Das Haus Zeor
überhängenden Ast und fand neben dem Sime einen schwankenden, trügerischen Halt. Er bückte sich und untersuchte seinen Partner. Die erste Röte des Tagesanbruchs verjagte die Sterne. Sie warf ein nebelhaftes graues Licht über die Welt. Die häßliche rote Schürfwunde sah in diesem Licht noch scheußlicher aus, aber für Valleroy waren es zunächst die Seitlichen denen seine Sorge galt.
Er kniete sich hin und zerrte Klyds Ärmel zurück. Dort gab es einen bösen Striemen, der sich über die rechten Hinter-Scheiden zog, aber offenbar waren alle vier Seitlichen unversehrt. Gerade als Valleroy mit einem leicht tastenden Finger an dem vierten Seitlichen entlangfuhr, wurde Klyd ganz plötzlich wach. Er packte Valleroy in der Transfer-Haltung, aber ohne die rechten Unteren. Nach einem winzigen Moment, viel zu kurz, um Valleroy reagieren zu lassen, zog sich der Sime zurück und entspannte seinen Körper gewaltsam. „Dein Feind ist stark und es steigt steil an. Du hast gewußt, daß ich steigern muß, damit mich dieser Felsen nicht zerquetscht … Warum hast du mich so berühren müssen?“
„Nun, es hat dich ins Bewußtsein zurückgeholt, nicht wahr?“
Mürrisch stützte sich der Kanal gegen den Baumstamm. „Was macht das schon für einen Unterschied?
Wir hätten es vielleicht noch vor Tagesanbruch bis ins Tal geschafft. Sie haben sich nach Osten zurückgezogen. Wir hätten es schaffen können.“
„Kannst du gehen? Dieser Riß an deinem Kopf …“
„Ist nichts. Aber es ist zu spät. Sie haben uns entdeckt.“
Valleroys Herz klopfte ein wenig schneller, als ihn die Erkenntnis des Versagens wie schwarzes Eiswasser überspülte. Im zunehmenden Licht konnte er kleine Tupfer von Bewegungen ausmachen, die aus allen Richtungen auf sie zuhielten. Der Hang wimmelte von Feinden!
„Wir versuchen es trotzdem! Wir rennen“, sagte Valleroy. „Komm, ich helfe dir hoch.“
„Rühr mich nicht an! Wenn ich mich auf dich verlassen könnte, dann würde ich jetzt entziehen und sie einen Monat warten lassen, bis sie mir beim Sterben zusehen könnten. Aber deine Einstellung mir gegenüber hat sich in den letzten paar Stunden verändert. Wenn ich in einer solchen Hektik den Transfer versuchen würde, könnte ich dich verletzen.“
Mit trockener Kehle schätzte Valleroy den sich verengenden Kreis der Runzi ab. Es gab kein Entkommen. „Sectuib. Wenn du mein Feld weit genug herunterbringen kannst, wird das auch mir einen weiteren Monat Leben verschaffen. In einem Monat kann eine Menge passieren.“
„Sie rühren dich nicht an, solange sie glauben, daß du gegen die Tötung immun bist. Wenn einer versucht, dich zu nehmen, denke nur daran, daß keiner von ihnen ein Kanal ist. Ihr Entzug ist langsam und seicht im Vergleich zu meinem – und du bist fähig, mir zu dienen. Ich würde Zeit brauchen, dich jetzt zu qualifizieren …“ Er brach ab, als er über Valleroys Schulter blickte. „Wir haben keine Zeit mehr.“
Der Gen drehte sich mit rasend pochendem Herzen um und sah die drei Simes, die Stilette hielten und sie stumm beobachteten. Klyd stand auf, wischte den Schmutz von den stolzen Zeor-Farben. Als Valleroy zurückschaute, bekam er die falkenhafte Schärfe in den Augen des Kanals mit. Jetzt und hier war das ganze Haus Zeor bereit, kämpfend unterzugehen.
Dann tat der Kanal etwas Seltsames. Klyd stand direkt hinter Valleroy und links von ihm, legte seine rechte Hand auf die rechte Schulter des Gen, wobei er den nächsten Seitlichen ausstreckte und damit Valleroys Hals streifte. Mit seiner linken Hand umfaßte der Sime Valleroys linke Hand und fuhr die Seitlichen in derselben Haltung aus, wie er dies getan hatte, um die interne Parallelschaltung zu vollbringen.
Einen Augenblick lang dachte Valleroy, er würde trotz des Notfalles gebeten zu dienen. Er überwand sich, es wenigstens zu versuchen, als er die Reaktion der Menschenjäger sah. Klyds Not und Valleroys Absicht zu dienen, waren für die Simes fühlbar. Sie hatten von solchen Dingen gehört, aber die Wirklichkeit war noch immer eine unwiderstehlich fremdartige, unheimlich gewagte, abstoßend faszinierende Attraktion.
Da Valleroy jetzt wußte, daß sich Klyd eine starre Selbstkontrolle auferlegt hatte, die ihm erlaubte, Kontakt herzustellen, ohne dem Instinkt nachzugeben, war er in der Lage, den letzten Rest seiner Besorgnis niederzuringen. Er spielte seine Rolle mit gelassener Sicherheit, die jeden Menschenjäger erstarren ließ, sobald er sich dieser Szene
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