Das helle Gesicht
selbst heim. Du bist eben aufgehalten worden, als du noch nach Iliff sehen wolltest. Weiter nichts.«
Margot nickte.
»Du fährst langsam. Ich folge dir zu Pferd. Das fällt nicht auf, und du bist sicher.«
Margot nickte wieder. Von dem, was in dieser Nacht vorgegangen war, würde kein Gericht erfahren.
»Eines möchte ich noch von dir wissen, Margot. Was ist im Hospital aus den beiden betrunkenen Killern geworden, an deren Wagen die Reifen zerschnitten waren?«
Margot dachte nach. Die Ereignisse der letzten Stunden machten ihr das Nachdenken und Erinnern schwer. Schließlich kam ihr eine Vorstellung zum Bewußtsein.
»Ja – die – Trunkenbolde. Sie sind an Alkoholvergiftung gestorben. Vier Killer sind jetzt tot.«
»Und von uns?«
»Mehr – ich weiß nicht – aber mehr.«
Margot nahm ein wenig zu essen und zu trinken. Sie begann ihre Schwäche zu überwinden, eher durch Willenskraft als aufgrund ihres körperlichen Zustandes. Sie rieb selbst ihre Beine und Füße, um den Blutumlauf wieder in rascheren Fluß zu bringen.
Als sie selbständig gehen konnte, machte sie sich mit Wasescha zusammen auf. Sie verabschiedete sich mit stummem Dank von allen anderen.
Wasescha nahm Margot mit aufs Pferd; so war die Entfernung rasch zu überwinden. Ohne besondere Schwierigkeiten erreichte Margot mit Wasescha die Nebenstraße, auf der die beiden Wagen unberührt standen.
Von den beiden erschossenen Killern war keine Spur zu finden; auch keine Blutspur ließ sich entdecken.
Margot stieg ein. Ihre Hände führten das Steuer jetzt sicher. Sie dachte nicht mehr an das Geschehene. Sie dachte an den wartenden blinden Ed Crazy Eagle und an die Kinder.
Waseschas Sorgen kreisten um Hanska-Mahto und alle jene jungen Männer, die auf Roberts Weisungen gewartet hatten, um in die Black Hills zu ziehen und dort mit dem Gewehr in der Hand Pedros Ermordung zu rächen. Er konnte nicht noch mehr Blutvergießen zulassen. Die Mehrheit im Stamm hatte zwar nicht Wasescha wiedergewählt; bedroht von Killern und Bomben, verführt von schändlichen Versprechungen hatte sich diese Mehrzahl entschlossen, dem Killerchief die Stimme zu geben. Wasescha war entmachtet und fühlte sich doch verantwortlich; ein erheblicher Teil des Stammes hielt zu ihm und anderen Männern seines Schlages. Der Killerchief war kein Indianer mehr; er war auf seinem College ein Rassist geworden. Er wollte sein eigenes Volk als Volk auslöschen, wollte die Menschen dazu veranlassen, auf ihr Ranchland zu verzichten und von Rente zu leben, in Häusern, die von der Verwaltung für sie gebaut wurden und in denen sie arbeitslos dahinvegetierten, während ihre Kinder auswandern mußten. Es war systematischer Volksmord, und wer sich dem nicht fügte, der sollte umgebracht werden. Der selbstbewußte Teil der Jugend geriet immer weiter in inneren Aufruhr, nachdem der allgemeine Protest gescheitert war. Dem Kampf gegen den Killerchief mußte ein neues Zeichen gesetzt werden. Die Stammesangehörigen, die den Belagerungsring ohne faßbares Ergebnis verlassen hatten, mußten sich zu einer neuen Aktion finden, das war richtig und notwendig, zu einer Aktion für Pedro gegen den Killerchief. Robert war ermordet, Wasescha mußte für Pedro aufrufen.
Er ritt zu Morning Star senior, um ihn und Whirlwind sofort, ganz ohne Verzug zu einem gemeinsamen Schritt bei dem Superintendent zu bewegen. Das war er Pedro, Robert und Hanska schuldig. Man konnte nicht warten, bis eine Wahl der Dreiervertretung stattfand. Eine öffentliche Wahl vorzunehmen war organisatorisch ohnehin nicht möglich. Eine geheime Umfrage würde Verrätern bekannt, da sie viel zuviel Zeit in Anspruch nahm.
Wasescha trat bei Morning Star senior ein, um sein Anliegen durchzusetzen.
Hanska war während dieser Zeit verpflichtet, das Zelt, die Frauen und die Pferde zu bewachen. Da kein Angriff erfolgte, war er zur Untätigkeit verdammt. Um so willkommener war ihm, daß Ray auftauchte. Wie gewohnt, erschien er zu Fuß im Dauerlauf. Er begrüßte noch außerhalb des Tipi Hanska und Ite-ska-wih bei den Pferden.
»Hoy! Seid ihr etwa noch allein?«
»Allein«, erwiderte Ite-ska-wih, da Hanska offenbar zunächst nichts sagen wollte.
»Wann kommen denn Robert und die andern zur Beratung? Sie sollten schon dasein.«
»Robert kommt nie mehr.«
»Robert…?«
»So wie du denkst.«
»Das ist… wie…?«
»Von hinten erschossen. Tot.«
»Robert.« Rays Stimme sank ab. »Der also auch. Und nun?«
»Gerächt. Mehr nicht«,
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