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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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nicht wagen, ihm ohne Wissen des Vaters eines zu geben.
    Als Hanska Henry begegnete, brachte er noch kein Wort hervor. Henry sah ihm an, warum und schwieg auch. Hanskas Gedanken spielten über den Sohn der Halketts weg, der ihm doch nicht helfen konnte. Wenn er ein anderes Pferd gehabt hätte – ja dann. Darum ging es.
    Warum holte er sich nicht ein anderes Pferd? Seine Gedanken fanden plötzlich Halt. Bis zur Agentursiedlung machte es noch die Fuchsstute. In der Agentursiedlung wohnte Morning Star senior; bei Morning Star standen der Scheckhengst, die Appalousastute und der alte Braune. Die Stute wollte er eines Tages zu Hetkala bringen, denn dort hatten sie einen Appalousahengst. Mit den beiden Appalousas konnte man eine Pferderanch anfangen – den Scheckhengst noch dazu und mit einem Rodeopreis eine Scheckenstute kaufen – der alte Braune aß das Gnadenbrot und trug auf eine sanfte und ergebene Weise Ite-ska-wih und ihre Kinder über die Erde mit ihren Bäumen und grünenden Wiesen.
    Das war die Zukunft in einem befreiten Land.
    Hanskas Wangen durchbluteten sich wieder.
    Der alte Morning Star hatte ihn schon einmal in sein Haus gelassen. Nur sollte es niemand bemerken. Vielleicht war Yvonne, die Frau des jungen Morning Star, weniger ängstlich. Früher jedenfalls hatte sie gewußt, worum es ging. Bei ihr wollte er die Fuchsstute stehen lassen, die kaum einer kannte.
    Hanska feuerte sein Tier zu einem leichten Galopp an. Wiesen waren gutes Gelände für Pferdehufe. Übrigens hatte er Stonehorns beide Pistolen, voll geladen, am Schulterriemen unter der Jacke. Es war nicht ratsam, ihm an den Kragen zu gehen oder eine Waffe auf ihn zu richten. Stonehorns Wahlsohn hatte gelernt, schnell zu zielen und sicher zu treffen.
    Des Abends langte Hanska in der Nähe der Agentursiedlung an. Er hatte sich entschlossen, in der Dämmerung, von Regen und Nebelschleiern fast unsichtbar gemacht, ohne Zögern in die Siedlung einzureiten und bei Morning Star junior und Yvonne halt zu machen. Er hängte sein Pferd an einem der dafür vorgesehenen Ringe an der Seitenwand an und klopfte an ein Schiebefenster.
    Yvonne schob es um einen handbreiten Spalt nach oben auf.
    »Hanska!« Sie flüsterte.
    »Kann ich eine Nacht bei euch schlafen?«
    »Komm herein. Ich mache dir auf.«
    Sie zog das Fenster leise herunter und öffnete ebenso leise die Tür. Hanska trat in den Raum ein, in dem eben zwei Kinder in einer kleinen Badewanne pantschten; ein drittes stand daneben. Morning Star junior selbst war zu Hause und lächelte ein Willkommen.
    »Wir geben deinem Pferd Futter«, war das erste, was er sagte. Das war auch zweifellos das Nötigste.
    Hanska konnte sich setzen. Eine schwache elektrische Birne versandte ihren Schein. Yvonne fütterte die Stute und machte einen Teller Bohnen warm. Das war hier überall die Nahrung eines arbeitslosen Indianers.
    Hanska aß. Die Kinder hatten sich unterdessen abgetrocknet, angezogen, das Wasser ausgegossen, die Wanne weggeräumt und waren auf dem Weg in ihr gemeinsames Bett.
    Sobald die Erwachsenen unter sich waren, fragte Morning Star: »Was hast du vor, Hanska?«
    »Die Fuchsstute möchte ich hierlassen und mit dem Schecken zur Schulsiedlung reiten. Morgen früh muß ich dort sein, ehe die Lehrer aufstehen.«
    »Zu wem willst du?«
    »Zu Ball oder Warrior. Sie sollen unsere Zwillinge hier ins Internat holen.«
    »Ins Internat hier? Soll nicht Großvater Halkett sie zu sich nehmen?«
    »Ich war dort. Er will nicht.«
    Der Nachklang des Unfriedens erschien wieder auf Hanskas Miene.
    »Aber«, meinte Yvonne, »wenn der Großvater nicht will…«
    »Muß der Superintendent wollen und seine Schuldezernentin Miss Bilkins.«
    »Du hast ja viel vor.«
    »Muß ich wohl. Hau.«
    Morning Star drehte sich eine Zigarette, Hanska brachte seine Pfeife in Gang. Es wurde nicht mehr viel geredet. Über die Lage der Aufständischen sprach man nicht. Hanska wußte, daß Morning Star nichts von ihnen hören mochte. Mehr als persönliche Freundlichkeit durfte er hier nicht erwarten. Aber auch das mußte er in seiner Lage schätzen. Er hatte drei Stunden Ruhe, und das Pferd blieb gut versorgt.
    Immer noch im Regen, wieder von Nebel und Finsternis getarnt, erschien Hanska noch vor Mitternacht bei dem alten Morning Star. Yvonne hatte ihn schon angekündigt.
    »Mit dem Schecken kannst du jetzt par force reiten«, meinte Morning Star senior mit einem halben Lächeln, als er Hanskas Anliegen verstanden hatte. »Der Hengst hat zu

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