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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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dem braven Braunen, schweifte umher und bedauerte im Grunde, daß sein Sportgewehr bisher keine bedeutsame Aufgabe mehr gefunden hatte. Da Hanska mit Vater Myer zusammen Tag und Nacht unterwegs war, nahmen Joan und Ite-ska-wih des Abends Percival an seiner Stelle zum Essen bei Myers mit. Da er stark abgemagert wirkte, gab Mutter Myer auch ihm wie zuvor Hanska einen Schlag mehr in die Schüssel, am Sonntag zwei Steaks. Der Großvater bedauerte, daß dieser neue Gast sehr schweigsam war und sich beim Abschluß-Tischgespräch nicht wie Hanska aus seiner Reserve herauslocken ließ.
    Ein paar Tage vergingen für die Hausbewohner äußerlich ungestört; eine schwebende innere Unruhe war nicht zu vertreiben.
    Das Gras dörrte; alle spärlichen Wasser dieser Prärielandschaft liefen noch spärlicher. Die Kiefern dufteten nach Harz. Pferde und Vieh standen müde umher und schauten nach Schatten aus, den sie kaum finden konnten; sie drängten sich zum Buschwerk an kleinen Rinnsalen. Auch die Menschen wurden langsamer. Nur die Stunden der Morgenfrühe vor und kurz nach Sonnenaufgang brachten noch jenen kühleren Wind, von dem sich Gras, Tier und Mensch wohltuend schmeicheln ließen.
    Ite-ska-wih, Elwe und Wakiya saßen am Grabe des alten Inya-he-yukan; Ite-ska-wih lauschte in der Stille auf alles, was Wakiya von Ahnen und Eltern und auch von seinen jüngeren Geschwistern erzählte, den leiblichen Kindern von Joe Inya-he-yukan und Queenie-Tashina.
    »Du wirst die Zwillinge nun bald sehen, Ite-ska-wih«, schloß er, »zehn Jahre alt, die ältesten Kinder aus der großen Liebe von Inya-he-yukan und Tashina, geschaffen nach einer Sturmnacht in der tropfenglitzernden Wiese, als Joe seine Feinde getötet hatte – geboren in unserem Hospital, das damals noch gastlich war, eine Heimstatt für Kranke bei Doc Eivie und Margot Crazy Eagle. Aufgewachsen sind sie in unserem alten Blockhaus.«
    »Sie dürfen nicht bei uns wohnen.«
    »Noch nicht. Es wird schwer werden. Sie werden hoffen, daß sie, die die Mutter verloren haben, den Vater daheim finden, aber er ist nicht da.«
    Vom Friedhof aus konnte man die Straße im Tal beobachten. Sie war wenig befahren, aber jetzt kam ein Wagen. Wakiya entdeckte ihn zuerst.
    »Lehrer Ball!«
    Die drei gingen zum Blockhaus, um ihn dort zu empfangen. Lehrer Ball war nun schon vierzig, aber seine Elastizität, seine schlanke Figur, die sommerliche Wärme und die stechenden Sonnenstrahlen, die ihm Wärme und Farbe gaben, ließen ihn jünger erscheinen. Er begrüßte alle, die um das Haus und im Haus erreichbar waren, vermißte Bob und verhehlte seine Bedenken nicht, als er hörte, daß Ite-ska-wih ihn begleiten sollte.
    »Du bist mir lieb, Mara, aber die Kinder kennen dich nicht. Die Fahrt wird anstrengend, vielleicht zu anstrengend für dich.«
    »Wie Sie meinen, Sir«, Ite-ska-wih ließ den Kopf hängen. »Aber Bob kann jetzt nicht von den Weiden weg; Wakiya aber hat Angst vor einem Anfall.«
    »Du hast keine Angst?«
    »Solche Angst, wie Sie jetzt meinen, Sir, nein, die habe ich nicht.
    Aber Sorge, ob ich die Kinder noch mehr vergräme oder ob sie mich mögen.«
    »Mit deiner Stimme gewinnst du sie, Mara.« Ball tat es leid, daß er Ite-ska-wih verschreckt hatte. »Du bist auch schön, wie Tashina es gewesen ist. Das haben Kinder gern.«
    Ite-ska-wih schämte sich, so gelobt zu werden. »Ich bin bereit«, sagte sie.
    »Steig ein.«
    Ball fuhr einen Dienstwagen. Er mochte ihn nicht leiden, wie er Ite-ska-wih erzählte, sein eigener Wagen sei air conditioned und schneller. »Aber die Leute, zu denen wir jetzt fahren, sind Bürokraten und empfangen mich besser, wenn ich mit dem Dienstwagen komme. Sie sind verschnupft, weil sie die Kinder wieder hergeben müssen. Wie soll ich dich vorstellen? Bist du nun eigentlich mit Hanska verheiratet?«
    »Nein. Dann könnten sie mich als Reservationsangehörige sterilisieren.«
    »Ach du lieber Himmel. Ihr müßt also bis zu den Neuwahlen warten.«
    »Ja.«
    Ball trieb den Dienstwagen an wie ein mittelmäßiges Pferd, das alles hergeben sollte. Ite-ska-wih, die Balls fürsorgliche Freundschaft spürte und wußte, daß Hanska und Wasescha ihn schätzten, lehnte sich erleichtert im bequemen Sitz zurück und schlief ein, während das gleichmäßige Motorengeräusch die fast leeren Überlandstraßen belebte. Sie wachte erst auf, als der Wagen hielt. Die Boardingschool war jedoch noch längst nicht erreicht. Ball ging mit ihr in ein Selbstbedienungsrestaurant der

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