Das helle Gesicht
getroffen, der sich eure Ranch unter den Nagel gerissen hat. Ich sorg’ dafür, daß ihm weniger Vieh gestohlen und weniger Zäune eingerissen und weniger Reifen angestochen werden als anderen Weißen auf unserer Reservation. Als Gegenleistung sorgt er dafür, daß der Killerchief uns nicht verfolgt. So ist’s. Ich sag’ dir das ehrlich, Hanska. Ich vertrage mich mit dem Räuber. Es ist eine Schande, aber es ist wahr. Du könntest bei ihm Cowboy werden und deine Pferde dabei gut unterbringen. Er redet immer wieder von einem jungen Mann und einem Scheckhengst, die ihm beide gefallen haben.«
»Was machen Wasescha und Tatokala?«
»Sie bauen wieder bei dem versumpften Brunnen. Das alte Zelt Hetkalas haben sie wieder gefunden. Es waren nur die Stangen zerbrochen. Sie haben es aufgestellt. Darin leben sie zunächst einmal. Von Arbeitslosenunterstützung. Sie leben gefährlich, denn Wasescha ist unser Chief-President vor dem Killer gewesen und hat bei uns Aufständischen eine große Rolle gespielt; das weißt du ja. Übrigens hört man weiter nichts, als daß der Große Vater in Washington die Rechtskraft der alten Verträge prüfen läßt.«
»Was hätten wir noch tun sollen, damit sie gleich anerkannt werden?«
»Wir, die da droben gewesen sind, haben alles getan, was möglich war. Hanska, wir waren zusammen und haben der Welt gezeigt, daß wir noch immer da sind. Gut. Wir werden unsere Kinder als Indianer erziehen.«
Hanska sah Melitta an, daß sie ihr erstes Kind erwartete. Der Gedanke an sein eigenes Kind, das er in neun Monaten hatte begrüßen wollen, schmerzte ihn sehr; die Wunde war aufgerissen. Er verabschiedete sich aus der Idylle.
Zu Ball wollte er nicht mehr fahren. Unruhe überfiel ihn plötzlich wie ein wirrer Wind. Er mußte zu seinen Pferden; in diesen Zeiten konnte er sie nicht noch länger ohne Schutz und Wartung lassen.
Er hätte denken mögen: Ich muß zu Ite-ska-wih. Aber er rang diesen Gedanken nieder und erstickte ihn mit aller Gewalt. Er hatte auf sie verzichtet, um ihr Leben zu retten. Ein Mann sprach nur einmal.
Unterdessen lebte Ite-ska-wih im Blockhaus am kahlen Berg. Sie versorgte die Hunde, sie sorgte für die Pferde, sie besuchte die Biber, die sehr scheu geworden waren. Sie half Dorothy, sie machte mit Hetkala weiter die schönen schwierigen Stickereiarbeiten. Von ihrer Krankheit war kein deutliches Zeichen zurückgeblieben.
Sie dachte von früh bis spät an Hanska-Mahto. Von der Abmachung zwischen Rote Krähe und Hanska wußte sie noch immer nichts. Sie spürte nur, wie der Siksikau manchmal einen Ansatz machte, ihr etwas zu sagen, und dann doch wieder schwieg.
Ite-ska-wih war in diesen Tagen still geworden. Es lag wie ein ihr selbst nicht enträtselbarer luftleerer Raum zwischen ihr und allen andern, ausgenommen ihren Bruder Ray. Ray hatte nach Spuren gesucht und viel von dem Geschehen erraten können: Die Killer und Hanska waren einander begegnet; Hanska hatte den Killerwagen mit zerstörten Reifen abgeschleppt, also war er der Sieger geblieben. Kein anderer hätte den im Lande ungewohnten englischen Jaguar so gewandt gefahren. Er war Sieger und kam wieder. Man mußte nun auf ihn warten.
»Warte also ruhig«, sagte Ray zu seiner Schwester auf der Pferdeweide, »und bilde dir nie mehr ein, daß Hanska mit unsern Feinden nicht fertig wird. Fange mir nicht mehr mit solchem feigen Traumgefasel an. Weißt du überhaupt, was du damit angerichtet hast?«
Ite-ska-wih schaute ihren Bruder nur fragend an.
»Der Siksikau will dich nach Kanada mitnehmen. Hast du dich etwa in ihn verliebt? Ich meine, weil er dich aus deiner eingebildeten Krankheit retten konnte mit seiner Bibermedizin?«
Ite-ska-wih schüttelte nur den Kopf.
»Also gut. Du hast dich nicht in den Krähenvogel verliebt. Dann mögen die beiden das miteinander ausmachen.«
Ray begab sich wieder einmal auf eine seiner Touren. Er war ein ruheloser Geist. Auch Rote Krähe litt es kaum beim Blockhaus. Er ging immer wieder auf Jagd nach kleinem Getier und half die Küche versorgen. Ite-ska-wih blieb bei der Appalousastute, deren qualvolle und abenteuerliche Geschichte sie inzwischen erfahren hatte. Sie dachte über die Worte des Bruders nach. Schlimmes hatte sie bewirkt mit ihrer Angst und ihrem grenzenlosen Gram. Sie hatte Hanska und seiner Bärenseele nicht mehr vertraut. Die Medizin des alten Biber hatte sie aus ihrer Krankheit befreit. Der alte Biber hatte das getan, und er hatte dabei gelitten. Auch Rote Krähe
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