Das Hausbuch der Legenden
standen sie schon vor Tag auf und kochten dem Gast ein Frühstück, so gut sie es eben hatten. Als die Sonne durch das kleine Fenster schien und der liebe Gott aufgestanden war, aß er wieder mit ihnen. Und ehe er sich auf den Weg machte, drehte er sich nochmals um und sagte zu den beiden Alten: »Weil ihr so mitleidig und fromm seid, wünscht euch dreierlei, das will ich euch erfüllen.« Da antwortete der Arme: »Was soll ich mir sonst wünschen als die ewige Seligkeit, und daß wir zwei, solange wir leben, gesund bleiben und unser täglich Brot haben; fürs dritte weiß ich mir nichts mehr zu wünschen.«
Da sprach der liebe Gott: »Willst du dir nicht ein neues Haus für das alte hier wünschen?«
»O ja«, sagte’ der Mann, »wenn ich das auch noch erhalten kann, das wäre mir schon lieb.« Der Herr erfüllte seine Wünsche, verwandelte das alte Haus in ein neues, gab den beiden seinen Segen und zog weiter.
Es war schon voller Tag, als der Reiche aufstand. Er legte sich ins Fenster und sah gegenüber ein neues, schönes Haus, wo sonst eine elende Hütte gestanden hatte. Da machte er große Augen, rief seine Frau und sprach: »Sag mir nur, was ist geschehen? Gestern abend stand noch die alte Hütte, und heute steht an derselben Stelle ein schönes neues Haus! Lauf doch einmal hinüber und höre, wie das gekommen ist.« Die Frau ging und fragte den Armen aus. Er erzählte ihr: »Gestern abend kam ein Wanderer, der suchte Nachtherberge, und heute morgen beim Abschied hat er uns drei Wünsche gewährt: die ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das
notdürftige tägliche Brot dazu und zuletzt noch statt unserer alten Hütte ein schönes neues Haus.« Die Frau des Reichen lief eilig zurück und erzählte ihrem Mann, wie alles gekommen war. Da rief der Mann: »Ich möchte mich zerreißen und zerschlagen! Hätte ich das nur gewußt! Der Fremde ist zuvor hier gewesen und hat bei uns übernachten wollen, ich habe ihn aber abgewiesen.«
»Eil dich«, sprach die Frau, »und setz dich auf dein Pferd, so kannst du den Mann noch einholen, und dann mußt du dir auch drei Wünsche gewähren lassen!«
Der Reiche befolgte den guten Rat, jagte mit seinem Pferd davon und holte den lieben Gott noch ein. Nun redete er fein und lieblich und bat den Wanderer, er möcht’s doch nicht übelnehmen, daß er ihn nicht gleich eingelassen habe. Er habe den Schlüssel gesucht; inzwischen sei er aber weggegangen.
Auf dem Rückwege müsse er unbedingt bei ihm einkehren.
»Ja«, sprach der liebe Gott, »wenn ich einmal zurückkomme, will ich es tun.« Da fragte der Reiche, ob er nicht auch drei Wünsche tun dürfe wie sein Nachbar? Ja, sagte der liebe Gott, das dürfe er wohl, es sei aber nicht gut für ihn, und er solle sich lieber nichts wünschen. Der Reiche meinte, er wolle sich schon etwas aussuchen, das zu seinem Glück gereiche, wenn er nur wüßte, daß es erfüllt werde. Da sprach der liebe Gott: »Reit heim, und drei Wünsche, die du tust, die sollen in Erfüllung gehen!« Nun hatte der Reiche, was er verlangte, ritt heimwärts und fing an, nachzusinnen, was er sich wünschen sollte. Wie er sich so bedachte und die Zügel fallen ließ, fing das Pferd an zu springen, so daß er immerfort in seinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zusammenbringen konnte. Er klopfte ihm auf den Hals und sagte: »Sei ruhig, Liese!« Aber das Pferd machte aufs neue Männchen. Da wurde er zuletzt ärgerlich und rief ganz ungeduldig: »So wollt’ ich, daß du den Hals zerbrächst!« Kaum hatte er das Wort ausgesprochen, lag er schon auf der Erde, und das Pferd war tot und regte sich nicht mehr. Damit war der erste Wunsch erfüllt. Weil er aber von Natur geizig war, wollte er das Sattelzeug nicht im Stich lassen, schnitt es ab, nahm es auf den Rücken und mußte nun zu Fuß weitergehen. Du hast ja noch zwei Wünsche übrig, dachte er bei sich und tröstete sich damit. Wie er langsam durch den Sand zog und mittags die Sonne heiß brannte, war’s ihm sehr warm und verdrießlich zumute. Der Sattel drückte ihn auf den Rücken, und außerdem war ihm noch immer nicht eingefallen, was er sich weiter wünschen sollte. Wenn ich mir auch alle Reiche und Schätze der Welt wünsche, sprach er zu sich selbst, so fällt mir hernach noch allerlei ein, dieses oder jenes, das weiß ich im voraus. Ich will’s aber so einrichten, daß mir gar nichts mehr zu wünschen übrig bleibt. Dann seufzte er und sprach: »Ja, wenn ich der bayerische Bauer
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