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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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werde ich ihnen alles anbieten. Ich bin sozusagen ein König und werde sie aus meinem Königreich beschenken. Ich meine, heute ist Ostern.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »An Bord dieser Schiffe befinden sich eine Million Christusse, die morgen auferstehen werden. Und Sie, ganz allein … mit Ihnen wird auch Schluß sein.«
    »Sind Sie gläubig?«
    »Keineswegs.«
    »Und diese Million Christusse, ist das Ihre Idee?«
    »Nein. Aber bei der Sorte von Pfarrern finde ich sie hübsch. Sie fiel mir übrigens bei einem Pfarrer ein. Als ich hier heraufstieg, lief einer wie ein Verrückter hinunter. Nicht etwa verlegen, sondern ganz seltsam. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, hob seine Arme gen Himmel, wie die andern unten, und schrie: ›Danke mein Gott!‹ Dann setzte er den Weg zum Strand fort. Ich glaube, daß noch andere folgen.«
    »Wer andere?«
    »Andere Pfarrer von der gleichen Sorte. Aber Sie langweilen mich. Ich bin nicht zum Plaudern gekommen. Sie sind nur noch ein Gespenst. Was machen Sie noch hier?«
    »Ich höre Ihnen zu.«
    »Interessieren Sie meine Dummheiten?«
    »Gewaltig.«
    »Sie sind verdorben. Sie denken noch nach. Es gibt nichts mehr nachzudenken. Das ist auch vorbei. Hauen sie ab!«
    »O nein!«
    »Hören Sie mal! Sie und Ihr Haus gleichen einander. Man könnte sagen, Sie beide sind schon 1000 Jahre hier.«
    »Seit 1673 genau«, sagte der alte Herr und lächelte zum ersten Mal.
    »Dreihundert Jahre gesichertes Erbe. Widerlich. Ich schaue Sie an und finde Sie tadellos. Deshalb hasse ich Sie. Und zu Ihnen werde ich morgen die Lumpigsten führen. Diese wissen nicht, wer Sie sind und was Sie darstellen. Für sie hat Ihre Welt keinerlei Bedeutung. Sie werden gar nicht versuchen, dies zu begreifen. Sie werden müde sein, Hunger haben und mit Ihrer schönen Eichentür Feuer machen. Sie werden auf Ihre Terrasse kacken und sich mit den Büchern Ihrer Bibliothek die Hände reinigen. Ihren Wein werden sie ausspucken. Mit ihren Fingern werden sie aus Ihren hübschen Zinntellern essen, die ich an Ihrer Wand sehe. Sie werden auf den Fersen hocken und zusehen, wie Ihre Sessel brennen. Aus der Goldstickerei Ihrer Decken werden sie sich Schmuck machen. Jeder Gegenstand wird den Sinn verlieren, den Sie dafür haben. Das Schöne wird nicht mehr schön sein, das Nützliche wird lächerlich und das Unnütze absurd werden. Nichts wird mehr einen echten Wert haben mit Ausnahme vielleicht eines in einer Ecke vergessenen Kordelstücks, um das sie sich streiten werden, wer weiß? Alles um Sie herum wird in Stücke gehen. Es wird furchtbar sein. Machen Sie sich aus dem Staub!«
    »Noch eins: Jene werden verständnislos zerstören. Aber Sie?«
    »Ich? Weil ich dies alles hasse. Weil das Weltgewissen verlangt, daß man dies alles haßt. Hauen Sie ab! Ich pfeife auf Sie!«
    Der alte Herr ging ins Haus, kam aber gleich wieder zurück mit einem Gewehr in der Hand.
    »Was machen Sie da?« fragte der junge Mann.
    »Ich werde Sie wohl töten. Meine Welt wird vielleicht nach morgen früh nicht mehr leben, daher habe ich die Absicht, die letzten Minuten noch voll auszunutzen. Ich werde in dieser Nacht, ohne mich vom Fleck zu rühren, ein zweites Leben führen, und ich glaube, daß es noch schöner als das erste sein wird. Da meinesgleichen abgereist ist, will ich es allein erleben.«
    »Und ich?«
    »Sie sind nicht meinesgleichen. Sie sind mein Gegner. Ich will diese kostbare Nacht nicht in Gesellschaft meines Gegners vergeuden. Daher werde ich Sie töten.«
    »Sie können das nicht. Ich bin sicher, daß Sie noch nie jemand getötet haben.«
    »Das ist wahr. Ich habe immer das friedliche Leben eines Literaturprofessors geführt, der seinen Beruf liebte. Im Krieg brauchte man mich nicht, und die offenbar unnütze Töterei bedrückt mich auch physisch. Ich wäre wahrscheinlich ein schlechter Soldat gewesen. Dennoch glaube ich, daß ich mit Actius zusammen fröhlich einen Hunnen getötet hätte. Und mit Karl Martell arabisches Fleisch zu durchlöchern hätte mich sehr begeistert, ebenso mit Gottfried von Bouillon oder mit Balduin dem Aussätzigen. Unter den Mauern von Byzanz tot an der Seite von Konstantin Dragasès, mein Gott! Wieviel Türken hätte ich noch umgebracht, bevor ich selbst dran gewesen wäre. Glücklicherweise sterben Menschen, die den Zweifel nicht kennen, nicht so leicht. Nachdem ich wiederauferstanden war, habe ich gemeinsam mit Teutonen Slawen erschlagen. Ich trug das Kreuz auf meinem weißen Mantel und verließ mit dem

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