Das helle Gesicht
informiert, nicht ihn schon eingesetzt, um die Aufgabe weiterzuführen, wenn er selbst starb.
Die Gefahr, daß sich unter dem Einfluß der von den Watschitschun hervorgebrachten, vom Killerchief übernommenen Killermanieren eine indianische Killergang bildete, bestand. Es hing jetzt an Ray, diesem ehemaligen Stadtgangster, ob die Gefahr gebannt wurde, ehe sie überhand nahm. Sehr merkwürdig war es.
Ite-ska-wih war in Gedanken bei ihrem Bruder. Sie wurde aus diesen sorgenden Gedanken herausgerissen, als Wasescha sie ansprach.
»Roberts Frau Joan muß erfahren, daß sie ihren Mann in diesem Leben nie wiedersehen wird. Natürlich müssen wir ihr sagen, daß Roberts Pferd uns zugelaufen ist. Es gehört jetzt Joan. Vielleicht kannst du mit ihr reden, Ite-ska-wih; sie muß erfahren, wie es hier aussieht und was wir vorhaben. Sie ist eine Weiße, aus Kanada. Vielleicht kannst du am besten mit ihr reden, weil du unter Weißen gelebt und weil du mit Hanska zusammen Robert zuletzt gesehen hast.«
»Joan ist also nicht mit den Kindern in Kanada bei ihren Eltern geblieben?«
»Das ist eine lange Geschichte.« Wasescha ging mit Ite-ska-wih ein paar Schritte auf der Pferdeweide hin und her. Er glich Inya-he-yukan wie ein Zwilling, auch ohne Verkleidung, und Ite-ska-wih stand stets, wenn er sich an sie wandte, unter dem Eindruck, daß Inya-he-yukan zu ihr spreche. Wasescha schien die jugendlichen Geschwister in besonderem Maße zu schätzen, sie wie ein älterer Bruder zu lieben; vielleicht tat ihm deren Achtung und bereitwilliges Mitgehen wohl. Er wurde nach dem Mißerfolg des großen Unternehmens von vielen gering geachtet und konnte sich bei dem, was er vorhatte, erst auf wenige stützen. Zu diesen wenigen gehörten Hanska, Ray und Ite-ska-wih. Sie rückten in die erste Stelle seines Vertrauens.
»Es ist eine lange Geschichte«, wiederholte er. »Aber du mußt sie kennen, wenn du mit Joan sprechen willst. Joans Vater ist ein einfacher ehrgeiziger Farmer in Kanada; Land hat er gratis bekommen mit der Verpflichtung, es jedes Jahr um zehn Prozent zu verbessern, eine harte Bedingung, die ihn, seine Frau und seine vielen Kinder zum Schuften von früh bis spät verdammt hat. Joan hat zusätzlich als Rodeoreiterin gearbeitet und viele Preise gewonnen, im Schnelligkeits- und Slalomwettbewerb. Sie interessierte sich für Inya-he-yukans Pferde, dabei lernte sie Robert kennen; sie haben geheiratet. Robert blieb Buffaloboy bei Inya-he-yukan. Als er zu dem ungerechten Krieg der weißen Männer eingezogen werden sollte und der Superintendent verlangte, daß die Büffel fortgebracht würden, weil sie zu gefährlich seien, ging er nach Kanada und arbeitete als Waldbrandbekämpfer. Er ist unserem Aufruf zum großen Protest gefolgt und war mit uns im Ring. Joan hat nicht mitgemacht; sie ist mit den Kindern bei ihrem Vater in Kanada geblieben. Jetzt aber ist sie hergekommen aus dem Norden, um nach ihrem Mann zu suchen, von dem sie lange keine Nachricht erhalten hat. Die beiden haben sich sehr geliebt. Ich habe gehört, daß Joan an mehreren Stellen nach Robert gefragt hat. Vermutlich hält sie sich im Augenblick in der Agentursiedlung auf. Vielleicht weiß deine Informantin im kleinen Supermarket von ihr, oder Yvonne hat inzwischen etwas erfahren. Wir alle haben Joan gern gehabt, auch Inya-he-yukan, und es hat uns nicht gestört, daß sie eine Weiße ist. Aber in der Zeit des großen Protestes hat sich zwischen ihr und uns ein Riß aufgetan, auch zwischen ihr und Robert. Sie wollte ihn für sich haben, für eine Farm. Ich sage dir das, Ite-ska-wih, weil ich dich bitte, mit ihr zu sprechen. Wer mit einem andern spricht, der muß wie der andere werden können, nur dann können seine Worte in den andern eindringen. Hau.«
»Ich verstehe, Wasescha. Aber schwer ist es, was du mir aufträgst.«
»Ich weiß wohl. Doch ist es nicht schwerer als das, was Ray jetzt für uns tut. Ihr beide seid Dakotablut; ihr sollt als Mitglieder unseres Stammes anerkannt werden, sobald wir den Killerchief abgewählt haben. Hau.«
Ite-ska-wih bemerkte dazu nichts. Die Anerkennung war sehr groß für sie; sie mußte sie erst befühlen, umgreifen, bis sie sie ganz abmessen konnte.
»Welches Pferd nimmst du?« fragte Wasescha.
»Keines. Ich laufe.«
Ite-ska-wih machte sich bereit für den Weg zur Agentursiedlung. Hetkala packte ihr ein wenig Proviant ein.
An ihrem Ziel angelangt, nahm Ite-ska-wih Brot und Kaffee in ihren Einkaufskorb und fragte beim Zahlen:
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