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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Stimme sagen, und ein Mann kam aus dem Palast heraus, den ich sofort als den Fürsten Felix Jussupow erkannte. »Lass ihn los. Ich kenne den Jungen.« Ich wurde unverzüglich losgelassen, wich aber nicht von der Stelle und betastete meinen Hals nach etwaigen Schnittwunden. Ich war unversehrt. »Was machst du hier?«, fragte er mich. »Ich kenne dich doch. Du bist der Leibwächter des Zarewitschs.«
    »Georgi Daniilowitsch«, sagte ich zur Bestätigung.
    »Was hast du hier so spät am Abend verloren? Hat der Zar dich geschickt?«
    »Nein«, sagte ich schnell und schüttelte den Kopf. »Niemand hat mich geschickt. Ich bin aus eigenem Entschluss gekommen.«
    »Aber warum? Was willst du hier?«
    Der Mann, der mich noch bis vor Kurzem festgehalten hatte, baute sich vor mir auf, und ich starrte ihn an und hätte ihn am liebsten umgebracht. Ich hatte ihn in der Vergangenheit schon des Öfteren gesehen, diesen großen, unglücklich wirkenden Burschen. Ein Großfürst, dachte ich, oder auch ein Graf. Er funkelte mich herausfordernd an. »Los, antworte ihm«, sagte er barsch. »Was hast du hier zu suchen?«
    »Ich suche den Starez«, räumte ich ein. »Bei ihm zu Hause habe ich ihn nicht angetroffen. Und da dachte ich mir, er sei vielleicht hier.«
    Fürst Jussupow schaute mich überrascht an. »Rasputin?«, fragte er leise. »Und warum suchst du ihn?«
    »Um ihn zu töten!«, schrie ich, denn nun kümmerte es mich nicht mehr, wer davon wusste – ich hatte es satt, eine Marionette in den Spielen dieser Leute zu sein. »Ich bin gekommen, um ihn umzubringen, und das werde ich auch tun, selbst wenn ich dazu erst euch beide ausschalten muss.«
    Der Fürst und sein Begleiter schauten einander an, und dann wandten sie sich wieder mir zu, bevor sie in prustendes Gelächter ausbrachen. Am liebsten hätte ich die beiden auf der Stelle erschossen. Für wen hielten sie mich? Für ein tobsüchtiges Kind? Ich war hier, um den Starez umzubringen, und keine Macht der Welt würde mich davon abbringen können.
    »Und warum willst du das tun, Junge?«, fragte er.
    »Weil er ein Ungeheuer ist«, erwiderte ich. »Wenn er nicht vernichtet wird, werden wir alle zugrunde gehen.«
    »Das werden wir sowieso«, sagte der Fürst mit einem verdrossenen Lächeln. »Niemand von uns kann etwas dagegen tun. Aber was den verrückten Mönch anbelangt … nun, ich fürchte, da kommst du ein bisschen zu spät.«
    Ich wusste nicht, ob ich mich erleichtert fühlte oder ob ich bestürzt war. »Er ist also gegangen?«, fragte ich und malte mir aus, wie er durch die Straßen huschte, zurück in die Arme seiner Huren.
    »Oh ja.«
    »Aber er ist hier gewesen?«
    »Ja, stimmt«, gab der Fürst zu. »Ich habe ihn heute Abend hierher gebracht. Ich habe ihm Wein eingeschenkt. Ich habe ihm Kuchen serviert. Alles mit genug Zyankali versetzt, genug, um ein Dutzend Männer ins Jenseits zu befördern, ganz zu schweigen von einem stinkenden Muschik aus Pokrowskoje.«
    Ich starrte ihn an und riss vor Überraschung die Augen auf. »Dann ist er also tot?«, fragte ich erstaunt. »Ihr habt ihn bereits getötet?«
    Die beiden Männer tauschten wieder einen Blick und zuckten fast schon entschuldigend die Achseln. »Es sieht so aus«, sagte er und lächelte mich an. Sein Verhalten war nicht das eines Mannes, der gerade einen Mord begangen hatte, und ich fragte mich, ob er vielleicht betrunken war oder ebenfalls den Verstand verloren hatte. »Aber das Gift hat bei ihm nicht gewirkt. Er ist kein Mensch, verstehst du?«, fügte er hinzu, als wäre dies die selbstverständlichste Sache der Welt, etwas, das jedem zivilisierten Menschen klar war. »Er ist ein Geschöpf des Teufels. Das Zyankali hat ihn nicht zur Strecke gebracht.«
    »Was war es dann?«, fragte ich, wobei mir ein kalter Schauer über den Rücken lief.
    »Das hier«, erwiderte der Fürst mit einem Lächeln, als er eine Pistole unter seiner Bluse hervorzog, deren Mündung noch immer ein wenig rauchte. Sofort fielen mir wieder die Schüsse ein, die mich keine zehn Minuten zuvor beinahe dazu gebracht hätten, das Weite zu suchen.
    »Ihr habt ihn erschossen«, sagte ich mit ausdrucksloser Stimme, wobei mich die Realität dieser Worte frösteln ließ, obwohl ich im Grunde dasselbe beabsichtigt hatte.
    »Natürlich. Ich zeige ihn dir, wenn du willst.«
    Er begab sich in den Palast, und ich und der andere Mann folgten ihm, und wenig später landeten wir in einem düsteren Flur, der an beiden Seiten von langen weißen Kerzen

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