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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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bespritzt; er hat versucht, seiner Mutter zu helfen, und kann froh sein, daß er selbst noch lebt. Ein mutiger Junge. Auf Marys Kleid waren nur geringe Spuren. Krause hat den beiden sofort neue Kleider gekauft und die alten verborgen. Ron Warrior hat er davon wissen lassen. Ron, das weißt du sicher, war früher beim CIA; er hat den Dienst in Frieden quittiert unter der Bedingung, daß er in unserer Einöde Erzieher der Vorschulklasse wird. Er hat jedenfalls Erfahrungen. Die blutbefleckten Kleider befinden sich in Kalifornien bei den Rechtsanwälten.«
    »So können wir die Mörder anzeigen!«
    »Sobald wir die Tote gefunden haben. Das Blut könnte ja auch von einem nicht tödlichen Unfall Queenies stammen; wir müßten außerdem beweisen, daß es das ihre ist.«
    Hanska spürte, wie er nach der Anspannung zusammenfiel.
    »Ich habe Zeugen für Kindesmißhandlungen in den beiden Internaten. Ob Halkett nun will oder nicht, Frau Holland wird den Superintendent zwingen, Harry und Mary in unser Internat hier zu holen und, sobald Platz ist, auch die drei Kleinen. Wir sorgen schon dafür, daß sich die Killer nicht an unsere Internatskinder heranwagen. Ich werde zum Vormund bestellt. Halkett bringen wir dazu, ja zu sagen. Ich kann noch mit ihm reden, eher als du. Übrigens bist auch du noch nicht mündig.«
    »Sir, halten Sie mich nicht auf.«
    »Ich weiß, Hanska, daß ich das nicht kann, obgleich ich es um mein Leben gern täte. Entweder du bist mit Stonehorn zusammen verreist und für uns noch nicht zurückgekommen oder… Habt ihr einen Totenschein für Stonehorn?«
    »Nein, den bekommen wir in Chicago nicht.«
    »Also lebt er noch, und wir reden ganz unnütz. Er ist euer Vater und Pflegevater. Solange er unauffindbar bleibt und nicht für tot erklärt wird, kann man ihn nur vertreten. Das gleiche gilt für Queenie. Der Superintendent wird die Kinder in unser Internat einweisen. Du, Hanska, – du bist mit Stonehorn verschollen.«
    »Im Ring. Hau.«
    »Illegal.«
    »Nein. Aus unserem Recht. Nur das gilt für mich.«
    Ball seufzte tief. »Ich wünsche euch das Beste. Aber ihr habt keine reale Chance, keine andere, als Opfer zu bringen und Opfer zu werden.«
    »Auch das. Inya-he-yukan Stonehorn King hat gesprochen. Der Killerchief wird abgesetzt, und das Recht des Indianers auf sein Land wird nach den Verträgen wiederhergestellt. Wir bekommen die Black Hills und Bad Lands zurück.«
    »Gott gebe es. – Wie kommst du jetzt weg?«
    »Mit meinem Scheckhengst.«
    Hanska verschwand, wie er gekommen war. Er fand seinen Schecken, der im Regen nasses Gras fraß, sofort aufhörte, als er Hanska bemerkte, und zur Begrüßung laut schnaubte.
    Hanska war zuversichtlicher als zuvor, und doch war sein Fühlen zerrissen. Ein Indianer hatte ihn aus dem Haus gewiesen; ein Weißer wollte ihm helfen. Die Welt verdrehte sich; es tat weh.
    Der Schecke war unermüdlich. Er wurde noch schneller. Hanska war eine leichte Last und ein einfühlsamer Reiter. Während er auf dem Schecken über das Land flog und in der Stille nur die Hufschläge hörte, wußte er schon, daß er die drei Pferde nicht trennen und daß er den Schecken nicht bei Morning Star verkommen lassen konnte. Sie mußten alle mit. Zu Ite-ska-wih. Ihre hellen Wangen, ihr schwarzes Haar und ihre Augen, in die er hineinschaute wie in das dunkle Wasser grundloser Seen, waren immer bei ihm.
    Hanska wählte mit seinem Hengst die kürzeste Strecke von der Schul- zur Agentursiedlung. Dieser Weg führte an seiner Heimatranch im Tal der Weißen Felsen vorüber. Hanska ritt nicht auf der Straße, die den Pferdehufen weh getan hätte. Eine plattgetretene graue Schlange pflegte Wakiya sie zu nennen. Hanska ritt über die Weiden, die er kannte, wie nur Joe Stonehorn sie gekannt hatte. Das Vieh aber war ihm fremd. Es gehörte den neuen Besitzern, den Räubern, den Weißen, den Verbündeten des Killerchiefs. Wäre er nicht in solcher Eile gewesen, er hätte zwei oder drei Kühe mitgetrieben, neuen Proviant für die im Ring. Aber die Zeit war jetzt noch kostbarer. Er schaute an dem Talhang hinauf, an dem ein neues Haus stand, dahinter aber, noch etwas höher, das hundertjährige kleine Blockhaus der Kings, heute vielleicht mit Heu oder Geräten gefüllt – doch Hanska träumte von den zwei breiten Wandbänken, über Eck angebracht, auf denen die Familie schlief –, vom schweren Holztisch, vom Ofen, der auch als Herd diente, von den Gewehren, von dem Munitionskistchen in der Ecke, vom

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