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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Augenwinkeln an.
    »Hübsch versteckt, Hetkala«, sagte er auf englisch, um auch von Ite-ska-wih, Rote Krähe und Ray verstanden zu werden. »Hab’ dich doch endlich gefunden. War bei Morning Star und unseren Pferden. Der weiß von dir.«
    Als Hanska den Namen Hetkala gebrauchte, huschte ein Lächeln über die Züge der Frau, schnell und schwach wie ein Irrlicht im Dunkel. Hetkala hieß Eichhörnchen; es war ihr Name als junges Mädchen gewesen; sie hatte ihn wieder erhalten und wieder angenommen, als ihr Sohn Wasescha nach 17 Jahren gequälten Daseins in der Fremde zurückgekommen war. Nun war er wieder fortgegangen, zu den Aufständischen. Aus Hanskas Mund mochte sie ihren Namen Hetkala gern hören.
    Die beiden Frauen und ihre Gäste tranken den minderwertigen Kaffee, den Indianer bezahlen konnten, und fühlten sich erfrischt, da sie kein anregenderes Getränk kannten. Vielleicht fühlten sie sich auch nur besser, weil ihr Durst gestillt war.
    Ena-Hetkala und die Alte schwiegen und warteten, ob Hanska sprechen wolle. Es war düster in dem Blockhaus mit den kleinen Fenstern; die Nacht nistete sich hier früher ein als in dem noch golddurchwirkten Dämmer der Weite draußen. Das Herdfeuer kroch in sich zusammen; da und dort glühte noch ein Funke am harten Holz.
    Hanska begann zu sprechen. Er tat es mit wenigen zusammengepreßten Worten, denn jedes schmerzte. Ite-ska-wih hörte ihm zu und sah dabei ihre Umgebung nicht mehr. Sie erlebte noch einmal, was er berichtete, und erst, als sie den Aufstieg durch den Wald hinter sich gebracht, der jungen Forelle das Leben gerettet und mit dem bedrohlich scheinenden Geheimnismann im Tipi gegessen hatten und als Rote Krähe mitgekommen war, wurde ihr wieder freier zumute. Der Abschied von den Kindern, die bei Vater Beaver blieben, war schwer gewesen, obgleich jeder wußte, daß er nach Kräften für sie sorgen werde bis zu den besseren Tagen, die kommen sollten. Untschida, bei dem stoppelhaarigen alten Krause, war selig, daß alle unversehrt zurückkehrten. Sie sollte noch bei dem gutwilligen Handwerker bleiben; ein Stützpunkt mehr konnte bis auf weiteres nicht schaden.
    Hanska zog einen Brief hervor. Er kam von seinem Bruder Wakiya-knaskiya aus California.
    »Unsere Zwillinge«, sagte er, »Harry und Mary. Wir müssen sie befreien. Vormund ist jetzt der Großvater, schreibt Wakiya, Queenies Vater, der alte Halkett. Er ist ein zuverlässiger, verbissener Mann, nicht bei den Aufständischen. Das ist jetzt sogar gut, denn darum wird man ihm die Kinder leichter geben. Er muß beantragen, daß sie die Zwillinge wieder herbringen. Das wird ein hartes Stück Arbeit, ich meine, daß Halkett einen Antrag schreibt. Eher wirft er einen Stier ins Gras, als einen Antrag zu schreiben, sagten wir immer unter uns. Doch er muß es tun. Bei seiner Ranch ist keine Schule in der Nähe. Die Zwillinge müssen also wieder in ein Internat. Aber zusammen und auf unserer Reservation. Darüber spreche ich mit Lehrer Ball. Das ist das nächste Stück Arbeit. Er soll die Zwillinge betreuen in dem kleinen Internat bei der Tagesschule, da, wo er Lehrer ist und wo auch Wasescha Lehrer war. Die Direktorin, Frau Holland, ist Indianerin und gut. Bis jetzt weiß keiner, daß sie zu uns hält. Bei dieser Schule ist auch der Indianer Ron Warrior als Erzieher in der Vorschulklasse. Die Zwillinge kennen ihn und mögen ihn. Er ist Waseschas Freund. Auch mit ihm will ich sprechen. Alles das muß ich selbst tun, denn ich bin nun wie ein Vater für meine jüngeren Geschwister. Ich will aber auch in den Ring hinein zu meinen kämpfenden Brüdern. Hetkala, gibst du mir eines von deinen Pferden? Ein Pferd ist schnell; ein Pferd läuft, wo kein Wagen mehr fahren kann; ein Pferd fällt nicht auf. Ich will keine Appalousa haben und keinen Schecken – die kennt hier jeder; sie bleiben bei Morning Star. Ich will den alten Braunen nicht haben, er lahmt zu leicht. Deine Fuchsstute brauch’ ich, Hetkala.«
    »Du hast sie, Hanska.«
    »Ich reite zuerst einmal allein. Ray und Rote Krähe und Ite-ska-wih können noch bei euch bleiben?«
    »Können sie«, antworteten die beiden Frauen wie aus einem Munde.
    »Krause hat Ray viel Munition gegeben, und Ray kann schießen – oh, wirklich gut. Ein solches Gun habt ihr noch nie gesehen. Nicht einmal die Military police hat so etwas. Rote Krähe hat schwere Proben bestanden. Ihn bricht keiner nieder. Ite-ska-wih soll reiten lernen, schleichen lernen, soll unsere Sprache lernen und die

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