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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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werden. Das ist doch ein grausamer Witz, oder?«
    »Aber es wird keinen Krieg geben«, widersprach Soja ihr vehement. »Wie Georgi schon gesagt hat …«
    »Was für eine Verschwendung«, sagte Rachel seufzend, und dann stand sie auf und griff nach ihrem Mantel. »Was für eine schreckliche Verschwendung. Und ich will Ihnen nicht widersprechen, Georgi, nicht in Ihrer eigenen Wohnung, aber Sie liegen falsch, fürchte ich. Er wird kommen. Es wird nicht mehr lange dauern. Warten Sie’s ab! Sie werden sehen.«

Die Newa
    Die Nachricht wurde unter meiner Zimmertür hindurchgeschoben und schoss so weit über den Fußboden, dass sie beinahe unter dem Bett verschwunden wäre. Auf dem Umschlag stand nichts weiter als mein Name – Georgi Daniilowitsch –, in einer feinen kyrillischen Handschrift. Es war ungewöhnlich, mir auf diese Weise eine Mitteilung zukommen zu lassen – normalerweise setzte Graf Tscharnetzki die Abteilungskommandeure davon in Kenntnis, wenn es irgendeine Änderung im Dienstplan der Leibgarde gab, und diese wiederum informierten die Männer, die unter ihrem Kommando standen. Neugierig öffnete ich den Umschlag und entdeckte darin eine Karte, auf der nichts weiter stand als eine Adresse und eine Uhrzeit. Kein Hinweis und keine Erklärung, warum meine Anwesenheit dort erwünscht war. Das Ganze war mir ein Rätsel, hinter dem ich zunächst Anastasia vermutete, doch dann fiel mir ein, dass sie an jenem Abend mit ihrer Familie zu einem Diner im Hause des Fürsten Rogeski eingeladen war. Trotzdem war mein Interesse geweckt, und da ich an jenem Abend frei hatte und unternehmungslustig war, ging ich ins Badehaus und wusch mich gründlich, bevor ich meine beste Zivilkleidung anzog und den Palast verließ, um mich zu der angegebenen Adresse zu begeben.
    Die Nacht war kalt und dunkel, und die Straßen waren so verschneit, dass ich mitunter fast bis zu den Knien in den Verwehungen versank. Die Hände tief in meinen Jackentaschen vergraben, kam ich auf meinem Weg nicht umhin, die Hetzplakate wahrzunehmen, die in der Innenstadt an Hauswänden und Laternenpfählen klebten – Karikaturen, die Nikolaus und Alexandra zeigten, schändliche Zeichnungen, auf denen sie als Ausbeuter tituliert wurden, als Tyrannen und Despoten, primitive Abbildungen der Zarin als Hure und als Wölfin, darunter einige, auf denen sie von einem Harem junger Männer umgeben war, aber auch welche, auf denen sie ausgestreckt dalag, dem lüsternen Blick des dunkeläugigen Starez ausgesetzt. Diese Plakate gehörten mittlerweile zum Straßenbild. Sie wurden jeden Tag von den Behörden heruntergerissen, nur um genauso schnell wieder aufzutauchen, wie man sie entfernte. Wurde man damit erwischt, so konnte es einen das Leben kosten. Ich fragte mich, wie es der Zar und seine Frau ertragen konnten, sich auf eine dermaßen obszöne Weise dargestellt zu sehen, wenn sie durch die Straßen fuhren. Er, der auf Kosten seiner Gesundheit seit Monaten damit beschäftigt war, die Streitkräfte zu führen, um unsere Landesgrenzen zu verteidigen. Sie, die tagaus, tagein im Lazarett erschien, um den Verwundeten und den Sterbenden Beistand zu leisten. Die Zarin war keine Marie Antoinette und ihr Mann war kein Ludwig XVI ., doch die Muschiks schienen das Winterpalais als ein zweites Versailles anzusehen. Bei der Frage, wie all dieser Hass einmal enden sollte, wurde mir das Herz schwer.
    Die Adresse auf der Karte führte mich in ein Viertel der Stadt, das ich nur selten aufsuchte, in eine jener eigenartigen Gegenden, wo es weder Fürstenpaläste noch Bauernhütten gab. Unscheinbare Straßen, kleine Läden, Bierlokale, nichts, das darauf hindeutete, hier könnte irgendetwas vor sich gehen, das meine Anwesenheit erforderte. Für einen Moment fragte ich mich, ob die Nachricht überhaupt für mich bestimmt war. Vielleicht hatte sie jemand unter der Tür eines meiner Kameraden hindurchschieben wollen, der Mitglied in einem der zahllosen Geheimbünde war, die in der Stadt ihr Unwesen trieben. Jemand, der politische Ränke schmiedete. Vielleicht landete ich bei einem konspirativen Treffen, wo man den Aufruhr gegen die Romanows noch weiter anheizen wollte, und sie würden mich dort alle für einen Verräter halten. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre umgekehrt und wieder zum Winterpalais zurückgestiefelt, doch bevor ich mich dazu entscheiden konnte, tauchte plötzlich das Haus vor mir auf, nach dem ich suchte. Ich stand vor einer schlichten schwarzen Tür, hinter der

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