse in sechs gleiche Verschlage unterteilt. Die Außenwände der Käfige bestanden aus doppelten Reihen von Stangen, eine Reihe fünfzehn Zentimeter von der anderen entfernt, und so

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